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Sinti und Roma in Deutschland 1871-1945

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Begriffsklärung Sinti, Roma, „Zigeuner“
  3. 1871-1933
  4. 1933-1945
  5. Nachwirkungen
  6. Fazit
  7. Literatur

1 Einleitung

Antiziganistische Stereotype wie Nomadentum, Kriminalität, Primitivität, Arbeitsscheu usw entstanden in den vergangenen Jahrhunderten und werden seitdem wie ein „kultureller Code“ in der Gesellschaft von Generation zu Generation weiter tradiert. Die heutigen antiziganistischen Einstellungsmuster können nicht ohne den Rückgriff auf ihre historische Entwicklung verstanden werden. Romantisierende und exotistische Vorurteile wie die „musizierenden Zigeuner“, die „wild“ und „unproduktiv“ in den Tag hineinleben, sind immer noch vorhanden. der heutige Antiziganismus und die damit verbundenen Bilder und Ressentiments nur durch den Rückgriff auf die Geschichte verstanden werden kann.

Aus dem Porajmos im Nationalsozialismus, dem nach Schätzungen europaweit mehr als 500.000 Sinti und Roma zum Opfer gefallen sind, hat Deutschland wenig gelernt: Wissenschaftliche Studien belegen, dass antiziganistische Einstellungsmuster nicht nur von Anhänger_innen der extremen Rechten vertreten werden, sondern fest verankert in der deutschen Gesellschaft sind. Eine Umfrage aus dem Jahre 1994 belegte zwischen 64 und 68 Prozent antiziganistisch eingestellte Personen in der BRD.[1] Aus einer 2011 durchgeführten Studie zur gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit geht hervor, dass über 40 Prozent der Bevölkerung antiziganistisch eingestellt ist.[2] Beim Eurobarometer Spezial zum Rassismus in der EU aus dem Jahre 2008 wurden Fragen nach der Akzeptanz bestimmter Gruppen als Nachbar_innen gestellt. Auf einer Skala von 1 („sehr unwohl“) bis 10 („vollkommen wohl“) wurden die Antworten zusammengefasst. Die durchschnittliche Akzeptanz betrug in der EU 8,1, in der BRD 7,9. Auf Sinti und Roma bezogen sank die Akzeptanz im EU-Durchschnitt auf 6,0, in der BRD auf 5,8.[3] Die von Elmar Brähler, Oliver Decker und Johannes Kiess von der Universität Leipzig untersuchte Verbreitung extrem rechter Einstellungen in der so genannten „Mitte der Gesellschaft“ im Jahre 2014 ergab, dass Rassismus gegen Flüchtlinge und Sinti und Roma ein fester Bestandteil in der deutschen Bevölkerung ist.[4] Die Aussage „Ich hätte Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma in meiner Gegend aufhalten“ bejahten 55,4 %. 47,1% forderten, Sinti und Roma sollten aus den Innenstädten verbannt werden. 55,9% waren der Auffassung, Sinti und Roma neigen zur Kriminalität. 76% verneinten das Statement „Bei der Prüfung von Asylanträgen sollte der Staat großzügig sein.“ 55,9% waren der Meinung, dass, die meisten Asylbewerber nicht wirklich befürchten, in ihrem Heimatland verfolgt zu werden.

Diese Einstellungsmuster sind für eine demokratische Republik, die die Unantastbarkeit der Würde des Menschen und die Gleichheit vor dem Gesetz im Grundgesetz festgeschrieben hat, mehr als beschämend. „Wissenschaftler“ wie Volkmar Weiss, der Sinti und Roma als eine „erbliche Unterschicht minderer Bevölkerungsqualität“ bezeichnete, bei der er eine „unterdurchschnittliche Intelligenz“ und eine „überdurchschnittliche Kriminalitätsrate“ feststellte, tragen zu dieser ethnischen Stereotypisierung bei.[5] Weiss errechnete einen „mittleren Intelligenzquotienten“ von 85 aufgrund von sehr fragwürdigen abstrakten Methoden, ohne jedoch in der Praxis Sinti und Roma auf ihre Intelligenz getestet zu haben.

Antiziganistische Einstellungen finden sich auch in weiten Teilen der jeweiligen Dominanzgesellschaft in ganz Europa. Bei einer Befragung eines repräsentativen Querschnitts der Bürger in allen 27 Staaten der Europäischen Union im Frühjahr 2008 durch die EU zum Thema Diskriminierung wurde die Frage gestellt, wie wohl auf einer Skala von 1 bis 10 sich die Befragten fühlten, wenn sie daran dächten, bestimmte Nachbarn zu haben. Mit weitem Abstand am unwohlsten fühlten sich nach eigenen Angaben die Europäer bei dem Gedanken, sie hätten Sinti und Roma als Nachbarn (Durchschnittswert: 6,0).[6]

Im Zuge der EU-Osterweiterung 2007 kamen Menschen aus Rumänien und Bulgarien nach Westeuropa und auch in die BRD. In kollektivierender Weise wurden die Zuwander_innen oft als „Roma“ oder „Zigeuner“ charakterisiert und ihnen von verschiedener Seite innerhalb der Dominanzgesellschaft seit Jahrhunderten bestehende deviante Stereotype zugesprochen. Somit wurden und werden sie oft Opfer gesellschaftlicher Ausgrenzung.

Die EU-Osterweiterung wird in der Öffentlichkeit fast ausschließlich als „Armutsmigration“ aus Rumänien und Bulgarien diskutiert und die Zuwanderung in einer Semantik der Gefahren dargestellt. Dabei ist das Recht auf Freizügigkeit ist ein zentraler Bestandteil der Grundrechtscharta der EU: „Ein Gemeinschaftsangehöriger, der sich als Arbeitnehmer oder Selbständiger (…) in einen anderen Mitgliedstaat begibt, (…) ist berechtigt zu sagen ‚Civis europeus sum‘, und sich auf diesen Status zu berufen, um sich jeder Verletzung seiner Grundrechte zu widersetzen.“[7] Der Verlust dieses Rechts und eine damit verbundene Ausweisung aus einem Land sind nur in Ausnahmefällen wie der Gefährdung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit möglich. Mit diesem Wissen wurde die EU-Osterweiterung beschlossen und wenn nun Menschen aus Rumänien und Bulgarien ist dies ein gewollter Vorgang, der die europäische Normalität abbilden soll.

In diesem Zusammenhang soll nun die Situation der Sinti und Roma in Deutschland in der Zeit zwischen dem deutschen Kaiserreich und dem Ende des Nationalsozialismus untersucht werden. Dies ist unter dem Aspekt einer Verfolgungsgeschichte zu verstehen, die im Völkermord durch die Nationalsozialisten kulminierte. Zunächst erfolgt eine Definition und Veranschaulichung der Begriffe Sinti, Roma und der Abwertung „Zigeuner“. Danach wird auf die rassistische Diskriminierungspraxis der Behörden und des Staates allgemein im deutschen Kaiserreich eingegangen. Weiterhin geht es um die Verfolgungspraxis durch Gesetze und Verordnungen zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft bis zum abschließenden Völkermord. Die unmittelbare Nachkriegssituation der Sinti und Roma in Deutschland wird kurz angerissen, ebenso die Rehabilitation der nationalsozialistischen Täter und deren Eingliederung in die nun demokratische Gesellschaft. Abschließend werden die erarbeiteten Thesen zusammengefasst und bewertet.

2 Begriffsklärung: Roma, Sinti, „Zigeuner“

Roma ist der Oberbegriff für eine Reihe ethnisch miteinander verwandter Bevölkerungsgruppen, die sich aus dem Nordwesten Indiens in verschiedenen Wanderungsbewegungen in Europa niederließen. Anhand linguistischer Forschungen konnte die Herkunft der in Europa lebenden Roma bis nach Nordindien zurückverfolgt werden.[8] Deren Vorfahren wanderten zwischen dem 7. und dem 12. Jahrhundert in unregelmäßigen Abständen über Persien und Armenien ins Byzantinische Reich ein. Von dort aus migrierten sie in unterschiedlichen Formationen erst nach Osteuropa und im Laufe der Zeit auch nach Westeuropa.[9] In der heutigen Zeit gibt es zwischen zehn zwölf Millionen Roma als europäische Minderheit, von denen etwa sechs Millionen innerhalb der EU leben. Sie bilden keinen monolithischen Block, sondern zahlreiche unterschiedliche Gruppen mit vielfältigen, stark von der Sprache, Kultur und Geschichte der jeweiligen Dominanzgesellschaft geprägten Besonderheiten. Die größten Formationen sind die Roma in Ost- und Südosteuropa, die Sinti im deutschsprachigen Raum (auch in Teilen von Norditalien, Belgien, den Niederlanden) sowie die Untergruppe der Manush in Frankreich, die Kale in Spanien und Südfrankreich mit den Ciganos in Portugal sowie der Romanichals in Großbritannien.[10]

Ihre Sprache ist das Romanes, das nach Schätzungen von weit mehr als 3,5 Millionen Menschen gesprochen wird.[11] Das Romanes hat seinen Ursprung im indischen Sanskrit und weist Gemeinsamkeiten mit indischen Sprachen wie Hindu oder Urdu auf.[12] Es hat sich seit mehr als 800 Jahren unabhängig von anderen indischen Sprachen entwickelt, davon seit mindestens 700 Jahren in Europa. Das Romanes hat etwa 60 bekannte Dialekte. Es unterlag in der Anfangszeit in Wortschatz und auch Syntax besonders dem Einfluss der Balkansprachen. Im 16. Jahrhundert wurden erstmals einige Wortlisten des Romanes vor allem in Westeuropa dokumentiert. Dies änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass bis ins 20. Jahrhundert hinein das Romanes weitgehend nicht verschriftlicht war. Seit der Entstehung einer Bürgerrechtsbewegung in den 1970er Jahren bemühten sich vor allem Roma-Intellektuelle um die Verschriftlichung ihrer Sprache, um damit die Emanzipation der Gesamtminderheit sprachpolitisch zu unterstützen.

