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Der Rechtsruck in Deutschland

Vieles erinnert an die rassistische Stimmung Anfang der 1990er Jahre, als die immer wiederkehrende Hetze aus der „Mitte der Gesellschaft“ gegen Flüchtlinge letztlich zu den tagelangen rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen führte, wo rassistische Anwohner und Neonazis Hand in Hand zusammenarbeiteten und eine unfähige Polizei nicht für die ausreichende Sicherheit der Flüchtlinge sorgen konnte oder wollte. Der Unterschied zur gegenwärtigen Situation liegt darin, dass sich heute nicht in der Breite wie damals die Medien an einen rassistisch aufgeladenen Diskurs anschließen und diesen noch verstärken.

Heidenau, Freital, Tröglitz und jetzt Clausnitz stehen stellvertretend für Orte rassistischer, menschenverachtender Gesinnung und Gewalt. Einer Gewalt, die durch die Beschwichtigungen von Verantwortlichen ihre Legitimation erfährt und im Netz tausendfach wiederholt wird. Das Verhalten der Polizei, die nicht etwa Rassisten zurückdrängt, sondern Gewalt gegen die Opfer der rassistischen Ausbrüche wie kürzlich in Clausnitz anwendet, rundet das Bild ab.

Das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS) stellt schon im Herbst 2015 zu Recht fest: „Jedoch ist in den Medien auch derzeit von ‚Ansturm‘ und ‚Flüchtlingsströmen‘ die Rede. Nahezu ein Konsens ist die angebliche ‚Überschreitung der Belastungsgrenze‘. Die hohe Zahl der Flüchtlinge erzeuge einen Staatsnotstand. Die Bilder, die damit hervorgerufen werden, sind dazu geeignet, die Situation zu verschärfen und Menschen als bedrohliche Massen wahrzunehmen. Auch ist es eine unverantwortliche Verharmlosung, wenn rassistische Protagonistinnen als ‚Asylgegner‘ oder ‚Asylkritiker‘ und rassistische Angriffe als ‚Protest‘ bezeichnet werden. Mehrheitlich schließen sich die Medien auch heute den Vorstellungen der Politik an, wenn sie z.B. eine Beschleunigung der Asylverfahren fordern, da andernfalls die Stimmung in der Bevölkerung zu ‚kippen‘ drohe, wobei mit ‚Beschleunigung‘ oftmals euphemistisch ein weiterer Abbau von Rechtsstaatlichkeit in Asylverfahren bezeichnet wird. (…) Während Geflüchtete durch rassistische Agitationen bedroht werden, grenzt ihre ‚Unterbringung‘ an eine humanitäre Katastrophe. Mitten in einem der reichsten Länder der Welt werden Zeltstädte oder Container errichtet, aus zahlreichen Unterkünften wird berichtet, dass den Geflüchteten nicht ausreichend Nahrung, Wasser und Hygieneartikel zur Verfügung gestellt werden und die Menschenrechte auf Gesundheit und Privatsphäre außer Kraft gesetzt sind. Wer solch einen künstlichen Notstand erzeugt, ist mitverantwortlich für die Taten der rechtsterroristischen Brandstifter. (…) Statt die Rechte von Geflüchteten noch weiter einzuschränken, muss es um den wirksamen Schutz von Flüchtlingen gehen. Deshalb sollten sich sowohl die zivilgesellschaftlichen wie auch die institutionellen Kräfte darauf konzentrieren, jedwede Angriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte zu verhindern und die Würde des Menschen zu achten.“[1]

Vieles erinnert an die rassistische Stimmung Anfang der 1990er Jahre, als die immer wiederkehrende Hetze aus der „Mitte der Gesellschaft“ gegen Flüchtlinge letztlich zu den tagelangen rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen führte, wo rassistische Anwohner und Neonazis Hand in Hand zusammenarbeiteten und eine unfähige Polizei nicht für die ausreichende Sicherheit der Flüchtlinge sorgen konnte oder wollte. Der Unterschied zur gegenwärtigen Situation liegt darin, dass sich heute nicht in der Breite wie damals die Medien an einen rassistisch aufgeladenen Diskurs anschließen und diesen noch verstärken.

Zwischen Juni 1991 und Juli 1993 wurde das Thema Asyl/Ausländer weit vor der deutschen Vereinigung und der Arbeitslosigkeit in Umfragen als das dringendste Problem angegeben. Die Bild-Zeitung veranstaltete im September 1991 eine Umfrage unter ihren Lesern und titelte: „Sensationelle Umfrage. Asyl: Grundgesetz ändern! 98 % dafür“. Repräsentative Umfragen ergaben, dass 55 Prozent der Deutschen das Asylrecht einschränken wollten, 41 Prozent jedoch nicht.[2]

In der Welt und der Welt am Sonntag kamen häufiger Intellektuelle zu Wort, die die verbreitete Stimmung zugunsten einer Grundrechtsänderung legitimierten. So sagte der Historiker Golo Mann in einem Interview mit der Welt im Oktober 1991, also bereits nach den ersten eruptiven Gewaltausbrüchen wie denen von Hoyerswerda: „Bei weitem das Beste wäre es, die Grenzen derart zu schützen, daß sie gar nicht erst kommen können. Die Grenzen dichtmachen, das wäre die beste Lösung. Man sollte den Abgewiesenen ein Paket für den Rückweg mitgeben. So würden beiden Seiten Gewalttätigkeiten erspart bleiben. (…) Deshalb wäre es das Beste, diese unglücklichen Leute so bald und so freundlich wie möglich hinauszubefördern, dorthin, wo sie hergekommen sind.“[3] Arnulf Baring forderte in der Bild-Zeitung die sofortige Abschaffung des Grundrechts auf Asyl, da das Grundproblem darin bestehe, „daß unsere gutmütige Sozialgesetzgebung zum Magneten geworden ist, der die Armen des ganzen Erdballs anzieht“, deshalb dürfe „selbst die Asylgewährung nicht das Recht auf eine Sozialhilfe einschließen, wie sie Deutschen zusteht“.[4]

In der Asyldebatte war in den 1980er und frühen 1990er Jahren üblicherweise von „Asylanten“ die Rede. Kritisiert wurde, dass bereits dieser Begriff ausgrenze, da Substantiven auf -ant im Deutschen häufig eine pejorative Bedeutung zukommt.[5]

Ein fester Bestandteil der Debatte war der Begriff „Asylmissbrauch“, die Antragsteller wurden häufig als „Scheinasylanten“ oder als „Asylbetrüger“ bezeichnet.[6] Dass die große Masse der Asylbewerber einen Missbrauch des Asylrechts begehe, wurde stets mit dem Hinweis auf die geringe Anerkennungsquote belegt. So sprach der bayerische Innenminister Edmund Stoiber im Oktober 1992 pauschal von einem „hunderttausendfachen Asylmißbrauch“.[7] Die Ablehnung eines Asylantrags wurde mit der Aufdeckung des vorsätzlichen Versuchs gleichgesetzt, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Sozialleistungen zu erschleichen. Diese Argumentation vernachlässigte jedoch, dass im Asylverfahren nicht untersucht wurde, ob der Asylbewerber verfolgt oder an Leib, Leben oder Freiheit bedroht wurde, sondern ob es eine aus Sicht des Herkunftstaates politisch motivierte Verfolgung gab. Zudem wurde in der politischen Diskussion fast immer nur mit der Anerkennungsquote des Bundesamtes argumentiert. Nicht berücksichtigt wurde, dass auf dem Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eine nicht unerhebliche Anzahl ursprünglich abgelehnter Asylanträge erfolgreich war. Auch hatten Asylanträge von Flüchtlingen aus Bürgerkriegsländern keine Aussicht auf Erfolg, gleichwohl konnte die Bundesrepublik sie aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention nicht abschieben.[8] So erhielten 1990 von den abgelehnten Asylbewerbern 32,4 Prozent ein Bleiberecht aus „rechtlichen, humanitären oder tatsächlichen Gründen“. Bei dieser sehr großen Personengruppe abgelehnter Asylbewerber handelte es sich offensichtlich nicht um Wirtschaftsflüchtlinge. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, Everhardt Franßen, warnte im Februar 1992 denn auch, bei abgelehnten Asylanträgen pauschal von einem Missbrauch des Asylrechts zu sprechen.[9]

Ein Charakteristikum der Asyldebatte war die regelmäßige Verwendung einer Wassermetaphorik, die die nach Deutschland kommenden Asylbewerber als bedrohliche, kaum aufhaltbare Naturgewalt veranschaulichte.[10] Typische Komposita waren „Asylantenstrom“, „-flut“, „-welle“ oder „-schwemme“. Die Rede von der „Abschottung“ Deutschlands und „Eindämmung der Flüchtlingsströme“, einem „Dammbruch“ oder von der „Einschleusung“ illegaler Einwanderer nehmen die Wassermetaphorik ebenso auf wie das Bild vom Fass, das überlaufe. Die Parole „Das Boot ist voll!“ wurde mehrfach visualisiert, zunächst Anfang der 1990er Jahre auf einem Wahlplakat der Republikaner, im September 1991 auf der Titelseite des Spiegels.[11]