Im Rahmen der innereuropäischen Arbeitsmigration seit den 1960er Jahren kam eine große Zahl von Roma aus südosteuropäischen und südeuropäischen Staaten nach West-, Mittel- und Nordeuropa. Aus Angst vor Diskriminierung verleugneten viele von ihren ihre wahre Identität und traten stattdessen als Angehörige der jeweiligen Staaten z.B. Jugoslawien in Erscheinung. Im Kontext von zunehmendem Rassismus, wirtschaftlicher Perspektivlosigkeit und Krieg in den südosteuropäischen Staaten nach Beginn der kapitalistischen Umwälzung migrierten seit den 1990er Jahren zahlreiche Romafamilien als Bürgerkriegsflüchtlinge und Arbeitsmigrant_innen nach Westeuropa, darunter auch in die BRD. In Deutschland leben nach jüngsten Schätzungen 80.000-120.000 Sinti und Roma mit deutscher Staatsangehörigkeit.

Die Sinti gelten als eine Untergruppe der europäischen Roma und sind die am längsten in Mitteleuropa lebende Gruppierung. Der Begriff Sinti ist eine Selbstbezeichnung, die seit dem Ende des 18. Jahrhundert belegt ist. Sie sind die größte in der BRD lebende Roma-Formation; hier leben bis zu 60.000 Sinti ausgestattet mit der deutschen Staatsbürgerschaft als Nachfahren der Zuwanderer_innen aus den letzten 600 Jahren. Die deutschen Sinti sind seit 1997 als „nationale Minderheit“ anerkannt. Die Sprache der Sinti, eine als Sintikes geltende Variante des Romanes, ist aufgrund des jahrhundelangen Aufenthalts sehr durch die deutsche Sprache geprägt und wird nur noch vereinzelt gesprochen.

„Zigeuner“ ist eine im deutschen Sprachraum seit dem frühen 15. Jahrhundert belegte Fremdbezeichnung für Bevölkerungsgruppen, denen in Ressentiments ausgeprägte, jeweils auffällige, von der Mehrheitsbevölkerung abweichende meist deviante Eigenschaften zugeordnet werden. Romantisierende oder angeblich positive Kennzeichen wie Musikalität oder Freiheitsliebe, die unveränderliche Gruppenmerkmale festschreiben, waren ebenfalls die Regel.[13] Die Bezeichnung „Zigeuner“ ist eine von mehreren konkurrierenden Fremdbezeichnungen neben „Tartare“ oder „Gypsies“. Alle diese Begriffe wurden stets in diskriminierender Absicht gebraucht. Weiterhin werden auch nicht Romanes sprechende Gruppen wie Jenische, Irish travellers oder andere diametral der herrschenden bürgerlichen Kultur Lebende als „Zigeuner“ identifiziert und marginalisiert. Eine sehr frühe deutsche Quelle für „Zigeuner“ stammt aus dem Jahr 1427.[14] In Deutschland wird der Begriff „Zigeuner“ volksetymologisch irrtümlich als „Zieh-Gäuner“, also „ziehende(r) Gauner“, gedeutet..[15] Der Begriff „Zigeuner“ ist aber eine Fremdbezeichnung, die in ähnlicher Form in vielen europäischen Sprachen vorkommt. Die genauere ethymologische Herkunft ist nicht vollständig geklärt. Viele Forscher_innen vertreten die Auffassung, dass die Herkunft des Begriffs vom mittelgriechischen Wort „athinganoi“ abgeleitet werden kann. Dies waren die Anhänger_innen einer gnostischen Sekte, die im heutigen westlichen Anatolien beheimatet war.[16]

Die wichtigsten nationalen und internationalen Interessenvertretungen der Roma lehnen die Anwendung des Begriffs auf Roma wegen der stigmatisierenden und rassistischen Konnotationen ab. Sie sehen das Wort im Kontext einer langen Verfolgungsgeschichte, die im nationalsozialistischen Genozid kulminierte.[17] Die sich in der BRD seit Ende der 1970er Jahre formierende Bürgerrechtsbewegung der Minderheit sprach sich auch gegen die Verwendung des Begriffs „Zigeuner“ wegen der diskriminierenden Absicht aus. Dass eine kleine Minderheit dies als Selbstbezeichnung wählt, ist unumstritten. Von der überwiegenden Mehrheit wird der Terminus jedoch als diskriminierendes Konstrukt der Dominanzgesellschaft zurückgewiesen. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, die Rom und Cinti Union aus Hamburg, die Roma-Union aus Frankfurt am Main, der Rom e.V. aus Köln und der Verband Amaro Drom aus Berlin lehnen die Fremdbezeichnung „Zigeuner“ als rassistisch ab. Die Sinti Allianz Deutschland aus Köln akzeptiert die Bezeichnung, wenn das Wort „Zigeuner“ von den Benutzer_innen wohlmeinend verwendet wird.

Im Rahmen einer zwischen 2007 und 2011 durchgeführten Untersuchung zur aktuellen Bildungssituation deutscher Roma stand auch der Gebrauch der Gruppenbezeichnungen durch Angehörige der Minderheit auf der Agenda. Dabei wurden die Einstellungen zu den beiden Eigenbezeichnungen „Roma“ und „Sinti“ sowie zur Fremdbezeichnung „Zigeuner“ abgefragt. Fast 95% der Befragten verwendeten die Eigenbezeichnungen „Sinti“ und „Roma“, für 57,5% war der Begriff „Zigeuner“ „immer ein Problem“. 14,9% hatten „kein Problem mit der Verwendung des Zigeuner-Begriffs durch andere“ und weitere 25,7% argumentierten, „dass es darauf ankommt, ob dieser Begriff abwertend oder gar als Schimpfwort benutzt wird“. 6,9% wandten den Begriff „Zigeuner“ auf sich selbst an, z. T. neben „Roma“ oder „Sinti“.[18]

Erst nach und nach setzten sich auch in der Öffentlichkeit die Eigenbezeichnungen durch. In der BRD ist der Begriff „Zigeuner“ noch immer ein häufig gebrauchter Terminus innerhalb der Bevölkerung. Das Wort „Zigeuner“ war noch bis in die 1990er Jahre gängige Ausdrucksweise in den Dokumenten der Europäischen Union und ihrer Vorgängerinstitutionen.

3 1871-1933

Das deutsche Kaiserreich war eine bundesstaatlich organisierte, am monarchischen Prinzip ausgerichtete konstitutionelle Monarchie. Die deutsche Reichsgründung erfolgte mit der Proklamation des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser am 18. Januar 1871 im Spiegelsaal des Schlosses Versailles. Vorangegangen war der Sieg des Norddeutschen Bundes und der mit ihm verbündeten süddeutschen Staaten im Deutsch-Französischen Krieg. Auf kleindeutscher Grundlage und unter der Herrschaft der preußischen Hohenzollern war damit erstmals ein deutscher Nationalstaat entstanden.

Die „Zigeunerpolitik“ im deutschen Kaiserreich war eindeutig rassistisch geprägt. Von Anfang an gab es eine Sortierung nach „aus- und inländischen Zigeunern“. Die Behandlung der „ausländischen Zigeuner“ war vor allem von Verboten und restriktiven Maßnahmen gekennzeichnet. Die Hintergründe dieser Politik lagen darin, dass der deutsche Nationalstaat auf völkischer Grundlage ausgerichtet worden war. Seit der Reichsgründung gewannen nationalistische Bestrebungen immer mehr die Oberhand, was sich besonders in der Etablierung des ius sanguinis widerspiegelte. Das ius sanguinis („Recht des Blutes“) bezeichnete das Prinzip, nach dem ein Staat seine Staatsbürgerschaft an Kinder verleiht, deren Eltern oder mindestens ein Elternteil selbst Staatsbürger dieses Staates sind. Nationale oder ethnische Minderheiten standen im Widerspruch zu dieser völkischen Staatsauffassung. 1870 wurde bestimmten Gruppen das Recht zur Einreise sowie das Aufenthalts- und Arbeitsrecht eingeschränkt oder völlig verboten. Der spätere Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck ordnete im November 1870 an, gegen „ungarische Drahtbinder-, Kesselflicker- und Zigeuner-Banden mit aller Strenge“ vorzugehen.[19] In den folgenden Jahren traten in allen deutschen Bundesstaaten Ausnahmeregelungen in Kraft, die die Zuwanderung von „Zigeunern“ unterbinden sollten, die keine Staatsangehörigkeit eines deutschen Landes nachweisen konnten. Im Hinblick auf die Verfassung waren von diesen Maßnahmen diejenigen Sinti und Roma ausgenommen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen. Dabei wurde aber vielen Sinti und Roma aus vorgeschobenen Gründen die Staatsbürgerschaft verwehrt, obwohl sie schon teilweise seit Jahrhunderten in Deutschland lebten. Sie wurden dann zu „ausländischen Zigeunern“ erklärt und ausgewiesen. Bei politischen Entscheidungsträger_innen herrschte der Konsens vor, dass Sinti und Roma „wirtschaftlich gänzlich unnütze, polizeilich aber gefährliche Landstreicher“ seien.[20] Sie wurden in einem homogenisierenden Sinne als unerwünschte nationale Minderheit wahrgenommen, denen unabhängig vom Individuum unveränderliche Wesenszüge zugeschrieben wurden.

Durch den Bundesratsbeschluss vom 31.10.1883 wurde die Vergabe von Gewerbescheine an „ausländische Zigeuner“ verboten. Diese besaßen nur dann die Erlaubnis, sich im deutschen Reich aufzuhalten, wenn sie Geld und Reisepapiere nachweisen konnten. Im Jahre 1886 kam es zu einer Verschärfung der reichsweiten „Zigeunerpolitik“. In einem Erlass vom 30.4.1886, der sich gegen „inländische Zigeuner“ richtete, hieß es: „Was sodann diejenigen Zigeuner betrifft, welche im Reichsgebiet ihren dauernden Aufenthaltsort genommen haben und unter zeitweisem Verlassen ihres regelmäßigen Wohnsitzes gemeinschaftlich in größerer Zahl in Deutschland umherzustreifen pflegen, so wird es auch gegen diese eines verschärften Vorgehens und zwar in der Richtung bedürfen, daß durch Ergreifung der gegen jeden einzelnen zulässigen Maßregeln auf eine Auflösung derartiger die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdeten Banden und ferner darauf hingewiesen wird, daß dieselben sich einer seßhaften Lebensweise zuwenden.“[21] „Seßhaftmachung“ bedeutete eine rücksichtslose Assimilierungspolitik und den Versuch der Ausrottung der kulturellen Elemente, die von der Mehrheitskultur abwichen. Die Tatsache, dass zu diesem Zeitpunkt viele „inländische“ Sinti und Roma schon längst „sesshaft“ geworden sind, blieb unbeachtet. Gleichzeitig wurde vom Innenminister eine „kreisweite“ Zählung der „inländischen Zigeuner“ an. Am 1.7.1886 verfügte Bismarck, dass lediglich diejenigen Sinti und Roma als Angehörige des deutschen Reiches anerkannt würden, die die Staatsangehörigkeit eines deutschen Landes zweifelsfrei nachweisen konnten. Antiziganistische Topoi wie den Vorwurf des Nomadentums und der damit einhergehenden Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienten als Legitimierung der kriminalpräventiven Kontrolle der „inländischen Zigeuner“. Verfassungsrechtlich waren diese Maßnahmen mehr als bedenklich, da die „inländischen“ Sinti und Roma damit einem Sonderrecht unterstanden, das sie wegen ihrer ethnischen Herkunft als Bürger zweiter Klasse behandelte. Im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in der Verfassung kann so von einen rassistisch motivierten Sonderrecht gesprochen werden. Im Jahre 1896 wurde das 1883 angeordnete Gewerbeverbot „ausländischer Zigeuner“ wiederholt, sie durften sich nicht im Reichsgebiet aufhalten.

Der Italiener Cesare Lombroso (1835-1909), Begründer der anthropologisch ausgerichteten Positiven Schule der Kriminologie, vertrat in seinem 1876 veröffentlichten Werk „L’umo delinquente“ die These, dass Kriminalität eine vererbte Minderwertigkeit wäre, die an äußeren Merkmalen festgemacht werden könne. Eine bestimmte Schädelform oder zusammengewachsene Augenbrauen würden auf fest verwurzelte Anlagen zum Verbrecher hindeuten, die auch durch das Erlernen sozialer Verhaltensweisen nicht überdeckt werden könnten.[22] Um seine These vom „geborenen Verbrecher“ (delinquente nato) zu beweisen, führte er in seinem Institut Messungen an zahlreichen Schädeln durch. In seinem Werk gibt es ein längeres Kapitel über einen vorgeblichen genetisch bedingten kriminellen Charakter der Roma. Sie waren für Lombroso „das lebende Beispiel einer ganzen Rasse von Verbrechern“.[23] Schon bald nach der Übersetzung von „L’umo delinquente“ ins Deutsche fanden Lombrosos kriminalbiologische Thesen auch hierzulande vor allem in juristischen Kreisen eine breite Akzeptanz.[24] Viele deutsche Kriminolog_innen setzten ein delinquentes Verhalten mit einer biologischen Minderwertigkeit gleich. Verdächtigungen und Vorverurteilungen aufgrund von biologischen Merkmalen fanden weite Verbreitung.[25]

Die Konsequenz der Aneignung der kriminalbiologischen Lehren Lombrosos war die Gründung der Münchener „Zigeunerzentrale“ im Jahre 1899.[26] Da die Innenminister_innen der Länder eine Verschärfung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung anordneten, befürworteten Exekutivbeamt_innen eine systematische Erfassung der „Zigeuner“. Die Münchener „Zigeunerzentrale“ legte ein „Zigeuner-Register“ an, das sonst nur für Verbrecher_innen üblich war. So wurden Sinti und Roma gemessen, fotografiert und ihre Fingerabdrücke archiviert, ohne dass sie strafrechtlich in Erscheinung getreten waren oder verdächtigt wurden. Diese polizeiliche Erfassung ohne Verstöße gegen das Gesetz war eine rassistische Sonderbehandlung gegenüber Sinti und Roma. Die Mitarbeiter_innen der Münchener „Zigeunerzentrale“ traten in Kontakt zu Justiz-. Standes- und Pfarrämtern in Deutschland und im Ausland, um möglichst umfassende Daten für vollständige Erfassung der Sinti und Roma zu bekommen. In dem Zeitraum von 1899 bis 1905 wurden 3.350 Namen und Daten von „aus- und inländischen Zigeunern“ und „nach Zigeunerart umherziehenden Personen“ gesammelt. Diese Sammlung wurde 1905 als Buch für den polizeilichen Gebrauch veröffentlicht, das von Alfred Dillmann, dem Leiter der „Zigeunerzentrale“, herausgegeben wurde.[27]

Die Veröffentlichung des Buches wurde mit der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch Sinti und Roma gerechtfertigt.[28] Viele der darin erwähnten Personen hatten jedoch keine verbrecherische Handlung begangen, d.h. Sinti und Roma wurden dort nur wegen ihrer Ethnie erfasst, was als Rassismus zu werten ist. Dieses Buch stellte in den nächsten Jahren ein wichtiges auch international eingesetztes Hilfsmittel bei der Fahndung nach „Zigeunern“ dar.[29]

Der Rassismus gegen Sinti und Roma kam meistens aus der Mitte der Gesellschaft. In Zeitungen und Zeitschriften wurden die Topoi der Kriminalität, Faulheit, der Primitivität und des Nomadentums transportiert. In den Straßburger Neuesten Nachrichten wurden sie zum Beispiel als „Blutsauger des Landvolkes (…), die sich so rasend schnell vermehren wie der Sand am Meer“ beleidigt.[30]

Bei Sitzungen des Deutschen Reichstages waren es vor allem Abgeordnete des Zentrums, die die Auseinandersetzung mit der „Zigeunerfrage“ auf die Tagesordnung brachten. Matthias Erzberger verlangte im Februar 1905, das „Zigeunerunwesen“ stärker zu bekämpfen. Am 1.12.1909 stellte der Zentrumsvorsitzende Freiherr von Hertling die Anfrage, den „Herrn Reichskanzler zu ersuchen, einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen das bandenweise Umherziehen der Zigeuner verboten wird.“[31] Ein Abgeordneter von der Wirtschaftlichen Vereinigung forderte am 18.3.1912, dass „Zigeuner“ Zwangsarbeit leisten sollten.[32]

Auf der „Zigeunerkonferenz“ 1911 in München wurde die Forderung erhoben, sie aus dem öffentlichen Leben systematisch auszugrenzen. Sie sollten von der Benutzung öffentlicher Plätze, Eisenbahnen und Bodenseeschiffe ausgeschlossen werden. Der Vertreter des Landes Elsaß-Lothringen befürwortete sogar die Deportation von „heimatlosen Zigeunern“ in deutsche Kolonien. Die Ausübung eines Wandergewerbes wurde für „inländische Zigeuner“ verboten, um ihre „Seßhaftmachung“ zu forcieren.

Während des 1. Weltkrieges wurde den Sinti und Roma Spionage vorgeworfen und den Wehrdienst durch Täuschung und Betrug umgehen zu wollen. Das alte antiziganistische Topos der Auskundschaftung für den Feind wurde dabei wiederbelebt. Schon im 15. Jahrhundert wurde ihnen vorgeworfen, Spione des Osmanischen Reiches, das zu diesem Zeitpunkt das christliche Abendland bedrohte, zu sein. Beamt_innen sprachen sich für ein Verbot des „Umherziehens“ der „Zigeuner“ aus; es sollte auch verhindert werden, dass sie sich in der Nähe von militärischen Stützpunkten aufhielten.[33] Viele „inländische Zigeuner“ wurden zum Kriegsdienst eingezogen und kämpften für das Deutsche Reich. Ein Beschluss vom 17.1.1917 sah vor, dass alle „ausländischen Zigeuner“ aus gegnerischen Ländern in Zivilgefangenenlagern untergebracht werden, wo sie Zwangsarbeit leisten sollten. 1918 wurden in Bayern „umherziehende inländische Zigeuner“ in spezielle Lager gebracht, um dort einem Arbeitszwang unterworfen zu werden.

Die Politik in der Weimarer Republik gegenüber Sinti und Roma knüpfte in wesentlichen Punkten an die rassistische Sonderbehandlung des Kaiserreiches an. Im Jahre 1926 wurde das bayerische „Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen“ verabschiedet.[34] Dieses Gesetz besagte, dass Sinti und Roma, die keiner regelmäßigen Arbeit nachgingen, für die Dauer von zwei Jahren in einer „Arbeitsanstalt“ untergebracht werden konnten.

4 1933-1945

Die schon im deutschen Kaiserreich und in der Weimarer Republik rassistisch motivierte Ausgrenzungspolitik gegenüber Sinti und Roma erlangte im Kontext der rassenideologischen Konzeption der Nationalsozialist_innen eine neue Dimension. Ihre Verfolgung aus rassistischen Gründen begann mit der Machtübernahme der NSDAP Anfang 1933 und war ein Bestandteil der allgemeinen Rassenpolitik des nationalsozialistischen Systems.[35] Romani Rose stellt zu Recht fest: „Letztlich zielten alle gegen Sinti und Roma gerichteten Verordnungen darauf ab, die gesamte Volksgruppe ebenso wie die jüdische Bevölkerung von der deutschen Gesellschaft ‚abzusondern‘ und die ‚Endlösung‘ propagandistisch und organisatorisch vorzubereiten.“[36] Den Nationalsozialist_innen war der Umstand bekannt, dass die Vorfahren der Sinti und Roma ursprünglich aus Indien stammten und das Romanes zur indoeuropäischen Sprachfamilie gehörte. Die folgerichtige Schlussfolgerung, dass sie deshalb gemäß der rassenideologischen Vorstellungen der Nationalsozialisten als „Arier“ anzusehen seien und zur „Rassenelite“ gehören müssten, wurde unter den Teppich gekehrt.