Die mit großer Erregung geführte Debatte bewog die Gesellschaft für deutsche Sprache 1991 erstmals ein Unwort des Jahres zu küren. Ausgewählt wurde der unter anderem bei den Übergriffen auf Asylbewerber und Vertragsarbeiter in Hoyerswerda verwendete Begriff „ausländerfrei“. In der Begründung hieß es, dass die Erinnerung an das Wort „judenfrei aus der NS-Zeit die ideologische Heimat kennzeichne.[12] 1993 wurde der Begriff „Überfremdung“ mit dem Negativpreis versehen. In die engere Wahl zum Unwort des Jahres kamen bis 1993 aus dem Kontext der Asyldebatte auch die von Edmund Stoiber zitierte „durchrasste Gesellschaft“, der von einem Sprecher Helmut Kohls verwendete Begriff „Beileidstourismus“ für Trauerkundgebungen anlässlich der Morde von Mölln und Solingen (Kohl lehnte eine Teilnahme ab), der Euphemismus „aufenthaltsbeendende Maßnahmen“ für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber sowie das „Auf-“ oder „Abklatschen“ von Ausländern.[13]

Den politischen Parteien und den Medien wurde vorgeworfen, sich nicht entschieden gegen Ausländerfeindlichkeit gestellt zu haben, sondern im Gegenteil Ressentiments in diskursfähiges Vokabular übersetzt zu haben. Die Asyldebatte habe über Jahre das politische Klima unerträglich vergiftet und habe demokratiegefährdende Ausmaße angenommen. Zudem zeigten Umfragen, dass das Ansehen der demokratischen Ordnung und ihrer Institutionen durch die Art der Auseinandersetzung eine schwerwiegende Beschädigung erlitt.[14]

In Deutschland sind 2015 789 Anschläge auf Asylbewerberunterkünfte verübt worden.[15] Das geht aus einer Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) hervor. Darunter seien 65 Brandstiftungen. Im gesamten Jahr 2014 waren es zum Vergleich sechs Brandanschläge gewesen. Die Zahl der Übergriffe hat sich damit 2015 im Vergleich zum Vorjahr mehr als vervierfacht.[16] Dass es bislang noch keine Toten gab, ist nichts als Zufall. Diese Anschläge sind als Mordversuche zu werten und sind keine Bagatelldelikte von „frustrierten Bürgern“ oder Neonazis.

Clausnitz

„Geflüchtete sind willkommen“ - war eigentlich die Botschaft, die Clausnitz' Bürgermeister Michael Funke (parteilos) laut eigener Aussage gegenüber dem MDR am Abend des 18.02.2016 den 24 Menschen überbringen wollte, die ab diesem Tag in der sächsischen Gemeinde leben sollen. Doch es kam anders: Die Zufahrtswege wurden von 100 Anwohnern und Neonazis blockiert, der Bus mit Geflüchteten und die aussteigenden Personen zusammengebrüllt. Pegida-Parolen wie „Wir sind das Volk“ schallten den Refugees entgegen, als sie nach dreistündigem Ausharren im Reisebus von der Polizei aus diesem gezerrt wurden.[17]

Die Bilder aus Clausnitz gingen in kürzester Zeit um die Welt: Zwei der Geflüchteten, einer von ihnen offensichtlich minderjährig und beide mehr als offensichtlich stark verängstigt und traumatisiert durch das gesamte Geschehen, wurden von Polizisten gedrängt, an Armen und Hals gepackt und in die Unterkunft gezerrt - während nur wenige Meter daneben die rassistische Menge die Gewalt bejubelt. Erst nach 22h verzog sich der rassistische Mob.

All das Geschehene war vorhersehbar: Bereits seit mehreren Wochen hingen Rassisten Transparente mit der Aufschrift „Widerstand“ im Ort auf und begegneten Hilfe für Geflüchtete mit Gewalt und Hetze, so dass Informationsveranstaltungen zur geplanten Unterkunft nicht mehr sicher durchgeführt werden konnten. Die Drohungen waren klar, kamen an - und wurden ignoriert.[18]

Bürgermeister Funke äußerte danach in den Medien, dass es sich bei dem rassistischem Mob nicht um Mitglieder seiner Gemeinde, sondern um Auswärtige gehandelt. Der Protest im Ort hätte sich keinesfalls gegen die Geflüchteten gerichtet, sondern „gegen die große Politik“.[19] Das eingeübte Dreierlei aus Ignorieren, Relativieren bei konsequenter Umkehrung von Tätern und Opfern wird gerade in Sachsen in Dauerschleife aufgeführt. Die Äußerungen des Bürgermeisters stehen stellvertretend für so viele andere, die Neonazis nicht mal dann erkennen wollen wenn mit dem Hitlergruß, der sächsischen Variante der Willkommenskultur, salutiert wird und die brennenden Flüchtlingsheime vor allen Dingen für ein Image-Problem halten.

Tröglitz

Im Jahr 2015 hat der kleine Ort Tröglitz im Süden Sachsen-Anhalts weit über die Grenzen Deutschlands hinaus traurige Berühmtheit erlangt. Gleich zweimal eskalierte die Diskussion um Flüchtlinge in dem 2.700 Einwohner zählenden Ort: Erst trat im März der ehrenamtliche Bürgermeister Markus Nierth wegen NPD-geführter Anfeindungen zurück, einen Monat später brannte die bezugsfertige Flüchtlingsunterkunft. Inzwischen sei Normalität eingekehrt, sagte Landrat Götz Ulrich (CDU). Statt wie bisher zwölf sollen ab Januar 24 Flüchtlinge im Ort leben. Ulrich bemerkte: „Allein, dass wir weitere Wohnungen anmieten, zeigt, dass wir denken, dass wir es Tröglitz zumuten können und vor allem, dass wir es den Flüchtlingen zumuten können, dort zu leben“.[20]

Wie geplant sollten künftig 40 Flüchtlinge in den Ort kommen. Voraussetzung sei, dass weitere Vermieter Wohnungen anböten. Das seit dem Brandanschlag unbewohnbare Mehrfamilienhaus will der Landrat nicht mehr nutzen. „Der Eigentümer der Brandruine informierte uns, dass sie möglicherweise doch saniert wird, jedoch könnte sie frühestens Mitte 2017 fertig sein.“[21] Wegen dieser großen Verzögerung nehme der Landkreis Abstand von der Immobilie.

Die Bilanz des zurückgetretenen Bürgermeisters Nierth fällt weniger positiv aus. Tröglitz bleibt aus seiner Sicht zerrissen und hätte sich seit der Ankunft der ersten Flüchtlinge im Juni nur äußerlich beruhigt. Die demagogischen Schreckensszenarien der Rassisten hätten sich nicht bewahrheitet: „Wir haben hier vier Flüchtlingsfamilien, die den Müll trennen, die sich mühelos integriert haben und im Sport engagieren. Aber dafür haben wir einen Ort, der zerrissen ist. Beziehungen und Freundschaften sind zu Bruch gegangen, es gab unzählig viel Ärger und Streit, Verzweiflung und Angst.“[22]

Wochenlang gab es rechte Demonstrationen gegen die Flüchtlinge im Ort. Als die Behörden Proteste angeführt von der NPD direkt vor seiner Haustür nicht verboten, zog Nierth Anfang März die Notbremse. Sein ehrenamtliches Engagement gab er nicht auf. Für die drei afghanischen Familien, die inzwischen in Tröglitz leben, übernahm seine Familie die Patenschaft. Zudem richteten sie ein Begegnungscafé ein. „Künftig wollen wir das Begegnungscafé regelmäßig für Veranstaltungen nutzen, in denen wir die Familien jeweils mit Vereinen, Seniorengruppen oder Schülern zusammenbringen, damit sich alle besser kennenlernen“.[23] Für die angekündigten Neuankömmlinge seien schon weitere Paten im Ort organisiert.

Aufgeklärt wurde der Brandanschlag von Tröglitz in der Nacht zum 4. April 2015 bisher noch nicht. Im Oktober 2015 hatten die Behörden zwar einen Tatverdächtigen verhaftet. Sie mussten ihn jedoch wenig später freilassen, weil sich der Tatverdacht nicht erhärtet hatte.[24] Eine heiße Spur zu den Tätern gibt es nach Aussagen der Staatsanwaltschaft weiterhin nicht.

Heidenau

Rechte Demonstranten hatten in Heidenau, das in der Nähe von Dresden liegt, vor einem früheren Baumarkt, der nun als Notunterkunft für Flüchtlinge genutzt werden soll, mit Steinen, Flaschen und Böllern geworfen. Die Polizisten gingen mit Reizgas gegen die zum großen Teil betrunkenen Demonstranten vor. Nur unter Polizeischutz haben Dutzende Flüchtlinge die Notunterkunft im sächsischen Heidenau beziehen können. Nach Angaben von Reportern war die Polizei zunächst unterbesetzt und mit der Situation völlig überfordert.

Am frühen Freitagabend hatten zunächst mehrere Hundert Menschen gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Heidenau demonstriert, Neonazis und „besorgte Bürger“ zogen grölend durch die Stadt. Vor dem Haus von Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU) riefen sie „Volksverräter“ Die Veranstalter sprachen von mehr als 1.000 Teilnehmern. Zu dem Marsch hatte unter anderem die NPD aufgerufen, außerdem die von ihr gesteuerte rassistische Initiative „Heidenau-Hört zu.“.[25]

Im Anschluss daran blockierten Dutzende Demonstranten die Bundesstraße vor dem früheren Baumarktgebäude. Auf den beiden jeweils knapp 3.000 Quadratmeter großen Etagen des Baumarktgebäudes sollen künftig bis zu 600 Menschen unterkommen.