Das „Berufsbeamtengesetz“ vom 7.4. 1933 betraf vor allem Jüd_innen sowie Sinti und Roma. Darin wurde festgelegt, dass Beamt_innen „nichtarischer Abstammung“ in den (vorzeitigen) Ruhestand zu versetzen seien.[37] Das im Juli 1933 verabschiedete „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ wurde dazu benutzt, Sinti und Roma zwangsweise zu sterilisieren. Erklärungen der „freiwilligen Sterilisation“ wurden von den Betroffenen nur deshalb unterschrieben, weil sie von den Behörden durch Androhung schärferer Maßnahmen unter Druck gesetzt wurden. Seit 1934 wurden Sinti und Roma aus Berufsorganisationen ausgeschlossen, wenn sie keinen „Ariernachweis“ erbringen konnten. Damit verloren die meisten der erwerbsfähigen Arbeiter_innen oder Angestellte ihre materielle Existenzgrundlage. Arbeitsämter verhinderten systematisch, dass jugendliche Sinti und Roma nach ihrem Schulabschluss eine Lehre beginnen konnten. Im Herbst 1935 begann die „Reichstheaterkammer“ damit, „Nichtarier“ und somit auch Sinti und Roma auszuschließen. Im Winter 1937/1938 kam es zum systematischen Ausschluss von „Zigeunern“ aus der „Reichsmusikkammer“.[38] Der nationalsozialistische Staat erließ zahlreiche rassistische Sonderbestimmungen, die Sinti und Roma in ihrem Alltag immer weiter einschränkten und von der übrigen Bevölkerung absonderten.[39] Entweder wurden Kinder ganz vom Schulunterricht ausgeschlossen oder getrennt von ihren Altersgenossen in „Zigeunerklassen“ gesteckt. Letztere Variante wurde unter anderem in Köln und Gelsenkirchen praktiziert. Vermieter wurden von Behörden unter Druck gesetzt, keine Sinti und Roma als Mieter_innen mehr zuzulassen oder bereits bestehende Verträge zu annullieren. Die Benutzung von Straßenbahnen oder Zügen wurde ihnen verboten; Krankenhäuser wurden dazu angehalten, keine Sinti und Roma mehr zu behandeln. In einigen Städten durften Angehörige der Minderheit lediglich zu festlegten Zeiten in manchen ausgewählten Geschäften einkaufen. Der Besuch von Lokalen, Kinos oder Theatern wurden ihnen in vielen Städten und Gemeinden verboten. Der Aufenthalt auf öffentlichen Plätzen wurde ihnen in manchen Städten untersagt. In Minden zum Beispiel stellte die dortige Stadtverwaltung Schilder mit der Aufschrift „Zigeunern und Zigeunermischlingen ist das Betreten des Spielplatzes verboten.“ auf.

Auf dem siebten „Reichsparteitag“, der vom 10.9- 16.9.1935 in Nürnberg stattfand, ging es vor allem um die Verabschiedung des „Gesetzes zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ sowie das „Reichsbürgergesetz“.[40] Das „Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre“ verbot die Eheschließung sowie den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Jüd_innen und Nichtjüd_innen. Verstöße gegen dieses Gesetz wurden als „Rassenschande“ bezeichnet und mit Gefängnis oder Zuchthaus bestraft. Im „Reichsbürgergesetz“ wurde festgelegt, dass nur „Staatsangehörige deutschen und artverwandten Blutes“ als „Reichsbürger“ anerkannt werden.[41] In der Folgezeit durften sowohl Jüd_innen als auch Sinti und Roma nicht an Wahlen teilnehmen. Am 7.12.1935 ordnete Reichsinnenminister Frick an, dass „in allen Fällen, in denen strafbare Handlungen von Juden begangen sind, dies auch besonders zum Ausdruck zu bringen“, was besonders Presseorgane, Funk und Fernsehen betraf. Diese Propaganda richtete sich auch gegen Sinti und Roma und lieferte den Vorwand für die staatlichen Verfolgungsmaßnahmen sowie letztlich auch die Endlösung. Ein Beispiel für diese antiziganistische Agitation ist der Esslinger Zeitung vom 24.9.1937 zu entnehmen, wo es hieß: „Es gibt eine Zigeunerfrage in Deutschland und es ist an der Zeit, daß diese Frage gelöst wird. Diese Feststellung trifft im öffentlichen Gesundheitsdienst Dr. Rotenberg, der Leiter der Abteilung für Erb- und Rassenpflege im Reichsausschuß für Volksgesundheit. Bei den Zigeunern handele es sich im einen biologischen Fremdkörper, auf dessen zerstörerischen Einfluß unser Blut- und rassemäßig harmonisch gestalteter Volkskörper zwangsläufig mit Entartung antworten müsse. (…) Er lebt, so fährt er fort, unter uns außer dem Juden noch ein anderes fremdrassiges Volk, das in seiner anlagebedingten Verhaltensweise eine soziologische und biologische Gefahr bedeutet, die nicht unterschätzt werden darf und die jedenfalls in rassenbiologischer Hinsicht nicht geringer einzuschätzen ist als die Gefahr, die uns durch die Vermischung von Juden drohte.“[42]

Am 6.6.1936 rief der Reichsinnenminister den „Erlaß zur Bekämpfung der Zigeunerplage“ ins Leben, der die einzelnen bisher geltenden „Zigeunergesetze“ der Länder zusammenfasste.[43] Dies bedeutete, dass alle deutschen Sinti und Roma einem Sonderrecht unterstellt wurden. Ab dem Jahre 1937 begann der Ausschluss der Sinti und Roma aus der Wehrmacht. Der im Dezember 1937 verabschiedete „Asozialenerlaß“ gab der Polizei ausdrücklich die Berechtigung, Sinti und Roma in Konzentrationslager einzuweisen.[44]

Eine Reihe von Städten trieb die Ausgrenzung von Sinti und Roma eigenmächtig voran und errichtete kommunale Lager meist am Stadtrand, wo „Zigeuner“ zwangsweise zusammengepfercht wie Vieh leben mussten.[45] Seit Mitte des Jahres 1935 begann die Stadt Köln damit, Sinti und Roma in einem umzäunten und bewachten Lager am Stadtrand zwangsumzusiedeln. Angelehnt an das „Vorbild“ Köln wurden 1936 in Berlin, Frankfurt/Main und Magdeburg und ein Jahr später in Düsseldorf, Essen, Kassel und Wiesbaden spezielle „Zigeunerlager“ errichtet. Brucker-Boroujerdi und Wippermann stellten zu Recht fest: „Die in der NS-Zeit errichteten ‚Zigeunerlager‘ dienten der Konzentration und Freiheitsberaubung, der Selektion nach rassenideologischen Kriterien, der Ausbeutung durch Zwangsarbeit und der unmittelbaren Vorbereitung der Deportation von Sinti und Roma.“[46] Bei der Zwangsarbeit wurden Sinti und Roma, darunter auch Frauen und Kinder, im Hoch- und Tiefbau, in Land- und Forstwirtschaft, in Rüstungsbetrieben oder in der Straßenausbesserung beschäftigt.

Vor der Eröffnung der Olympischen Spiele 1936 wurde extra für die in Berlin lebenden Sinti und Roma ein Zwangslager errichtet. Berlin wollte sich vor den Augen der Weltöffentlichkeit von seiner besten Seite präsentieren; Sinti und Roma wurden in diesem Zusammenhang als „störend“ empfunden. Ohne sich auf Gesetze oder staatliche Verordnungen berufen zu können, entstand so das „Zigeunerlager“ Berlin-Marzahn. Am 16.6.1936 wurden die ersten Berliner Sinti und Roma ohne Angabe von Gründen von der Polizei verhaftet und in das Lager eingewiesen.[47] Da die dort bereitgestellten Baracken und Bauwagen nicht mehr ausreichten, da sich das Lager immer mehr füllte, waren viele Sinti und Roma gezwungen, im Freien zu schlafen. In der Folgezeit verschlechterten sich die hygienischen Bedingungen immer mehr. Das Lager war ständig bewacht; nur zur Zwangsarbeit in Berliner Fabriken und im Straßenbau durfte es verlassen werden. Alle Lagerinsass_innen bekamen „Zigeunerpässe“, in denen ein großes Z als rassistisches Erkennungsmerkmal gestempelt war. Zutritt zum Lager hatten nur Mitarbeiter_innen der protestantischen „Zigeunermission“ und Angehörige der „Rassenhygienischen Forschungsstelle“ aus Berlin-Dahlem.

Die Rassenhygienische Forschungsstelle (RHS) beim Reichsgesundheitsamt spielte eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung, Planung und Durchführung der Verfolgung und Vernichtung der Sinti und Roma im „Dritten Reich“.[48] Adolf Würth, Mitglied der RHS, bemerkte zur Arbeit des Instituts: „Die rassenbiologische Zigeunerforschung ist die unbedingte Voraussetzung für eine endgültige rassenhygienische Lösung der Zigeunerfrage. Diese Lösung dient dem großen Ziel, das Blut des deutschen Volkes vor dem Eindringen fremdrassigen Erbgutes zu schützen und zu verhindern, daß die weitverbreitete und gefährliche Mischlingspopulation sich immer stärker vermehrt.“[49]

Die RHS wurde finanziell durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt. Für ihren Leiter Robert Ritter waren Sinti und Roma „Schmarotzer“, die „ohne unsere Arbeit und unseren Fleiß und unsere Sittlichkeit in diesem Erdteil gar nicht leben könnten.“ Für ihn stellte sich „die Frage, ob wir die Zigeuner als sorglose, nomadisierende, nahrungssuchende Naturmenschen, als urtümliche Sammler und primitive Handwerker, die noch auf einer Kindheitsstufe der Menschheit stehen, oder ob sie insgesamt gewissermaßen nur eine mutativ entstandene entwicklungsunfähige Spielart der Gattung Mensch darstellen.“[50] Ritter sprach sich nachdrücklich für eine Einweisung von Sinti und Roma in Konzentrationslager aus: „Die Zigeunerfrage kann erst dann als gelöst betrachtet werden, wenn die Mehrzahl der asozialen und nutzlosen Zigeunermischlinge in großen Lagern zusammengefaßt und zur Arbeit angehalten wird, und die andauernde Fortpflanzung dieser Mischbevölkerung endgültig unterbunden ist. Erst dann werden die zukünftigen Generationen des Deutschen Volkes von dieser Bürde befreit sein.“[51]

Die Mitarbeiter_innen der RHF führten genealogische und anthropologische Untersuchungen an Sinti und Roma durch.[52] Diese Untersuchungen umfassten Vermessungen des Kopfes, der Ohren, der Hände, daktyloskopische Fragen, die Beschreibung des Körperbaus, der Haare und der Schambehaarung.[53] Neben diesen Untersuchungen wertete die RHF von staatlichen Behörden wie Polizei, Gesundheits- und Fürsorgeämter angeforderte Akten und Kirchenbücher aus.[54] Diese Informationen wurden im „Zigeunersippenarchiv“ im Reichsgesundheitsamt in Karteien zusammengefasst und zu „Sippentafeln“ kombiniert.[55] Fast alle der in Deutschland lebenden Sinti und Roma wurden erfasst und in die Kategorien „Vollzigeuner“, „Zigeuner-Mischling mit vorwiegend zigeunerischen Blutsanteil“, „Zigeuner-Mischling mit gleichem zigeunerischen und deutschen Blutsanteil“ sowie „Zigeuner-Mischling mit vorwiegend deutschem Blutsanteil“ kategorisiert. Die auf dieser Grundlage bis zum Ende des 2. Weltkrieges angefertigten 24.000 „Rassegutachten“ und Klassifikationskriterien waren eine entscheidende Grundlage für die Deportation von „Zigeunern“ und „Zigeunermischlingen“ in die Konzentrations- und Vernichtungslager.[56] Die RHS arbeitete mit „Forschungseinrichtungen“ wie dem Institut für Erb- und Rassenpflege der Universität Gießen unter der Ägide des „Asozialenforschers“ H.W. Kranz und dem Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik in Berlin zusammen, die ebenfalls „Zigeunerforschung“ betrieben.[57]

In den vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Gebieten in Osteuropa wurden zehntausende Roma Opfer rassistisch motivierter Morde.[58] Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienst des Reichsführers-SS (SD) bekamen die Order, direkt hinter der Front alle „rassisch und politisch unerwünschten Elemente“ umzubringen. Diese Spezialeinheiten wurden jeder der vier Heeresgruppen der Wehrmacht und der Ordnungspolizei zugeordnet. Zwischen Juli 1941 und April 1942 töteten die Spezialeinheiten ca. 560.000 Menschen. Auch Einheiten der Wehrmacht und der Ordnungspolizei waren an Massenexekutionen beteiligt.