In Heidenau hatte am Samstag kurz vor ein Uhr morgens ein erster Bus mit Asylsuchenden verspätet das Gebäude erreicht. Bis zum Morgen kamen dann zwei weitere Busse an. Nicht einmal ein Dutzend Unterstützer von Flüchtlingen waren am Ort. Den Einzug der ersten Flüchtlinge beobachteten auch nach dem Polizeieinsatz noch gut 200 Menschen. Viele in der pöbelnden Menge hatten Bierflaschen in der Hand und schienen mehr oder weniger angetrunken.[26] Aus der Menge flogen dann Wurfgeschosse gegen die Polizei und es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Nur unter Schutz der inzwischen verständigten Polizeiverstärkung konnten die Flüchtlinge die Notunterkunft beziehen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) verurteilte scharf die Angriffe auf Flüchtlinge in Heidenau: „Wir dürfen niemals tolerieren, dass Menschen in unserem Land bedroht oder angegriffen werden. Dagegen müssen wir mit aller Härte des Rechtsstaates vorgehen. Gegenüber Fremdenfeindlichkeit und Rassismus gilt null Toleranz.“[27]

Die sächsische Landesregierung reagierte lediglich mit einem kurzen Statement von Innenminister Markus Ulbig (CDU): „Gegenüber Fremdenfeindlichkeit gilt in Sachsen null Toleranz. Wir werden auch die ausufernde Gewalt gegen Polizisten nicht tolerieren und die Straftaten mit aller Konsequenz verfolgen.“[28] Ulbig hatte am Freitag Heidenau besucht, führte dort Gespräche mit Landtagsabgeordneten und dem Bürgermeister, bei denen auch die neue Flüchtlingsunterkunft eine Rolle spielte.

Sachsens SPD-Chef Martin Dulig nannte die Vorfälle „schlichtweg beschämend“. Auf seiner Facebook-Seite schrieb Dulig, er verfolge die Meldungen über die Auseinandersetzungen um Flüchtlinge in Heidenau mit Abscheu und Entsetzen: „Dass solch blinder Hass und Ablehnung Asylbewerbern entgegenschlägt, welche vor Krieg, Not und Verfolgung geflohen sind, schockiert mich. Wir werden entschlossen und mit der ganzen Härte des Gesetzes gegen diese geistigen Brandstifter vorgehen. Dieser Rassismus und die gestern erlebte Fremdenfeindlichkeit werden nicht toleriert.“[29] Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Henning Homann, erklärte: „Die NPD versucht in Heidenau, die Situation politisch zu missbrauchen und zu eskalieren. Wer mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik auf Polizisten losgeht ist kein 'besorgter Bürger', sondern ein rechter Straftäter. Da darf nichts relativiert werden.“

Die rassistische Internetseite „Heidenau - Hört zu“ erklärte zunächst, die NPD und auch das Organisationsteam distanzierten sich von den Vorfällen. Später löschte sie diese Erklärung zum braunen Terror in der Stadt und behauptete, die Gewalt in Heidenau sei von der Polizei ausgegangen. Diese habe massiv Tränengas und Rauchgranaten eingesetzt, auch ältere Bürger geschlagen. „Einige“ der Demonstranten hätten sich dann „mit Steinen, Knallern und Flaschen“ gewehrt. Die Initiative forderte ihre Anhänger auf, Videos einzusenden, die belegen sollen, „wie gewaltbereit die Polizei vorgegangen ist“.[30]

Der Dresdner Polizeisprecher Marko Laske widersprach dieser Darstellung vehement: „Die Gewalt ging nicht von der Polizei aus. Punkt.“ Im Gegenteil habe es „massive Angriffe“ aus der Gruppe der Demonstranten gegen die Polizei gegeben: „Aus der Menschenmenge heraus wurden Polizeibeamte vehement mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen. Zudem kam es zu Sachbeschädigungen. Weiterhin gab es wiederholte Blockadeversuche, auch unter Zuhilfenahme von Baustelleneinrichtungen.“[31] Insgesamt waren 136 Beamte im Einsatz. 31 Polizisten sind bei der Gewalt in Heidenau verletzt worden, einer von ihnen schwer. Das Rote Kreuz hatte in der Nacht zunächst zehn Verletzte gemeldet.

Lutz Bachmann von Pegida äußerte auf seiner Facebook-Seite allen Ernstes, diese „besoffenen, kotzhohlen NPD-Flachzangen“ seien vom Verfassungsschutz geschickt, „um Stimmung zu machen und zur Eskalation beizutragen“.[32]

Nach Aussagen der Landespolizei soll auf dem Gelände des Baumarktes ein Wachdienst für Ordnung und Sicherheit sorgen. Außerhalb werde das Terrain verstärkt von der Polizei überwacht.

Freital

Überraschend kamen die rassistischen Eskalationen im Juni 2015 in Freital nicht. Doch hatte sich schon vor Wochen eine „Bürgerwehr gegen Flüchtlinge“ gegründet, tätliche Angriffe auf Asylsuchende blieben nicht aus. Immer wieder gab es Demonstrationen des Pegida-Ablegers Frigida.[33]

Die CDU als stärkste politische Kraft in Freital lieferte den Rechten regelmäßig Argumente. Der Anfang Juni gewählte neue Freitaler CDU-Oberbürgermeister Uwe Rumberg zweifelte nach seiner Wahl bei der Mehrzahl der Flüchtlingen an deren Integrationswillen: „Es muss stärker unterschieden werden zwischen wirklich Hilfsbedürftigen und sogenannten Glücksrittern, die nach Deutschland kommen, um auf Kosten der Gemeinschaft ein sorgloses Leben ohne Gegenleistung zu führen.“[34]

Am Wochenende vor den rassistischen Ausschreitungen war Bundesinnenminister Thomas de Maiziere in Freital, bei einem von seiner CDU organisierten „Bürgerforum zum Thema Asyl“ in Freital. Auch Pegida-Propagandist Lutz Bachmann und seine Mitstreiterin Tatjana Festerling saßen im Publikum, vor dem Veranstaltungsgebäude demonstrierten AfD, NPD-Vertreter und „besorgte Bürger“ gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Festerling bezichtigte de Maizière anschließend auf Facebook, in der Debatte mit falschen Zahlen zu operieren.[35]

Drei Tage später wurde dann klar, dass der Bundesinnenminister zumindest eines bei seinem Besuch in Freital nicht erreicht hat: „Willkommenskultur“ zu vermitteln. Denn am Montagabend wurde, für viele in der Stadt überraschend, bekannt, dass im ehemaligen Hotel „Leonardo“, wo seit einigen Wochen Asylbewerber untergebracht wurden, bis zu 280 weitere Flüchtlinge unterkommen sollen. Dies sei eine „Interimslösung für die Erstaufnahme“, wie die zuständige Landesdirektion Sachsen erläuterte.[36]

Auf rassistischen Internetseiten in Sachsen wurde zu „Spontandemonstrationen“ mobilisiert. Auch Lutz Bachmann machte sich unmittelbar nach der Kundgebung in Dresden auf nach Freital. Auf Facebook hetzte er gegen die „Überrumpelungsaktion“, bei der „unangemeldet 150 Asylanten angekarrt“ worden seien. „Das muss ein Ende haben! Auf die Straße! Wehrt Euch!“[37] Weiterhin schrieb er von „Abgründen der Korruption und Geschäftemacherei mit Asylanten“, es gehe um „jede Menge Kohle, die sich mit den Glücksrittern aus Afrika machen lässt“. Der Noch-Oberbürgermeister der Stadt, Klaus Mättig (CDU), beklagte sich über die Entscheidung seiner Parteifreunde: „Als die Landesdirektion am Freitag anrief, hieß es noch, Freital wird keine Erstaufnahmeeinrichtung. Und jetzt werden wir vor vollendete Tatsachen gestellt!“

Immer wieder gab es auch Aufrufe zur Gewalt. Ein anonymer User schrieb auf einer der Facebook-Seiten von Bachmann: „Lutz, irgendwie bringen friedliche Spaziergänge' nichts. Müssten nicht langsam mal schwerere Geschütze aufgefahren werden?"[38] Auch auf der rassistischen Facebook-Seite "Freital wehrt sich. Nein zum Hotelheim" entlud sich der Hass. Dort wurde schon vor Wochen angekündigt, der sächsischen Stadt die „entscheidende Rolle für ein Ende der Asylwirtschaft“ zu geben. Kommentatoren dort schrieben: „Kauft Euch Hunde, bringt Frauen und Kinder in Sicherheit!“ Auch zu einem Brandanschlag gegen den Bus mit den Asylsuchenden wurde aufgerufen: „Kann nicht jemand auf den Tank vom Bus schießen?“[39]

Die Aufrufe zum Protest verfehlten ihre Wirkung nicht. Rund 100 Anwohner demonstrierten gegen die neuen Flüchtlinge. Ihnen gegenüber standen 15 bis 20 Menschen, die Solidarität mit den Flüchtlingen zeigten, von Bachmann wurden sie als „SAntifa-Einsatzstaffel“ verunglimpft.

Die Bewohner des Flüchtlingsheims wurden aufgefordert, die Fenster zu schließen. Augenzeugen zufolge flogen Böller. Die Polizei reagierte verspätet - und aus Sicht von Flüchtlingsaktivisten auch falsch. Zunächst war sie gar nicht vor Ort. Später war dann zunächst nur ein Einsatzwagen am ehemaligen Hotel.

„Freital wehrt sich“ schrieb, mehr als 100 Bürger würden ihren „Unmut gegen die Verarschung“ kundtun. Ihnen gegenüber „stehen 15 Gutmenschen. Dazwischen ein Auto der Polizei.“[40] Erst am späten Abend waren dann laut Polizei gut ein Dutzend Polizisten vor Ort. Der Sprecher des sächsischen Innenministeriums, Martin Strunden, erklärte knapp: „Die Vorfälle sind beschämend und lenken von dem Engagement vieler für Asylbewerber ab.“ Die Polizeidirektion Dresden versicherte, die Beamten hätten „im Gespräch mit den anwesenden Personen der angespannten Stimmung entgegengewirkt“. Zu Auseinandersetzungen sei es nicht gekommen. Personalien der rassistischen Demonstranten wurden trotz Straftaten offenbar durch die Beamten nicht aufgenommen. Die Leitung des Heimes wollte sich nicht zu den Vorfällen äußern.

Eine Flüchtlingsaktivistin in Freital stellte fest, es habe eine „gewisse Art von Pogromstimmung“ geherrscht: „Die Polizei war nicht in der Lage einzugreifen und die Rassisten wegzuschicken.“ Die drohenden Auseinandersetzungen um die Unterkunft beschrieb sie folgendermaßen: „Vergleiche mit Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen sind durchaus angebracht.“[41]

Die Internetseite Alternative Dresden News (ADDN) stellte die Frage, warum so wenig Polizei bei den rassistischen Protesten gewesen sei und verglich dies mit einem Einsatz kürzlich in Dresden, als die Polizei mit einem „riesigen Aufgebot“ einen Aufmarsch von 120 Neonazis durchgesetzt habe. Petra Zais, migrationspolitische Sprecherin der Grünen im sächsischen Landtag, zeigte sich über die Vorfälle, entsetzt.[42] Ihre Fraktion warne schon seit Februar davor, dass die Situation in Freital vollends kippen könne – und sich Szenen wie einst in Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenhagen abspielen könnten. Die „Nein-zum-Heim-Bewegung“ in Freital sei als aggressiv bekannt, hinzu komme eine Art rechte Bürgerwehr, die Flüchtlinge auch militant einzuschüchtern versuche. Sie kritisierte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) scharf: „In dieser Situation Öl ins Feuer zu gießen und – weitgehend ohne vorherige Abstimmung und Kommunikation – aus dem als zentrale Unterkunft genutzten Hotel künftig ein Durchgangslager für Erstaufnahmen zu machen, ist entweder fahrlässig oder dumm – oder es hat Methode.“[43]

Juliane Nagel, Flüchtlingspolitikerin der Linken-Landtagsfraktion, sagte zu den rechten Protesten gegen Flüchtlinge: „Seit Monaten marodieren in Freital Rassisten gegen die Asyl-Unterkunft. Nun riskiert das sächsische Innenministerium wissentlich die Unversehrtheit dieser Menschen, indem dort eine Erstaufnahmeeinrichtung eröffnet wird. Das ist brandgefährlich und nicht akzeptabel." Seit April habe es mindestens zehn Übergriffe gegen Flüchtlinge gegeben, „das heißt, die Sicherheitsbehörden sind nicht in der Lage oder willens für Schutz zu sorgen“.[44] Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Henning Homann, warf den Pegida-Organisatoren eine „besonders erschreckende Stimmungsmache“ vor: „Manche geistigen Brandstifter unterscheiden sich von militanten Straftätern nur noch durch die Tat. Ich warne vor einer Normalisierung des Rassismus in unserem Land.“[45]

Ein normales Wochenende im Herbst 2015

In Magdeburg ging in der Nacht zum Sonntag eine Gruppe Neonazis mit Baseballschlägern auf syrische Flüchtlinge los, drei der Opfer mussten nach Polizeiangaben im Krankenhaus behandelt werden. Bei dem Überfall konnten Zivilpolizisten eingreifen und Schlimmeres verhindern. Dennoch erlitten mehrere Syrer Prellungen und Verletzungen im Gesicht. Die 20 bis 30 dunkel gekleideten Angreifer flüchteten in alle Richtungen. Ein 24-jähriger Beschuldigter wurde später festgenommen.[46]

Im sächsischen Freital warfen Unbekannte illegale Feuerwerkskörper auf ein Asylbewerberheim. Dabei wurden in der Nacht zum Sonntag mindestens drei Fenster von bewohnten Zimmern im Erdgeschoss beschädigt. Ein Bewohner erlitt Verletzungen im Gesicht. Eine rechte Motivation sei „sehr wahrscheinlich“, teilte die Polizei mit.[47] Freital hatte im Juni 2015 durch rassistische Aufmärsche gegen eine Flüchtlingsunterkunft in der Vergangenheit bundesweit Schlagzeilen gemacht (siehe oben). Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) verurteilte den Anschlag in Freital als „feige und kaltblütig“. Die Täter hätten schwere Verletzungen oder gar Schlimmeres billigend in Kauf genommen. Die Taten müssten „empfindlich“ bestraft werden. Die Angreifer müssten wissen, „dass für sie kein Platz in unserer Gesellschaft ist“.

In Sehnde wurde im Eingangsbereich eines Fachwerkhauses, in dem Flüchtlinge untergebracht sind, Feuer gelegt.[48] Passanten bemerkten den Brand am Sonntag um 1 Uhr morgens. Die Feuerwehr konnte die Flammen schnell löschen, so dass niemand verletzt wurde. Unter Tatverdacht steht ein 43-jähriger Mann, der festgenommen wurde, wie die Polizei mitteilte. In der Nacht zum Samstag brannten zudem im sächsischen Dippoldiswalde mehrere Wohncontainer, in denen Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Auch hier geht die Polizei von Brandstiftung aus. Der Schaden beläuft sich nach Schätzungen auf 300.000 Euro. In Dresden brannte etwa zur selben Zeit ein ehemaliges Hotel. Durch Feuer auf mehreren Etagen wurde auch dieses Gebäude unbewohnbar. Medienberichten zufolge sollten dort Flüchtlinge untergebracht werden. Die Polizei konnte dies zunächst jedoch nicht bestätigen. Auch die Brandursache ist demnach noch unklar.

Attentat auf Henriette Reker

Einen Tag vor ihrer Wahl zur Kölner Oberbürgermeisterin verübte ein Neonazi am 17. Oktober 2015 mit einem Messer ein Attentat auf Henriette Reker und verletzte sie sowie eine weitere Frau schwer, drei weitere Personen leicht. Reker war als Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt der Stadt Köln auch für die kommunale Unterbringung von Flüchtlingen im Rahmen der Flüchtlingspolitik in der BRD zuständig.

Das Attentat ereignete sich am 17. Oktober 2015, einen Tag vor der Oberbürgermeisterwahl in Köln am 18. Oktober 2015. Die parteilose Kandidatin für das Oberbürgermeisteramt Reker betrat gegen 9 Uhr einen Wochenmarkt in Köln-Braunsfeld, um an Wahlkampfständen der Kölner CDU, Grünen und FDP, die ihre Kandidatur gemeinsam unterstützten, präsent zu sein. Am CDU-Stand wurde Reker kurz darauf vom Täter mit einem 30 Zentimeter langen Bowiemesser in den Hals gestochen. Vier weitere Personen wurden ebenfalls verletzt, eine davon schwer.

Dort wurde der Täter, dessen Überwältigung von einem zufällig anwesenden Bundespolizisten unterstützt worden war, festgenommen. Eine ebenfalls privat anwesende Ärztin leistete bis zum Eintreffen weiterer Rettungskräfte Erste Hilfe. Reker überlebte das Attentat nach einer Notoperation im Universitätsklinikum Köln. Einen Tag danach gewann sie, noch im künstlichen Koma auf der Intensivstation, die Oberbürgermeisterwahl.

In einem offenen Brief vom 6. November 2015 bedankte sich Reker unter anderem bei „den Menschen, die sich in höchster Gefahr schützend vor mich gestellt (…) und geholfen haben, den Angreifer abzuwehren“ und stellte ihren Amtsantritt in Aussicht, sobald es ihr gesundheitlich möglich sei.[49] Am 20. November 2015, nach abgeschlossener Rehabilitationsbehandlung, trat Reker schließlich ihr Amt als Oberbürgermeisterin an.