Ein geographischer Schwerpunkt der Massenmorde an Roma waren die besetzten Gebiete Jugoslawiens. Im deutsch besetzten Serbien kam es zu systematischen Morden an Roma oder an als solche identifizierten Personen, woran Einheiten der Wehrmacht maßgeblich beteiligt waren. Roma waren für die deutschen Besatzer „rassisch minderwertige“, „asoziale“ „Spione“ des „jüdisch-bolschewistischen“ Feindes.[59] Die deutsche Verwaltung registrierte alle Roma und verordnete, dass diese als „Zigeuner“ gelbe Armbinden zu tragen haben. Die Wehrmacht nahm im Herbst 1941 Jüd_innen und männliche Roma gefangen und ließ sie aus „Rache“ für gefallene deutsche Soldaten erschießen.[60] Der Leiter des Verwaltungsstabes der Militärverwaltung in Serbien, Harald Turner, meldete am 26.8.1942: „Im Interesse der Befriedung wurde durch deutsche Verwaltung (…) die Judenfrage ebenso wie die Zigeunerfrage völlig liquidiert (Serbien einziges Land, in dem Juden- und Zigeunerfrage gelöst)“.[61] Dies wurde damit begründet, dass Jüd_innen und „Zigeuner“ ein „Element der Unsicherheit und damit der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit“ darstellen würden.[62] Der „Zigeuner“ könne „auf Grund seiner inneren und äußeren Konstitution kein brauchbares Mitglied der Volksgemeinschaft“ sein. Tausende Roma wurden als „Agenten des Widerstandes“ standrechtlich exekutiert. Hauptsächlich Frauen und Kinder wurden im Konzentrationslager Zemun von der SS vergast.

Als Hitler im April 1941 einen Teil des besetzten Jugoslawiens in einen kroatischen Satellitenstaat aufgehen ließ, übernahm dort die Ustascha, eine faschistische kroatische Organisation, die Macht. Innerhalb ihrer vierjährigen Herrschaft gab es eine systematische Ausrottungspolitik gegenüber Roma, Serb_innen und Jüd_innen.[63] Im Konzentrationslager Jasenovac waren bis zu 24.000, Serb_innen und Jüd_innen interniert. Insgesamt kamen die meisten der 28.000 kroatischen Roma durch die Völkermordpolitik der Ustascha ums Leben. In Rumänien starben ca. 36.000 Roma unter dem faschistischen Regime Antonescus; eine systematische Völkermordpolitik gegen Roma gab es auch in Bulgarien, Bosnien und der Slowakei.

Nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion vom 22.6.1941 wurden vor allem Roma und Jüd_innen Opfer der Völkermordpolitik der Sicherheitspolizei und des SD. Die Morde besaßen dann systematischen Charakter, wenn diese Einheiten längere Zeit in einem Gebiet blieben und auf die direkte und indirekte Hilfe der Ordnungspolizei sowie der zivilen Besatzungsverwaltung rechnen konnten.[64] Die Tötung von Roma begründete die 339. Infantrie-Division im Herbst 1941 mit der Verschlechterung der „Verpflegungslage“, weshalb alle „Schädlinge und unnütze Esser auszumerzen“ seien.[65] Angehörige der Wehrmacht übergaben Roma in der Regel an die Einsatzgruppen. Es lassen sich zahlreiche solcher Fälle wie den folgenden, wo Wehrmachtseinheiten selbst Roma ermordeten, nachweisen. Im Bereich der 281. Sicherungsdivision im Heeresgebiet Nord ließ die Ortskommendantur Noworshew im Mai 1942 128 Roma exekutieren. Dies wurde damit begründet, dass Roma „keiner geregelten Arbeit nachgehen“ und ihren Lebensunterhalt „durch Betteln von Ort zu Ort“ bestreiten würden.[66]

Im Jahre 1938 spitzte sich die Situation für die im „Dritten Reich“ lebenden Sinti und Roma zu. In der Zeitschrift des Nationalsozialistischen Ärztebundes forderte Karl Hannemann: „Ratten, Wanzen und Flöhe sind auch Naturerscheinungen, ebenso wie die Juden und Zigeuner. (…) Alles Leben ist Kampf. Wir müssen deshalb alle diese Schädlinge allmählich ausmerzen.“[67] Adolf Würth, Mitarbeiter der RHF, bemerkte im August: „Die Zigeunerfrage ist für uns heute in erster Linie eine Rassenfrage. So wie der nationalsozialistische Staat die Judenfrage gelöst hat, so wird er auch die Zigeunerfrage grundsätzlich regeln müssen.“[68] Die bislang in München beheimatete „Zigeunerpolizeistelle“ wurde im Oktober 1938 nach Berlin verlegt. Dort wurde sie unter dem neuen Namen „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ zunächst dem „Reichskriminalpolizeiamt“ unterstellt. 1939 wurde sie dann dem Amt V des „Reichssicherheitshauptamtes" eingegliedert. Himmler ordnete am 8.12.1938 in einem Dekret an, „die Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse hinaus in Angriff zu nehmen.[69] Alle Sinti und Roma ab dem 6. Lebensjahr sollten erkennungsdienstlich behandelt und nach „rassenbiologischen“ Gesichtspunkten begutachten werden. Diese Aufgabe wurde der RHF übertragen. Aufgrund einer Verordnung zur besonderen Kennzeichnung von Sinti und Roma wurden ihnen ab März 1939 besondere „Rasseausweise“ ausgehändigt und ihre alten Ausweise abgenommen. Adolf Eichmann, der ab 1939 die „Endlösung der Judenfrage“ organisierte, plante ebenfalls die Deportationen der Sinti und Roma in die Konzentrations- und Vernichtungslager. Eichmann und seine Helfershelfer arbeiteten dabei eng mit der RHS zusammen. Am 21.9.1939 wurde entschieden, dass alle im „Großdeutschen Reich“ lebenden Sinti und Roma in das „Generalgouvernement Polen“ gebracht werden sollten. Der kurz darauf folgende „Festschreibungserlass“ Himmlers besagte, dass Sinti und Roma ihre Heimatorte nicht verlassen dürften. Im Fall der Übertretung dieses Erlasses wurde mit Haft in einem Konzentrationslager gedroht.[70] Am 30.1.1940 wurde bei einem Treffen von Heydrich, Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA), mit hohen SS-Führern die Deportation aller „Juden der neuen Ostgaue und 30.000 Zigeunern aus dem Reichsgebiet und der Ostmark als letzte Massenbewegung in das Generalgouvernement“ beschlossen.[71] Nachdem Himmler am 27.4.1940 die erste Deportation von Sinti und Roma aus dem westlichen und nordwestlichen Teilen des „Dritten Reiches“ in das neu entstandene „Generalgouvernement Polen“ angeordnet hatte, wurden ab Mai 1940 ca. 2.500 „Zigeuner“ per Bahn dorthin deportiert.[72] Dies war der Auftakt für die geplante Zwangsumsiedlung aller Sinti und Roma sowie der Jüd_innen in das „Generalgouvernement Polen“ und anderen besetzten Gebiete im Osten. Das Vermögen der deportierten Sinti und Roma wurde vom nationalsozialistischen Staat eingezogen, was dazu führte, dass die wenigen Überlebenden nach Ende des 2. Weltkrieges völlig mittellos waren.[73] Im „Generalgouvernement Polen“ mussten die deportierten Sinti und Roma in Ghettos Zwangsarbeit leisten. Personen, die infolge der menschenunwürdigen Lebens- und Arbeitsbedingungen erkrankten oder nicht mehr arbeiten konnten, wurden rücksichtslos erschossen. Vor allem ab 1942 wurden Sinti und Roma systematisch von der SS getötet. Ein überlebender Augenzeuge des Lagers Treblinka berichtete: „Nach ein paar Stunden traf die SS ein, trennte die Männer von den Frauen und Kindern. (…) In die Grube trieb man jeweils 100 Personen, auf die sie aus Maschinenpistolen feuerten. Die noch am Leben gebliebenen Zigeuner waren gezwungen, die Erschossenen, oft nur Verwundeten, einzuscharren, wonach man sie selber in den Graben stieß und erneutes Maschinengewehrgeknatter einem weiteren Hundert Menschen das Leben nahm. Die Ermordeten wurden mit einer dünnen Schicht Erde zugeschüttet. (…) In Gegenwart ihrer Mütter ergriffen sie die Säuglinge und töteten sie, indem sie sie mit dem Kopf gegen einen Baum schlugen. Mit Peitschen und Stöcken prügelten sie auf die Frauen ein, die wie rasend waren von dem Anblick. Sie warfen sich auf die Soldaten, zerrten an ihnen, um ihnen die Säuglinge zu entreißen, die man ihnen fortgenommen hatte. Dieser Szene setzten erst die dichten Salven der SS und der Soldaten ein Ende, die die Menge umzingelten. Die Leichen der Frauen und Kinder räumten herbeigerufene Häftlinge weg, die sie in die zuvor vorbereiteten Gruben im Wald trugen.“[74]