Neben der eigentlichen Zielperson des Anschlags wurden vier weitere Personen verletzt, darunter die CDU-Politikerin Marliese Berthmann. Berthmann wurde vom Täter mit einem Butterfly-Messer in die linke Lende gestochen.[50] Die FDP-Ratsfrau Katja Hoyer erlitt eine Stichwunde an der linken Wange. Anette von Waldow (FDP) wurde durch zwei Stiche verletzt. Pascal Siemens (Grüne) erlitt einen tiefen Schnitt im rechten Arm.[51]

Nach Polizeiangaben handelte es sich bei dem Täter um einen 44 Jahre alten, arbeitslosen gelernten Maler und Lackierer aus Köln-Nippes der nach Angaben der Bundesanwaltschaft aus rassistischen Motiven gehandelt hat. Er beging die Tat „aus Unzufriedenheit mit der Asylpolitik Henriette Rekers im Rahmen der Flüchtlingskrise“.[52] Nach Aussage des Generalbundesanwalts wollte der Täter ein Klima der Angst bei allen in Flüchtlingsunterkünften untergebrachten Personen erzeugen.[53] Polizeibeamten gegenüber äußerte sich er kurz nach seiner Festnahme mit den Worten „Ich wollte sie töten, um Deutschland und auch der Polizei einen Gefallen zu tun“ und „Ich wollte in 20 Jahren nicht in einer muslimisch geprägten Gesellschaft leben“.[54] Seine politische Vorgeschichte geht zurück auf die neonazistische Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei (FAP), zu der er Anfang der 1990er Jahre Kontakt gepflegt hatte.[55] Er war zum Zeitpunkt der Tat mehrfach vorbestraft: In den Jahren 1996, 1997 und 1998 verurteilte das Amtsgericht Bonn ihn jeweils wegen Körperverletzung.[56]

Gegen den Täter wurde ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung in vier Fällen eingeleitet.[57] Der Neonazi wollte nach Angaben der Generalbundesanwaltschaft „ein Zeichen“ gegen die aus seiner Sicht immer höher werdende Anzahl der von der Bundesrepublik aufgenommenen Flüchtlinge setzen.[58] Er gab gegenüber Ärzten und Psychologen an, sich vor seiner Tat „Mut angetrunken“ zu haben.[59] Am 28. Oktober 2015 erließ die Generalbundesanwaltschaft Haftbefehl gegen den Attentäter. Am 2. Februar 2016 erhob sie Anklage gegen ihn wegen versuchten Mordes und Körperverletzung in fünf Fällen, die am Oberlandesgericht Düsseldorf vor dem Staatsschutzsenat verhandelt wird.[60]

Das Attentat hatte eine große mediale Resonanz und wurde auch international aufgegriffen.[61]

Noch am Tag des Attentates bildeten zahlreiche Bürger sowie Vertreter der nordrhein-westfälischen Landespolitik vor dem Kölner Rathaus eine Menschenkette als Zeichen der Solidarität mit Reker und gegen Gewalt. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft bezeichnete den Anschlag als „Angriff auf uns alle“.[62]

Auch aus der Zivilgesellschaft kamen Solidaritätsbekundungen für Reker. Die irische Rockband U2 widmete Reker bei ihrem Kölner Auftritt am Tag der Tat den Song Pride.[63] Der Bundesligaverein FC Schalke 04 zeigte sich „erschüttert über das Ausmaß an Radikalisierung, Hass und Gewalt“ und übermittelte Henriette Reker öffentlich Genesungswünsche. Der Opernregisseur Bruno Berger-Gorski bringt das Attentat im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise in seiner Inszenierung von Josef Tals israelischer Kammeroper „Der Garten“ in der Bonner Bundeskunsthalle auf die Bühne.[64]

Bundesjustizminister Heiko Maas gab dem fremdenfeindlichen Demonstrationsbündnis Pegida eine Mitschuld, da Pegida die Hemmschwelle dafür senke, dass „aus Worten Taten werden“.[65]

Auch Bundespolitiker verschiedener Parteien warfen Pegida vor, den Boden für den Anschlag bereitet zu haben. Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Armin Laschet forderte Pegida-Mitläufer auf, „nach Köln“ zu schauen, und warnte vor Menschen, die sich von „gefährlichen Worten und Bildern möglicherweise zu Taten anstacheln lassen“.[66] Die SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi bezeichnete die Pegida-Organisatoren als „Demokratiefeinde“ und „geistige Brandstifter“ und machte Rechte für das vergiftete Klima verantwortlich, aus dem der Anschlag erwachsen sei.[67] Auch die Bundesvorsitzende der Linken Katja Kipping konstatierte „eine neue Unverfrorenheit, auch eine neue Gewalteskalation“, die jeden treffen könne, wenn „der braune Mob einmal loslegt. (…) Pegida, AfD und Co. haben ganz klar eine gesellschaftliche Stimmung mit angeheizt, die dann zu solchen erschreckenden Übergriffen führt.“[68]

Gerd Landsberg, Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, forderte eine nicht näher definierte Verschärfung des Strafrechts, um Politiker besser vor Drohungen und Gewalttaten zu schützen. Droh-E-Mails und Hasskommentare sollten bei einer zentralen Sammelstelle gemeldet werden.[69]

Schändung des Denkmals für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas

Nicht nur Flüchtlinge oder ihre Unterstützer aus Politik und Öffentlichkeit wurden Zielscheibe des rechten Hasses. Alle Personengruppen, die nicht in das Weltbild der Neonazis passen, mussten oder müssen befürchten, früher oder später deren Opfer zu werden. So wurde im Herbst 2015 das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas mit einem Hakenkreuz und der Aufforderung „Vergasen“ geschändet.

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas wurde am 24. Oktober 2012 im Beisein der Bundeskanzlerin Angela Merkel und des Bundespräsidenten Joachim Gauck eingeweiht.[70] Es befindet sich in Berlin-Mitte etwas südlich des Reichstages. Der israelische Künstler Dani Karavan schuf ein kreisrundes Wasserbecken mit zwölf Metern Durchmesser mit schwarzem Grund. In die Beckenmitte platzierte der Künstler eine dreieckige steinerne Stele, die von oben gesehen an den Winkel auf der Kleidung der KZ-Häftlinge erinnert. Auf der Stele liegt eine frische Blume. Immer wenn sie verwelkt ist, versinkt der Stein in einen Raum unter dem Becken, wo eine neue Blume auf den Stein gelegt wird, um danach wieder hochzufahren und aus dem Wasserbecken emporzusteigen.

Nun wurde das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma im Zentrum wurde mit Hakenkreuzen beschmiert.[71] Die Täter hinterließen unter anderem den Schriftzug „Vergasen". Dies teilte die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas Ende Oktober 2015 in Berlin mit. Die Schmierereien sind inzwischen entfernt worden. Die Stiftung, die auch für die Betreuung des Denkmals zuständig ist, habe Anzeige erstattet und die Sicherheitsmaßnahmen an der Gedenkstätte nahe dem Brandenburger Tor verstärkt. Der Staatschutz wurde eingeschaltet und ermittelt nun gegen Unbekannt.

Politiker und Funktionäre verurteilten den Anschlag auf das Schärfste und forderten ein entschlosseneres Vorgehen gegen Antiziganismus. Uwe Neumärker, Direktor der Stiftung Denkmal, bezeichnete den Anschlag als „aggressiven Antiziganismus“.[72] Romeo Franz, Direktor der Hildegard Lagrenne Stiftung und Komponist des Musikstückes am Denkmal, bezeichnete den Vorfall als „Angriff auf den Prozess der Versöhnung“. Er treffe viele Sinti und Roma mit ihrer leidvollen Familiengeschichte persönlich: „Auch in Deutschland erfahren unsere Menschen 70 Jahre nach dem Völkermord noch immer tagtäglich Ausgrenzung und Diskriminierung."[73] Der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sagte, die Schändung, die „in diesem Ausmaß erstmals am Denkmal stattgefunden hat, zeigt, dass die Rechtsextremisten in der momentanen Krise jetzt die Gelegenheit sehen, den Geist Hitlers wieder neu zu beleben“. Der Zentralrat kündigte an, nicht nur Strafanzeige wegen Volksverhetzung, sondern auch wegen Bedrohung zu erstatten. Rose führte aus: „Den Tätern kam es mit dem Begriff 'Vergasen' offensichtlich darauf an, zur Gewalt gegen die Minderheit aufzurufen, die Opfer des Holocausts in Auschwitz und den anderen Vernichtungslagern wurde".[74]

Die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, Christine Lüders, bezeichnete den Anschlag als „abscheuliche Tat". Die Feindschaft gegenüber Sinti und Roma habe in Deutschland keinen Platz. Lüders führte aus: „Wir dürfen es nicht hinnehmen, wenn Sinti und Roma in Deutschland diskriminiert werden und antiziganistische Hetze verharmlost wird".[75]

Die innenpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Ulla Jelpke, sprach von einem dreisten Anschlag auf das Gedenken Hunderttausender NS-Opfer. Sie gehe davon aus, dass diese „widerliche Tat“ auch ein Produkt des Hasses sei, der von der islamfeindlichen „Pegida“-Bewegung "und anderen Rassisten" gesät werde. Es sei wichtig, dass die Demokraten in Deutschland nun dagegenhielten und sich mit Flüchtlingen solidarisierten. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Volker Beck, forderte ein entschlosseneres Vorgehen gegen Antiziganismus: "Taten wie diese veranschaulichen die hässlichen Abgründe der deutschen Gesellschaft, doch sie haben keine Konsequenzen".[76] Die deutsche Gesellschaft müsse die Tat als einen "Anschlag auf die Menschenwürde und unser aller Freiheit" sehen.

Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern bilanzierte: "Ich verurteile diese widerliche Tat auf das Schärfste und fühle mit den Sinti und Roma. Doch trifft diese Tat nicht nur die Sinti und Roma. Sie trifft unsere Gesellschaft im Kern. Diese rassistische Schändung ist ein weiteres Zeichen unserer Zeit, in der offene Fremdenfeindlichkeit, völkisch-nationale Parolen und rechtsextremes Gedankengut im öffentlichen Diskurs immer präsenter und lauter werden. Die politische Kultur Deutschlands steht unter Beschuss von radikalen Scharfmachern. Das ist der Nährboden für derartige Schändungen und Schmähzuschriften, für die tägliche Gewalt gegen Flüchtlingseinrichtungen, für das Attentat auf Henriette Reker und für die unerträglichen digitalen Exzesse, die wir im Internet erleben. Angesichts dieser Situation in unserem Land müssen bei allen wehrhaften freiheitlichen Demokraten in Politik und Gesellschaft die Alarmglocken schrillen".[77]

Rassismus in Schweden

Auch in anderen Ländern Europas kommt es zur Stärkung von rechten und rassistischen Parteien und zu Übergriffen gegen Flüchtlingen. Schweden, das jahrzehntelang als tolerantes und freizügiges in Bezug auf Migration galt, zeigt plötzlich ein neues hässliches Gesicht.

Die wachsende Ablehnung der Einwanderung von Flüchtlingen und damit verbundene latente rassistische Stimmung war der Nährboden für Übergriffe auf Flüchtlinge, Brandanschläge auf deren Unterkünfte oder andere Gewalttaten bis hin zu Mord.

Bei einem Brandanschlag auf eine Moschee in Schweden am 23.12.2014 sind fünf Menschen verletzt worden. Der Sprengsatz entfachte einen Brand in dem Gotteshaus in Eskilstuna, rund 90 Kilometer westlich von Stockholm. In der Moschee, die sich im Erdgeschoss eines Wohnhauses befindet, hielten sich 15 bis 20 Menschen auf. Die Verletzten wurden mit Rauchvergiftungen, Schnittwunden und Knochenbrüchen ins Krankenhaus gebracht. Die Polizei leitete Ermittlungen wegen schwerer Brandstiftung ein. Der Vorsitzende der Vereinigung der Muslime in Schweden, Omar Mustafa, sagte im Radiosender SR, das Land erlebe einen zunehmenden „Hass gegen Muslime.“[78]

Aus rassistischen Motiven hat ein Mann, mit einem Schwert bewaffnet, in einer Schule in der Industriestadt Trollhättan Anfang 2015 einen Lehrer und einen Schüler getötet. Der Täter hatte im Internet Material verbreitet, in dem Adolf Hitler und Nazi-Deutschland glorifiziert wurden. Es ging demnach auch um Hetze gegen den Islam und Einwanderer.

Die schwedischen Medien berichteten im Oktober 2015 fast täglich von Zwischenfällen im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften.[79] Ein Brand, der in einem bereits bewohnten Heim ausgebrochen war, wurde von der Polizei als „nicht spontan entstanden“ bezeichnet. Einen Tag später wurde in ein Gebäude nördlich von Stockholm eingebrochen, das als Flüchtlingsunterkunft vorgesehen war. Die Täter konnten jedoch fliehen, als Mitarbeiter eines Überwachungsdienstes auftauchten. Die Polizei fand später im Gebäude einen vorbereiteten Brandsatz. Andere Feuer in verschiedenen Teilen des Landes hatten ebenfalls einen rassistischen Hintergrund. So brannten in Arlöv in der Provinz Skaane Baracken nieder, in denen allein ankommende minderjährige Flüchtlingskinder untergebracht werden sollten.

In Städten wie Malmö an der Südspitze Schwedens oder Umeaa weit im Norden beschlossen die dortigen Behörden, die Adressen von vorgemerkten Gebäuden zur Unterbringung von Flüchtlingen aus Angst vor möglichen Brandanschlägen geheim zu halten.

Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven zeigte sich über die Serie von Brandanschlägen „sehr beunruhigt“. Dies sei „nicht das Schweden, das er sehen wollen und auf das er stolz sei“. Gleichzeitig betonte er aber auch, dass das Land bei der Unterbringung von Flüchtlingen an die Grenzen seiner Kapazität stosse und gab damit der Ablehnung von Flüchtlingen weitere Nahrung.[80]

Der gewaltsame Tod der 22-jährigen Flüchtlingshelferin Alexandra Mezher, die von einem 15-jährigen Jugendlichen Anfang Februar 2016 in einem Flüchtlingsheim erstochen wurde, schürte eine rassistische Pogromstimmung. Maskierte Männer hetzten in den folgenden Tagen Flüchtlinge durch die Straßen der schwedischen Hauptstadt: 50 bis hundert Angreifer gingen auf zufällig ausgewählte Migranten los. „Gebt den nordafrikanischen Straßenlümmeln die Prügel, die sie verdienen", war auf den Flugzetteln zu lesen, die die Angreifer in Stockholm verteilt hatten. Die Polizei konnte die Angreifer vertreiben.[81]

Das Svenska Dagbladet, eine der auflagestärkten Zeitungen in Schweden, schürte diese Stimmung und forderte die Ausweisung von straffällig gewordenen Ausländern.

Löfven war nach dem Mord sofort zum Ort des Geschehens geeilt, ein Vorort von Göteborg im Südwesten des Landes. Dort ist die Situation aufgrund der hohen Zahl der Flüchtlinge besonders angespannt. "Es gibt keine einfachen Lösungen", sagte der Regierungschef. Die Regierung kündigte in den folgenden Tagen an, die Ausweisung von Flüchtlingen, deren Asylantrag abgelehnt wurde, mit mehr Nachdruck als bisher zu verfolgen. Mindestens 60.000 Menschen wären allein für das Jahr 2015 davon betroffen.

Der schwedische Geheimdienst hat als Verantwortliche für die diese Übergriffe Hooligans von lokalen Fußballclubs im Visier. Vor allem aus den Reihen der "Ultras" der beiden Stockholmer Clubs AIK und Djurgarden sollen die Männer gekommen seien, die in der Stockholmer Innenstadt Jagd auf die Flüchtlinge gemacht hatten.

In Schweden hat die Polizei Anfang März 2016 14 Männer festgenommen, die offenbar ein Flüchtlingsheim überfallen wollten.[82] Bei den Verdächtigen wurden Äxte, Messer und Eisenrohre gefunden. Die Ermittler gehen davon aus, dass eine Flüchtlingsunterkunft in Nynashamn, 60 Kilometer südlich von Stockholm, das Ziel des geplanten Anschlages war.

Neben den etablierten Parteien sind vor allem die rechten Schwedendemokraten mit ihrer rassistischen Hetze der ideologische und praktische Wegbereiter für Brandanschläge und gewalttätigen Übergriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte. So starteten die Schwedendemokraten zum Beispiel in dem Transitland Dänemark eine öffentlichkeitswirksame Kampagne, dass Schweden „voll“ sei.[83]

Die Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna) wurden 1988 gegründet, seit 2005 ist Jimmie Äkesson ihr Vorsitzender.[84] Seit der Parlamentswahl 2010 sind die Schwedendemokraten im schwedischen Reichstag vertreten.

Im Herbst 2010 reklamierten die Schwedendemokraten etwa 5.000 Mitglieder für sich. Es gibt dreizehn regionale Verbände sowie etwa 200 lokale oder kommunale Vereinigungen. Hauptthemen der Partei sind die Integrations-, Zuwanderungs-, Wirtschafts- und Familienpolitik.

Die Schwedendemokraten wollen die Steuern senken und den Einfluss der Politik auf die Wirtschaft begrenzen sowie kleine und mittelständische Unternehmen stärken. Durch eine rigidere Asyl- und Einwanderungspolitik will die Partei die Kosten, „die das multikulturelle Gesellschaftsexperiment verschlingt“, einsparen. Sie argumentiert, so seien Steuersenkungen möglich, ohne gleichzeitig Sozialleistungen kürzen zu müssen. In der Gesellschaftspolitik wird die traditionelle Familie in Form von Mann, Frau und Kindern bevorzugt. Zudem setzen sich die Schwedendemokraten für die Abschaffung der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie gegen das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare ein.

Die bisherige Einwanderungs- Integrationspolitik wird als gescheitert betrachtet. Die Schwedendemokraten bezeichnen sich selbst als einzige Partei, die dies offen auszusprechen wage. Die Einwanderung habe soziale und ökonomische Probleme hervorgerufen, die es zu lösen gelte: „Eine homogene Gesellschaft hat bessere Voraussetzungen, eine friedliche und demokratische Entwicklung zu nehmen, als eine heterogene.“ Die Schwedendemokraten befürworten deshalb eine strikte Beschränkung der Einwanderung sowie die Ausweisung größerer Gruppen von Ausländern. Die Vision der Schwedendemokraten ist das „Volksheim“, eine homogene Gemeinschaft aller Schweden ohne störende Migranten.[85]

Die lange Zeit dominante Form des klassischen, biologistisch argumentierenden Rassismus, transformiert sich bei den Schwedendemokraten zunehmend zu einem kulturalistisch argumentierenden Rassismus. Mittlerweile wird eher weniger auf „Rasse“ oder „Gene“, sondern mehr auf die angeblich unveränderliche „Kultur“ eines Menschen verwiesen, um ihn als „Störfaktor“ innerhalb einer homogen vorgestellten Gesellschaft zu klassifizieren. Es wird von einer „Völkerwanderung“ fabuliert, welche die „kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Grundlagen“ Schwedens und Europas zu „zertrümmern“ drohe. Die Flüchtlinge würden „Konflikte aus aller Welt“, „archaische Sitten“ und „unüberbrückbare kulturelle Unterschiede“ nach Schweden importieren.[86]

In der Außenpolitik sehen die Schwedendemokraten „traditionelle schwedische Werte“ und die schwedische Kultur durch Einwanderung, eine aus ihrer Sicht stattfindende „Islamisierung“, Globalisierung und so genannten kulturellen US-Imperialismus bedroht.[87] Darüber hinaus lehnen die Schwedendemokraten supranationale Einheiten wie die Europäische Union ab und befürworten stattdessen die Zusammenarbeit zwischen einzelnen Staaten, vor allem zwischen den Ländern Nordeuropas. Sie lehnen überdies eine eventuelle EU-Mitgliedschaft der Türkei ab.