Sinti und Roma arbeiteten beim Flugzeug- und Straßenbau, in Munitionsfabriken und beim Bau von Konzentrationslagern. Dabei trugen sie Armbinden mit einem blauen „Z“ für „Zigeuner“. Wegen des Arbeitskräftemangels in der deutschen Kriegs- und Rüstungsindustrie wurde verstärkt auch auf Häftlinge in den Konzentrationslagern zurückgegriffen. Sinti und Roma mussten sowohl für SS-eigene Betrieben als auch für private Rüstungsbetriebe Zwangsarbeit leisten. Darunter waren Unternehmen wie Daimler-Benz, BMW, VW, Siemens, Henkel, AEG oder Krupp, die noch heute die Auseinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel ihrer Firmengeschichte scheuen.[75]

Am 16.12.1942 gab Himmler den Befehl, dass ca. 23.000 Sinti und Roma aus ganz Europa, davon über 10.000 aus dem damaligen Reichsgebiet, familienweise in den als „Zigeunerlager“ bezeichneten Abschnitt des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, das auf Weisung Himmlers im Abschnitt B II errichtet worden war, deportiert werden sollten.[76]

Das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau war das größte deutsche Vernichtungslager während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Lager wurde am 27. Januar 1945 durch Truppen der Roten Armee befreit. Von den mehr als 5,6 Millionen Opfern des Holocaust wurden etwa 1,1 Millionen Menschen, darunter eine Million Juden, in Birkenau ermordet.[77] Etwa 900.000 der Deportierten wurden direkt nach ihrer Ankunft in den Gaskammern ermordet. Weitere 200.000 Menschen kamen zu Tode durch Krankheit, Unterernährung, Misshandlungen und medizinische Versuche[78] oder wurden später als zur Arbeit untauglich selektiert und vergast. Auschwitz-Birkenau, auch KL Auschwitz II genannt, wurde 1941 als Arbeits- und als Vernichtungslager mit später insgesamt sechs Gaskammern und vier Krematorien errichtet.[79] Im Frühjahr 1942 begannen die Massendeportationen von Juden mit Transporten aus Polen, aus Frankreich, aus der Slowakei und aus dem deutschen Reichsgebiet.[80] In Auschwitz-Birkenau wurde von Februar 1943 bis August 1944 der Abschnitt B II e als „Zigeunerlager Auschwitz“ genutzt.[81] Dorthin wurden durch das Reichssicherheitshauptamt (RSHA) Familien und Einzelpersonen deportiert, die im Sinne einer „Regelung der Zigeunerfrage aus dem Wesen dieser Rasse“ als „Zigeuner“ oder „Zigeunermischlinge“ kategorisiert waren.

Dieses „Zigeunerlager“ wurde zum Zentrum des staatlich organisierten Völkermordes an Europas größter Minderheit.[82] Fast 90% der dortigen Insassen kamen durch die unmenschlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen, den Terror der Aufseher_innen oder in den Gaskammern ums Leben. Ab März 1943 wurden die über 10.000 Sinti und Roma aus dem damaligen Reichsgebiet nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Den Insass_innen des Lagers wurden eine Nummer und ein großes „Z“ als „Erkennungszeichen“ auf den Arm tätowiert. Die als „arbeitsfähig“ eingestuften Sinti und Roma wurden zur Zwangsarbeit herangezogen.[83] Dazu gehörten Erd- und Bauarbeiten wie das Ausheben von Entwässerungsgräben und Gleisverlegungsarbeiten zu den Krematorien. In einem Interview mit einem Zeitzeugen hieß es: „Bald nach der Ankunft wurde ich eingeteilt zur Zwangsarbeit im Kommando Kanalbau in Birkenau, das nur aus Sinti und Roma bestand. (…) Mit großen Stöcken wurden die abgemagerten Häftlinge bis zur völligen Erschöpfung vorangetrieben; jeden Tag mußten wir Tote heimtragen. Später mußte ich auch mithelfen, die Toten aus dem Krematorium herauszutragen. Ich habe dort die großen Fässer gesehen, die mit Goldzähnen, Frauenhaaren, Brillen usw. gefüllt waren – wer es nicht selbst miterlebt hat, kann es sich nicht vorstellen. Die Lagerstraße von Birkenau war übersät mit Toten. Nachts, wenn alles gefroren war, wurden die steifgefrorenen Leichen auf Lastwagen geworfen und weggefahren.“[84] Medizinische Experimente an Sinti und Roma waren ebenfalls in Auschwitz an der Tagesordnung. Typhus-, Senfgas- und Kälteschockversuche, Experimente zur Sterilisation und Kastration mit Röntgenstrahlen und Pflanzengift und Meerwasserversuche führten zu unvorstellbaren Qualen für die Opfer, die meist mit dem Tode endeten. Josef Mengele, der 1943 SS-Lagerarzt in Auschwitz wurde, benutzte für seine „Zwillingsforschung“ Juden- und Sintikinder. Auch in anderen Konzentrationslagern wurden medizinische Versuche an Sinti und Roma durchgeführt. Im KZ Ravensbrück führte Prof. Dr. Clauberg Experimente an Sinti und Roma zur Sterilisation durch.

Als am 16.5.1944 die SS versuchte, alle Häftlinge des „Zigeunerlagers“ in Auschwitz-Birkenau in Gaskammern zu ermorden, scheiterte dies am bewaffneten Widerstand der Insass_innen.[85] Kurz darauf schickte die SS alle „arbeitsfähigen“ Insass_innen als Zwangsarbeiter_innen in die Konzentrationslager Buchenwald, Mittelbau-Dora, Flossenbrück und Ravensburg. Die noch im Lager verbliebenen Sinti und Roma, darunter vor allem Greise, Frauen und Kinder, wurden in der Nacht auf den 3.8.1944 in den Gaskammern ermordet. Von den ca. 23.000 Sinti und Roma, die von den Nationalsozialisten ins „Zigeunerlager“ deportiert wurden, kamen insgesamt mehr als 18.000 ums Leben.[86] Die Zahl der in Europa bis zum Ende des 2. Weltkrieges getöteten Sinti und Roma wird auf eine halbe Million geschätzt. 25.000 der von den Nationalsozialisten erfassten 40.000 deutschen und österreichischen Sinti und Roma wurden ermordet.

5 Nachwirkungen

Der Antiziganismus und die dazugehörigen Ressentiments lebten nach 1945 in der Gesellschaft und in den Behörden weiter und dienten zur Rechtfertigung weiterer Ausgrenzung der überlebenden Sinti und Roma. Die Überlebenden des Völkermordes waren von den Qualen des Lagerlebens traumatisiert und standen mittellos da. Fast alle Überlebenden hatten einen Großteil ihrer Angehörigen verloren. [87] Zahlreiche Sinti und Roma kamen zuerst in Lagern für Displaced Persons oder mussten in denjenigen städtischen Lagern wohnen, aus denen sie deportiert wurden. In der alten Heimat hofften sie auf eine bessere Zukunft, wurden dort aber wieder mit offener Ablehnung und alten Feindbildern konfrontiert. Die Städte und Kommunen sträubten sich gegen eine Rückkehr und Integration der überlebenden Sinti und Roma; in großen Teilen der Bevölkerung sah es nicht anders aus.[88] Das behördliche System der Verfolgung lebte wieder auf: Am 26.1.1946 verkündete die Kriminalpolizei in Hannover, dass die in der Region lebenden Sinti und Roma gemeinsam mit „asozialen“ und „arbeitsscheuen Elementen“ die auf dem Lande „herrschende Unsicherheit in steigendem Maße“ verstärken würden.[89] Im Juni 1946 verfügte der Alliierte Kontrollrat, dass Sinti und Roma unter dem Schutz der Militärregierung stünden und keinerlei besonderen Kontrollmaßnahmen unterworfen werden dürften. Diese Schutzmaßnahme wurde jedoch in der Praxis oft unterlaufen.

Viele deutsche Sinti und Roma bekamen nach 1945 ihren deutschen Pass nicht zurück, da sie als Überlebende keinerlei Papiere besaßen. Sie wurden dann für staatenlos erklärt.[90] Auch wurden Sinti und Roma, die zur Zeit der Deportation einen deutschen Pass besaßen und nach 1945 diesen wieder bekamen, die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen, was laut Artikel 16 Absatz 1 des Grundgesetzes verboten war. Das vom NS-Regime geraubte Vermögen wurde nur in wenigen Fällen zurückerstattet.[91] Wegen der gesundheitlichen und psychologischen Folgen der Lagerzeit konnten viele der Überlebenden keine Arbeit mehr annehmen. Diejenigen, die dazu noch in der Lage waren, waren nach dem NS-Schulverbot ohne Abschluss und Ausbildung chancenlos auf dem Arbeitsmarkt.[92]

Die Organisator_innen und Vollstrecker_innen des Genozids an den Sinti und Roma kamen meist ungestraft davon und bekamen nach 1945 wieder gesellschaftlich anerkannte Positionen.[93] Einige der NS-Täter_innen wurden sehr spät vor Gericht gestellt und zur Rechenschaft gezogen.[94] Ernst-August König, SS-Blockführer im „Zigeunerlager“ von Auschwitz, wurde in einem langwierigen Prozess von Mai 1987 bis Januar 1991 für drei Morde zu lebenslänglicher Haft verurteil. König beging in seiner Zelle wenig später Selbstmord. Franz Langmüller, Kommandant des österreichischen Lagers Lackenbach, erhielt wegen Folter und Mord jedoch nur ein Jahr Gefängnis.

Gegen zahlreiche Polizeibeamt_innen und Mitarbeiter_innen von Ritters Forschungsstelle wurde zwar pro forma ermittelt, es kam jedoch zu keiner Anklage. Aufgrund von zahlreichen Interventionen überlebender Sinti und Roma leitete die Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main im Oktober 1948 gegen Ritter selbst eine Untersuchung ein. Nach zwei Jahren wurde diese abgeschlossen, da angeblich die Beweise für eine Anklage nicht ausreichten, was ein Schlag ins Gesicht der Opfer darstellte.

Ritter leitete bis zu seinem Tod 1951 die Fürsorgestelle für Gemüts- und Nervenkranke in Frankfurt/Main. Seine ehemalige Mitarbeiterin Eva Justin war bis zu ihrem Tode 1966 als Psychologin im Gesundheits- und Jugendamt ebenfalls in Frankfurt/Main tätig. Paul Werner, der für die Organisation der Mai-Deportationen verantwortlich war, bekleidete den Posten eines Ministerialbeamten in Baden-Württemberg. Joseph Eichberger, der im RSHA für die „Zigeunertransporte“ zuständig war, wurde zum Chef der „Landfahrerzentrale“ in München ernannt. Gerade die letzte Personalie wurde von Vertreter_innen der Sinti und Roma als gewollte Kontinuität verstanden, was das Vertrauen in die neue demokratische Ordnung erschütterte. In Tübingen arbeitete die ehemalige Mitarbeiterin Ritters, Sophie Erhardt, finanziert aus Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an dem Projekt „Erforschung des Handleitensystems der Zigeuner“, wobei sie auch Originalquellen aus der von Ritter geleiteten Forschungsstelle aus dem „Dritten Reich“ verwendete.[95]

Das System der lückenlosen behördlichen Erfassung, Ausgrenzung und Diskriminierung bestand nach dem Ende des Nationalsozialismus weiter und wurde im Laufe der Jahre immer weiter ausgeweitet. Zahlreiche Beamt_innen der „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens“ waren auch weiterhin für die polizeiliche Verfolgung von Sinti und Roma zuständig. [96] Dies ging sogar so weit, dass frühere Beamt_innen, die die Organisation des Genozids mit zu verantworten hatten, als Gutachter für potentielle Entschädigungsfragen herangezogen wurden.[97]

6 Fazit

Im deutschen Kaiserreich wurde eine rücksichtslose Assimilierungspolitik gegen Sinti und Roma verfolgt. Der Vorwurf der Störung der öffentlichen Ordnung diente als Legitimierung der kriminalpräventiven Kontrolle der Sinti und Roma. Führende Kriminalist_innen und Jursit_innen setzten ein delinquentes Verhalten mit einer biologischen Minderwertigkeit gleich; Verdächtigungen und Vorverurteilungen aufgrund von biologischen Merkmalen waren weit verbreitet. Im Jahre 1899 wurde die Münchener „Zigeunerzentrale“ gegründet, wo es eine systematische Erfassung der „Zigeuner“. ohne Verstöße gegen das Gesetz gab, was eine rassistische Sonderbehandlung gegenüber Sinti und Roma darstellte. Die Politik in der Weimarer Republik gegenüber Sinti und Roma knüpfte in wesentlichen Punkten an die rassistische Sonderbehandlung des Kaiserreiches an.

Die nationalsozialistische Politik ging mit ihrer rassistisch als auch sozialhygienisch-motivierten Verfolgung weit über die bis zu diesem Zeitpunkt üblicher Kriminalisierung der „Zigeuner“ hinaus. Zu Beginn des „Dritten Reiches“ wurden die antiziganistischen Maßnahmen, die auf lokaler Ebene schon während des Kaiserreichs und der Weimarer Republik durchgeführt worden waren, systematisiert. Es entstanden auf Betreiben lokaler Behörden Sammellager für Roma und Sinti. Ab dem Frühjahr 1940 begann die systematische Deportation von Sinti und Roma in das besetzte polnische „Generalgouvernement“.[98] Im Dezember 1942 gab Himmler den Befehl, alle noch im Reichsgebiet und in den besetzten Gebieten lebenden Sinti und Roma in ein Konzentrationslager einzuweisen. Aufgrund dieses Erlasses wurden im März 1943 über 20.000 Sinti und Roma ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau deportiert. In den vom nationalsozialistischen Deutschland besetzten Gebieten in Osteuropa wurden zehntausende Roma Opfer rassistisch motivierter Morde, an der auch Einheiten der Wehrmacht beteiligt waren. Die Zahl der in Europa bis zum Ende des 2. Weltkrieges getöteten Sinti und Roma wird auf eine halbe Million geschätzt. 25.000 der von den Nationalsozialist_innen erfassten 40.000 deutschen und österreichischen Sinti und Roma wurden ermordet.

Der Antiziganismus und die dazugehörigen Ressentiments lebten nach dem Ende des NS-Regimes in der Gesellschaft und den Behörden weiter und dienten zur Rechtfertigung weiterer Ausgrenzung der überlebenden Sinti und Roma. NS-Täter bekamen ihre alten Posten zurück und wurden nur selten wegen der Verbrechen an den Sinti und Roma bestraft. Das System der lückenlosen behördlichen Erfassung, Ausgrenzung und Diskriminierung bestand nach dem Ende des Nationalsozialismus weiter und wurde im Laufe der Jahre immer weiter ausgeweitet.

7 Literatur

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Fußnoten

  1.  ↑ Winckel, A.: Antiziganismus. Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinigten Deutschland, Münster 2002, S. 17
  2.  ↑ Heitmeyer, W.: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (GMF) in einem entsicherten Jahrzehnt, in: Ders. (Hrsg.): Deutsche Zustände. Folge 10, Frankfurt/Main 2012, S. 15-41, hier S. 38f
  3.  ↑ Gutachten_Antiziganismusforschung_End_Romnokher.pdf, S. 9
  4.  ↑ www.netz-gegen-nazis.de/artikel/mitte-studie-2014-9489
  5.  ↑ Weiß, V.: Die IQ-Falle: Intelligenz, Sozialstruktur und Politik, Graz 2000, S. 195-202
  6.  ↑ Dalos, G.: Der Vorhang geht auf. Das Ende der Diktaturen in Osteuropa, München 2009, S. 32
  7.  ↑ Zitiert nach Montag Stiftung Urbane Räume (Hrsg.): Zuwanderung aus Rumänien und Bulgarien. Hintergrund, Herausforderungen und Handlungsansätze. Erfahrungen aus nordrhein-westfälischen Städten, Köln 2012, S. 8
  8.  ↑ Haarmann, H. (Hrsg.): Johann Christian Christoph Rüdiger. Von der Sprache und Herkunft der Zigeuner aus Indien, Nachdruck Hamburg 1990
  9.  ↑ Fings, K.: Sinti und Roma. Sprache, Herkunft, Bezeichnungen, in: Quicker, E./Killguss, H.-P. (Hrsg.): Sinti und Roma zwischen Ausgrenzung und Selbstbehauptung. Stimmen und Hintergründe zur aktuellen Debatte, Köln 2014, S. 38-42, hier S. 39
  10.  ↑ Ebd., S. 40
  11.  ↑ Matras, Y.: Romani. A Linguistic Introduction, Cambridge 2002, S. 15f
  12.  ↑ Reemtsma, K.: Sinti und Roma. Geschichte, Kultur, Gegenwart, München 1996, S. 17
  13.  ↑ Winckel, Antiziganismus. Rassismus gegen Roma und Sinti im vereinten Deutschland, a.a.O., S. 10f
  14.  ↑ www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/interview-mit-klaus-michael-bogdal-europa-erfindet-die-zigeuner-um-sie-zu-verachten-12111100.html
  15.  ↑ www.lpb-bw.de/publikationen/sinti/sinti8.htm
  16.  ↑ Siehe zum Beispiel: Vossen, R.: Zigeuner. Roma, Sinti, Gitanos, Gypsies. Zwischen Verfolgung und Romantisierung, Frankfurt am Main/Berlin/Wien 1983, S. 20f; Krauß J., „Zigeunerkontinuum“ – die Raum und Zeit übergreifende Konstanz in der Beschreibung von Roma in Theorie und Empirie, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd. 18 (2009), S. 161–180
  17.  ↑ Sälzer, A.-L.:, Arme, Asoziale, Außenseiter. Künstler- und „Zigeuner“-Diskurse von 1900 bis zum Nationalsozialismus, in: Uerlings, H./Patrut, I.-K. (Hrsg.): „Zigeuner“ und Nation. Repräsentation-Inklusion-Exklusion. Frankfurt am Main u. a. 2008, S. 203–230, hier S. 225ff
  18.  ↑ Klein, M.: Auswertung von quantitativen Daten zur Erhebung, in: Strauß, D. (Hrsg.): Studie zur aktuellen Bildungssituation deutscher Sinti und Roma. Dokumentation und Forschungsbericht, Marburg 2011, S. 17–50, hier S. 17f
  19.  ↑ Bonillo, M.: „Zigeunerpolitik“ im Deutschen Kaiserreich 1871-1918, Frankfurt/Main 2001, S. 71
  20.  ↑ Schreiben der Regierung in Magdeburg vom 8.1.1879 an den Innenminister. Abschrift GStAPK, I. HA Rep. 77, Ministerium des Inneren, Tit. 423 Nr. 53 Band 4 Blatt 177-178
  21.  ↑ Zitiert aus Bonillo, „Zigeunerpolitik“ im Deutschen Kaiserreich 1871-1918, a.a.O., S. 101
  22.  ↑ Jesten, K.: Justiz im Nationalsozialismus, Berlin 1995, S. 165
  23.  ↑ Ebd., S. 167
  24.  ↑ Vgl. dazu Gadebusch Bondio, M.: Die Rezeption der kriminalanthropologischen Thesen von Cesare Lombroso in Deutschland von 1880-1914, Husum 1995
  25.  ↑ Mihok, B.: Der „einseitige Transfer“. Die Deportation rumänischer Roma nach Transnitrien 1942-1944. Zum Forschungsstand, in: Benz, W./Dies. (Hrsg.): Holocaust an der Peripherie. Judenpolitik und Judenmord in Rumänien und Transnitrien 1940-1944, Berlin 2009, S. 173-185, hier S. 176
  26.  ↑ Bonillo, „Zigeunerpolitik“ im Deutschen Kaiserreich 1871-1918, a.a.O., S. 151
  27.  ↑ Berbüsse, V.: Das Bild „der Zigeuner“ in deutschsprachigen kriminologischen Lehrbüchern seit 1949. Eine erste Bestandsaufnahme, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 1 (1992), S. 117-151, hier S. 119f
  28.  ↑ Ebd., S. 134
  29.  ↑ Ebd., S. 136
  30.  ↑ Straßburger Neueste Nachrichten vom 8.3.1902
  31.  ↑ Krauß J., „Zigeunerkontinuum“ – die Raum und Zeit übergreifende Konstanz in der Beschreibung von Roma in Theorie und Empirie, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung, Bd. 18 (2009), S. 161–180, hier, S. 170
  32.  ↑ Zitiert aus Hehemann, R.: Die Bekämpfung des „Zigeunerunwesens“ im Wilhelminischen Deutschland und in der Weimarer Republik, Frankfurt/Main 1987, S. 86f
  33.  ↑ Feuerhelm, W.: Polizei und „Zigeuner" : Strategien, Handlungsmuster und Alltagstheorien im polizeilichen Umgang mit Sinti und Roma, Stuttgart 1987, S. 56
  34.  ↑ Greußing, F.: Die „Zigeunerzentrale“ der Frankfurter Kripo, in: pogrom. Zeitschrift für bedrohte Völker, März/April 1981, S. 102-103
  35.  ↑ Wippermann, W.: Verweigerte Wiedergutmachung. Die Deutschen und der Völkermord an den Sinti und Roma, in: Standpunkte 14/2012, S. 1-6, hier S. 5
  36.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 14
  37.  ↑ Ebd., S. 17
  38.  ↑ www.bpb.de/apuz/33275/ns-verfolgung-von-zigeunern-und-wiedergutmachung-nach-1945
  39.  ↑ Rede von Romani Rose, in: Heft der Flüchtlingsräte, Antiziganismus, a.a.O., S. 47
  40.  ↑ Essner, C.: Die „Nürnberger Gesetze“ oder Die Verwaltung des Rassenwahns 1933-1945, Paderborn 2002, S. 15f
  41.  ↑ Kershaw, I.: Hitler 1889-1936, Stuttgart 1998, S. 711
  42.  ↑ Zitiert aus Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 42
  43.  ↑ Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, a.a.O., S 158ff
  44.  ↑ www.bpb.de/apuz/33275/ns-verfolgung-von-zigeunern-und-wiedergutmachung-nach-1945 (zuletzt abgerufen am 28.1.2013)
  45.  ↑ Widmann, P.: An den Rändern der Städte. Sinti und Jenische in der deutschen Kommunalpolitik, Berlin 2001, S. 17
  46.  ↑ Brucker-Boroujerdi, U./Wippermann, W.: Das „Zigeunerlager“ Berlin-Marzahn. Zur Geschichte und Funktion eines nationalsozialistischen Zwangslagers, in: pogrom 130, 6/1987, S. 77-80, hier S. 78
  47.  ↑ Rose, R. (Hrsg.): Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, Heidelberg 1995, S. 48
  48.  ↑ Brucker-Boroujerdi, U./Wippermann, W.: Die „Rassenhygienische und Erbbiologische Forschungstelle“ im Reichsgesundheitsamt, in: Bundesgesundheitsblatt 32, März 1989, S. 13-19, hier S. 13ff
  49.  ↑ Zitiert aus Schenk, M.: Rassismus gegen Sinti und Roma. Zur Kontinuität der Zigeunerverfolgung innerhalb der deutschen Gesellschaft von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart, Frankfurt/Main u.a. 1994, S. 60
  50.  ↑ Hohmann, J.S.: Verfolgte ohne Heimat. Geschichte der Zigeuner in Deutschland, Frankfurt/Main u.a. 1990, S. 118f
  51.  ↑ Wippermann, W.: „Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich Berlin 1997, S. 146
  52.  ↑ Danckwortt, B.: Wissenschaft oder Pseudowissenschaft? Die „Rassenhygienische Forschungsstelle“ im Reichsgesundheitsamt, in: Hahn, J./Kavcic, S./Kopke, C. (Hrsg.): Medizin im Nationalsozialismus und das System der Konzentrationslager, Frankfurt/Main 2005, S. 140-164, hier S. 149
  53.  ↑ Wippermann, „Wie die Zigeuner“, a.a.O., S. 147
  54.  ↑ Wippermann, W.: Holocaust mit kirchlicher Hilfe, in: Evangelische Kommentare 9, 1993, S. 519-521, hier S. 519f
  55.  ↑ Rosenhaft, E.: Wissenschaft als Herrschaftsakt: Die Forschungspraxis der Ritterschen Forschungsstelle und das Wissen über „Zigeuner“, in: Zimmermann, M.: Zwischen Erziehung und Vernichtung. Zigeunerpolitik und Zigeunerforschung im Europa des 20. Jahrhunderts, Stuttgart 2007, S. 329-353, hier S. 342
  56.  ↑ Zimmermann, M.: Verfolgt, vertrieben, vernichtet. Die nationalsozialistische Vernichtungspolitik gegen Sinti und Roma, Essen 1989, S. 25f
  57.  ↑ Wippermann, „Wie die Zigeuner“. Antisemitismus und Antiziganismus im Vergleich, a.a.O., S. 144
  58.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 110
  59.  ↑ Zimmermann, M.: Verfolgt, vertrieben, vernichtet: die nationalsozialistische Vernichtungspolitik gegen Sinti und Roma, Essen 1989, S. 263
  60.  ↑ Zimmermann, M.: Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, Hamburg 1996, S. 234
  61.  ↑ Zitiert aus Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 110
  62.  ↑ Wippermann, „Wie die Zigeuner“, a.a.O., S. 162
  63.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 110
  64.  ↑ Zimmermann, Rassenutopie und Genozid. Die nationalsozialistische „Lösung der Zigeunerfrage“, a.a.O., S. 234
  65.  ↑ Schreiben der 339. Infantrie-Division an die Befehlshaber rückwär. Heeres-Gebiet-Mitte vom 5.11.1941, in: Bundesarchiv Militärarchiv Freiburg RH 26/339/5
  66.  ↑ STA Nürnberg, ND, NOKW 2072, 281, Sdv. 23.6.42
  67.  ↑ Zitiert aus Weisz, Z.: Ein noch immer vergessener Holocaust – Essay in: www.bpb.de/apuz/33273/ein-noch-immer-vergessener-holocaust-essay (zuletzt abgerufen am 28.1.2013)
  68.  ↑ Zitiert aus von Haase-Mihalik, E./Kreuzkamp, D.: Du kriegst auch einen schönen Wohnwagen. Zwangslager für Sinti und Roma während des Nationalsozialismus in Frankfurt/Main 1990, S. 35
  69.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 64
  70.  ↑ Ebd., S. 91
  71.  ↑ Luchterhandt, M.: Der Weg nach Birkenau. Entstehung und Verlauf der nationalsozialistischen Verfolgung der „Zigeuner“, Lübeck 2000, S. 57
  72.  ↑ Buchheim, H.: Die Deportation vom Mai 1940, in: Gutachten des Institutes für Zeitgeschichte, Band 1, München 1958, S. 51-60, hier S. 52
  73.  ↑ Gebhardt, A.: Die langen Schatten der Vergangenheit, Münster 1994, S. 117
  74.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O., S. 107
  75.  ↑ Ebd., S. 161
  76.  ↑ Zimmermann, M.: Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung, das System der Konzentrationslager und das Zigeunerlager in Auschwitz-Birkenau, in: Herbert, U./Orth, K./Dieckmann, C. (Hrsg.): Die nationalsozialistischen Konzentrationslager: Entwicklung und Struktur, Göttingen 1998, S. 887-910, hier S. 888
  77.  ↑ Gutman, Y./Berenbaum, M. (Hrsg.): „Anatomy of the Auschwitz Death Camp“, Indiana University Press, 1994, S. 54
  78.  ↑ Vgl. dazu Hans-Joachim Lang: Die Frauen von Block 10. Medizinische Experimente in Auschwitz, Hamburg 2011, S. 115–131
  79.  ↑ Ebd., S. 64
  80.  ↑ Hilberg, R.: Sonderzüge nach Auschwitz, Frankfurt a.M./Berlin 1987, S. 56
  81.  ↑ Schulte, J. E.: Vom Arbeits- zum Vernichtungslager. Die Entstehungsgeschichte von Auschwitz-Birkenau 1941/42, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 50 (2002), S. 41–69, hier S. 46
  82.  ↑ Rede von Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma: zum Anlass des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus, Landtag Sachsen-Anhalt, in: Heft der Flüchtlingsräte (Hrsg.): Antiziganismus, München 2010, S. 47-50, hier, S. 49
  83.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O, S. 136
  84.  ↑ Ebd., S. 140
  85.  ↑ Rosenberg, O.: Das „Zigeunerlager“ in Auschwitz-Birkenau, in: Kramer, H. (Hrsg.): Die Gegenwart der NS-Vergangenheit, Berlin 2000, S. 221-238, hier S. 230f
  86.  ↑ Rose, Der nationalsozialistische Völkermord an den Sinti und Roma, a.a.O, S. 136
  87.  ↑ Lewy, G.: „Rückkehr nicht erwünscht“. Die Verfolgung der Zigeuner im Dritten Reich, München/Berlin 2001, S. 331f
  88.  ↑ Spitta, A.: Entschädigung für Zigeuner? Geschichte eines Vorurteils, in: Herbst, L./Goschler, C. (Hrsg.): Wiedergutmachung in der Bundesrepublik, München 1989, S. 285-402, hier S. 289ff
  89.  ↑ Ebd.
  90.  ↑ Gilsenbach, R.: Oh Django, sing deinen Zorn. Sinti und Roma unter den Deutschen, Berlin 1993
  91.  ↑ Krausnick, M.: Wo sind sie hergekommen? Der unterschlagene Völkermord an den Sinti und Roma, Gerlingen 1995, S. 197
  92.  ↑ Hundsalz, A.: Soziale Situation der Sinti in der Bundesrepublik Deutschland, Stuttgart 1982
  93.  ↑ Adorno, T.W.: Minima Moralia. Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Frankfurt am Main 2001
  94.  ↑ End, M./Herold, K./Robel, Y.: Antiziganistische Zustände – eine Einleitung. Virulenzen des Antiziganismus und Defizite in der Kritik, in: Dies. (Hrsg.): Antiziganistische Zustände. Zur Kritik eines allgegenwärtigen Ressentiments, Münster 2009, S. 9-22
  95.  ↑ Lang, M.R.: Lustig ist das Zigeunerleben. Zur aktuellen Lage der Roma und Cinti, o.O., o.J., S. 7
  96.  ↑ Rose, Bürgerrechte für Sinti und Roma, a.a.O., S. 31f
  97.  ↑ Jesten, K.: Justiz im Nationalsozialismus, Berlin 1995, S. 65
  98.  ↑ Heuß, H.: Die Migration von Roma aus Osteuropa im 19. und 20.Jahrhundert: Historische Anlässe und staatliche Reaktion – Überlegungen zum Funktionswandel des „Zigeuner-Ressentiments“, in: Giere, J.: „Die gesellschaftliche Konstruktion des Zigeuners. Zur Genese eines Vorurteils, Frankfurt/New York, 1996, S. 101-116, hier S. 109