Die Hetze der AfD

Mit ihrer rassistischen Hetze ist die AfD der ideologische und praktische Wegbereiter für die zahllosen Brandanschläge und gewalttätigen Übergriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte.[88]

Es gibt vielmehr seit Jahrzehnten ein nachweisbares hohes Einstellungspotential innerhalb der „Mitte der Gesellschaft“, das nun durch die AfD zur Wahl einer rechten Partei ermuntert und nur noch in Stimmzetteln umgemünzt werden musste.[89] Es gelang in den letzten Jahrzehnten abgesehen von den Wahlerfolgen der NPD in Sachsen, der DVU in Sachsen-Anhalt 1998 und den „Republikanern“ in Baden-Württemberg 1996 keiner rechten Partei dieses schlummernde rechte und demokratiefeindliche Potential auch nur annähernd abzurufen. Nur dank der Inkompetenz der bisherigen etablierten rechten Parteien und zivilgesellschaftlicher Gegenwehr – in welcher Form auch immer- blieb eine elektorale Stärke von Rechs bisher aus. Die CSU/CDU und auch die FDP saugten mit ihren jeweiligen starken rechten Flügeln diese Wählerschichten auf. Der schwindende Einfluss der Stahlhelm-Fraktion in der CDU/CSU und die Annäherung der Politik Angela Merkels an moderne Überzeugungen ließ Platz für eine Partei rechts von der CDU/CSU, den die AfD nun ausfüllt.

Die „Alternative für Deutschland“ ist eine rechtspopulistische Partei mit einer nationalistischen, rassistischen, antifeministischen, und antisozialen Agenda.[90]

In ihrem Wahlprogramm spricht die AfD in beinahe apokalyptischem Duktus davon, dass Zukunft der BRD durch die „verfehlte Eurorettungspolitik“, die „kopflose Energiewende“ und die „völlig verantwortungslose Asyl- und Flüchtlingspolitik“ gefährdet sei. Sie fühle sich bedroht durch „grüne und rote Ideologen“ und einer „Allianz der Altparteien“, die das Land in den „kulturellen und ökonomischen Ruin“ treiben würden. Gegen den von ihr ausgemachten „rapiden Verfall der Demokratie und des Rechtsstaates“ postuliert sie „Freiheit und Selbstverantwortung, gesundes Selbstbewusstsein und Heimatliebe, direkte Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, ideologiefreien Realismus und ökonomische Vernunft, Bürgersinn und Tradition“.[91] Doch hinter diesen Worthülsen verbirgt sich stramm rechtes Gedankengut.

Die AfD grenzt sich von der Politik der Bundesregierung ab, der sie vorwirft, sich nicht um die „Interessen des Volkes“ zu kümmern.[92] Die Alternative soll in der radikalen Bevorzugung des nationalen Kollektivs gegenüber dem Rest der Menschheit liegen. So solle das Geld, das für die Eurorettung aufgewendet wird, lieber für Deutschland ausgegeben werden. Die AfD setzt auf die kompromisslose Abschottung des Nationalstaats. So fordert sie die Aussetzung des Schengen-Abkommens und die Wiedereinführung von Grenzkontrollen. Sie will die Zeit zurückdrehen und würde wohl am liebsten die Deutsche Mark wieder einführen. Dem Rechtspopulismus geht es weniger um die pragmatische Verwaltung des Bestehenden als um nationale Identität und die Simulation politischer Handlungsfähigkeit. Maßnahmen wie die von der AfD geplante Einführung eines „Tages des Heimatschutzes“, die Wiedereinführung des allgemeinen Wehrdienstes oder die Förderung von Deutsch als Wissenschaftssprache schlagen in diese Kerbe.[93]

Das Hauptthema der AfD im derzeitigen Wahlkampf ist ihr Kampf gegen den „Einwanderungswahn“ und die vermeintliche „Willkommensdiktatur“.[94] Es wird von einer „Völkerwanderung“ fabuliert, welche die „kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Grundlagen“ Deutschlands und Europas zu „zertrümmern“ drohe. Die Flüchtlinge würden „Konflikte aus aller Welt“, „archaische Sitten“ und „unüberbrückbare kulturelle Unterschiede“ nach Deutschland importieren.[95] Eine Integration in Staat und Arbeitsmarkt sei unmöglich. Als Konsequenz daraus fordert die AfD mehr Abschiebungen, die Beseitigung von „Abschiebehindernissen aus gesundheitlichen Gründen“, die Streichung des Aufenthalts aus humanitären Gründen, die Abschaffung der Härtefallkommission, die Abschaffung des Partizipations- und Integrationsgesetzes, die Abschaffung des Widerspruchsverfahren im Ausländerrecht, die Abschaffung des Integrationsministeriums, den Bau von speziellen Abschiebegefängnissen und die Schaffung grenznaher Lager für Flüchtlinge, um diese in einem 48-Stunden-Verfahren möglichst schnell abschieben zu können.[96]

Die lange Zeit dominante Form des klassischen, biologistisch argumentierenden Rassismus, den etwa die NPD vertritt, transformiert sich zunehmend zu einem kulturalistisch argumentierenden Rassismus. Mittlerweile wird eher weniger auf „Rasse“ oder „Gene“, sondern mehr auf die angeblich unveränderliche „Kultur“ eines Menschen verwiesen, um ihn als „Störfaktor“ innerhalb einer homogen vorgestellten Gesellschaft zu klassifizieren.[97]

In der aktuellen Flüchtlingsdebatte und auch bei der AfD wird hierbei eine Unterscheidung von Flüchtlingen in zwei Gruppen vorgenommen:[98] So stehen auf der einen Seite „nützliche“ Einwanderer, die gut ausgebildet und der deutschen Wirtschaft dienlich seien, sowie „Kriegsflüchtlinge“. Wer nicht in diese Kategorien fällt, der wird als „Wirtschaftsflüchtling“ oder „Scheinasylant“ diffamiert, der das Recht auf Asyl „missbrauchen“ würde und so schnell wie möglich wieder abgeschoben werden soll. Die deutsche Abschiebepraxis, die von den Grünen, der SPD und der CDU getragen wird, funktioniert nach eben dieser menschenverachtenden Maßgabe, die von der AfD nur noch radikalisiert wird.

Die Brandstifter der CSU

Unter den bürgerlichen Parteien sticht besonders die CSU mit rassistischen und wohlstandschauvinistischen Parolen gegen Flüchtlinge und Ausländer im Allgemeinen hervor.

Die CSU unternimmt systematisch den Versuch, mit rassistischen und populistischen Thesen zur Flüchtlingspolitik der AfD das Wasser abzugraben und macht sich mitschuldig am angeheizten rassistischen Klima in der Gesellschaft, was direkt in Übergriffe auf Flüchtlinge oder Anschläge auf ihre Wohnheime mündet. Die Taktik der CSU besteht darin, mit rassistischen Aussagen den rechten Rand bedienen, um diese immer größer werdende Gruppe für die Koalition einzunehmen und der AfD das Wasser abzugraben. Flüchtlinge werden dabei als Gefahr dargestellt, anstatt die Fluchtursachen zu bekämpfen. Migration wird in der Semantik der Gefahren dargestellt und mit Angstmetaphern betitelt, eine sachliche Darstellung der eigentlichen Situation und zielgerichtetes Handeln nach den Prinzipien der Vernunft ist nicht erkennbar und wahrscheinlich auch gar nicht gewollt. Im Folgenden einige Beispiele:

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kündigte Anfang Oktober 2015 an, neu ankommende Asylbewerber direkt in andere Bundesländer weiterzuleiten: „Hinzu kommen ausdrücklich auch Maßnahmen der Notwehr zur Begrenzung der Zuwanderung, wie etwa Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich und unmittelbare Weiterleitung neu eintreffender Asylbewerber innerhalb Deutschlands.“[99]

Wenige Stunden nach den Anschlägen von Paris stellte Markus Söder (CSU) mit dem Tweet „#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen“ völlig zusammenhanglos einen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und Terrorismus her. Dies erntete Kritik aus allen Fraktionen in Bundestag. Söder hielt dem entgegen: „Die deutsche Regierung muss zuvorderst an ihre eigenen Leute denken.“ Die Regierungsmitglieder hätten sich dazu verpflichtet, das deutsche Volk zu schützen: „Sie verpflichten sich nicht, dies für die ganze Welt zu tun.“ Seehofer stellte sich vor Söder und forderte: „Wir müssen uns umgehend wieder Klarheit verschaffen, wer in unser Land kommt, wer durch unser Land fährt und wer sich hier aufhält.“[100]

Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionsvorsitzende bemerkte im Bayerischen Landtag zu der rassistischen Agitation der CSU: „Wir brauchen einen politischen Diskurs, in dem auf geistige Brandstiftung verzichtet wird, da dies reale Feuerteufel nach sich zieht.”[101]

Nach einem Brandschlag in Franken stellte Heribert Prantl zu Recht fest: „Wer heute hetzerische Reden verharmlost, leistet Beihilfe zur Herstellung von Agitationscocktails. Und wer, wie 1992, von Wogen, Wellen und Massen von Flüchtlingen spricht, soll seine Hände nicht in Unschuld waschen.“[102]

Antimuslimischer Rassismus

Der antimuslimische Rassismus ist in Bundesrepublik in allen Gesellschaftsschichten vertreten und ist nach den jüngsten Anschlägen in Brüssel eine Gefahr für das demokratischen Zusammenleben von Religionen und Kulturen in der BRD. Diese Spielart des Rassismus wird nicht mehr in biologistischer Weise vorgetragen, sondern verschiebt sich auf die kulturelle Ebene. 57,5% der Befragten behaupteten bei einer Umfrage 2012 eine Rückständigkeit des Islam, 56,3% halten ihn für eine „archaische Religion“.[103]

Kurz nach dem Anschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ in Paris fühlen sich mehr Menschen „vom Islam bedroht“. Bei einer Befragung der Bertelsmann-Stiftung macht „der Islam“ 57% der deutschen Bevölkerung Angst. Paradoxerweise ist in Sachsen und Thüringen, wo die wenigsten Muslime in Deutschland leben, das subjektive Bedrohungsgefühl mit 70% am höchsten. In Nordrhein-Westfalen, wo viele deutsche Muslime leben, empfinden 46% so.[104]

Schon im September berichtete Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime, resignierend: „Ob in der Schule oder im Arbeitsalltag, ständig müssen Muslime sich für die Taten von Terroristen rechtfertigen.“[105]

Die PEGIDA-Aufmärsche im Winter 2014/2015 mit zum Teil bis zu 25.000 Menschen in Dresden waren der stärkste Ausdruck eines antimuslimischen Rassismus, wo der „Untergang des Abendlandes“, der „Verlust westlicher Werte“ und die „drohende Islamisierung“ der Gesellschaft“ beschworen wurden. Dass dort rechte Hooligans des lokalen Fußballvereins Dynamo Dresden wie die Gruppen „Hooligans Elbflorenz“ oder „Faust des Ostens“ mitmarschierten und die Aufmärsche von Personen aus neonazistischen Organisationen mitgestaltet wurden, schien niemanden zu stören. Die Verantwortlichen für den antimuslimischen Rassismus sind nicht nur am „rechtsextremen“ Rand zu verorten, sondern vor allem in der bürgerlichen Mitte der Gesellschaft. Medien, Kirchenvertreter_innen sowie prominente Meinungsführer_innen wie Thilo Sarrazin, Heinz Buschkowsky, Henryk M. Broder, Udo Ulfkotte, Akif Pirincci und Necla Kelek sind für die ideologischen Grundlagen für Organisationen wie PEGIDA oder HOGESA mitverantwortlich. Veronika Bellmann, sächsische Bundestagsabgeordnete der CDU, bemerkte im Januar 2015, dass eine „fortschreitende Islamisierung“ Deutschlands schon „infolge der demografischen Situation, der Geburtenfreudigkeit auf der einen und den Geburtsdefiziten auf der anderen Seite gegeben, unabhängig von Ideologisierung oder Missionierung durch Imame, Hassprediger oder andere“ gegeben sei.[106] Weiterhin behauptete sie, dass „der Islam“ die „Weltherrschaft“ anstrebe. Michael Stützenberger, ehemaliger CSU-Pressesprecher, bezeichnete „den Islam“ als „Krebsgeschwür“.[107] Auch Wolfgang Schäuble, für den der Islam nicht zur BRD gehört, ist hier zu nennen.

Das Thema Moscheebau beschäftigte die Kölner Bevölkerung in den letzten Jahren und hatte eine überlokale gesamtgesellschaftliche Relevanz. Dabei ging es vorrangig um den Bau der Moschee im Stadtteil Ehrenfeld, gegen den Pro Köln heftig agitierte. Pro Köln machte die Ablehnung des Baus der Moschee zu einem wesentlichen Teil ihres Kommunalwahlkampfes 2004. In einem Flugblatt erläuterte Pro Köln:[108] „Wo eine Moschee steht, wird als nächstes ein Minarett und dann der Muezzin-Ausruf bei den zuständigen Behörden beantragt. Den nicht–islamischen Kölnern stehen also spannende Zeiten bevor. (…) Die islamischen Verbände in Köln haben sich von den islamischen Extremisten bislang nicht distanziert. Es ist daher sehr gut möglich, dass die neue Groß-Moschee auch eine gefährliche Zufluchtsstätte für islamische Extremisten wird.“

Pro Köln gelang es, über 20.000 Unterschriften gegen den geplanten Moscheebau in Köln–Ehrenfeld zu präsentieren. Dieser Teilerfolg von Pro Köln lässt erahnen, dass ihre islamophobe Stimmungsmache bei einem Teil der Bevölkerung auf fruchtbaren Boden trifft.

Der geplante Bau der Ehrenfelder Moschee führte auch zu heftigen Diskussionen innerhalb der Kölner CDU. Der Ehrenfelder Ortsverband der CDU sprach sich im April 2006 gegen den geplanten Entwurf aus. Begründet wurde diese mit der „sehr traditionellen osmanischen Form“, die einen „nationalen ethnischen Charakter anstatt einen übernationalen Raum für Muslime unterschiedlicher Herkunft“ repräsentiere.[109] Absurd wurde die Ablehnung durch die Forderung, ein Bauwerk zu planen, „mit dem sich Nichtmuslime identifizieren können.“

Weiterhin wurde bezweifelt, dass die geplanten 120 Parkplätze in einer Tiefgarage für den 2000 Menschen fassenden Gebetsraum ausreichen. Es wurde argumentiert, dass dies zu einem Verkehrschaos führen könne. Der Muezzinruf müsse außerhalb des Gebetsraumes untersagt werden, da er „anderen Mitbürgern“ nicht „aufgenötigt“ werden könnte. Dass auch Kirchenglocken anderen Leuten „aufgenötigt“ werden, wurde wohlweislich verschwiegen. Die Verantwortlichen in der Kölner-CDU distanzierten sich von den Plänen der Ehrenfelder CDU und äußerten[110]: „Fraktion, Partei und Oberbürgermeister stehen zum Bau einer Großmoschee an dieser Stelle.“

Die FDP bemerkte zum Beschluss der Ehrenfelder CDU:[111] „Dass man der Moschee nun aber auch ihr orientalisches Aussehen vorwirft, ist der Gipfel der Arroganz. Immerhin handelt es sich um eine türkische Institution, die hier als Bauherr auftritt und einen Identifikationspunkt auch für die eigenen Mitglieder schaffen will.“

Obwohl die Parteiführung der Kölner CDU sich für den Bau der Moschee einsetzte, entwickelte sich innerhalb der Partei eine heftige Diskussion. Die dabei vorgetragenen Argumente waren von islamophoben Ressentiments geprägt und boten eine Steilvorlage für die von Pro Köln vertretenen Auffassungen. Erst auf ihrem Parteitag am 14.8.2007 rang sich die Kölner CDU zu einer öffentlichen Zustimmung des Baus der Moschee durch. Die Debatte innerhalb der CDU führte dazu, dass der CDU-Vorsitzende von Ehrenfeld, Jörg Uckermann aus der Partei austrat und sich Pro Köln anschloss.

Der Kölner Autor und Publizist Ralph Giordano sprach sich gegen den Bau der Moschee aus, da er darin die Verschärfung einer gesellschaftlichen Polarisierung zwischen MuslimInnen und der deutschen Bevölkerung sah, die nicht zum Gelingen der Integration beitragen würde. Damit bot er islamophoben Argumenten von Pro Köln öffentlich eine Argumentationsvorlage, die begeistert von Pro Köln aufgegriffen wurde. Pro Köln ging mit der Aussage von Giordano „Es gibt kein Grundrecht auf den Bau einer zentralen Großmoschee“ auf Stimmenfang. So hieß es auf der Homepage von Pro Köln:[112] „Giordanos pointierte Aussagen finden die volle Unterstützung von pro Köln und pro NRW. Der wahre Bauherr der zentralen Großmoschee in Köln-Ehrenfeld ist, über ihren verlängerten Arm DITIB, die Religionsbehörde Dyanet in Ankara.“

Giordano forderte von dem damaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma:[113] „Stoppen Sie diesen Bau, der kein Ausdruck muslimischen Integrationswillens ist, sondern ein Zentrum integrationsfeindlicher Identitätsbewahrung, das Symbol eines Angriffs auf unsere demokratische Lebensform, ein Anspruch auf Macht und Einfluss.“ Den Bau von Moscheen in Deutschland bezeichnete er als „sakrale Großbauten, Symbole einer Landnahme auf fremdem Territorium, Strategie einer türkischen Außenpolitik, die längst dabei ist, in Deutschland mitzuregieren.“[114] Die Migrationspolitik erklärte Giordano für gescheitert; diese „gewaltige Zuwanderungswelle“ wäre eine „Milliardenbelastung der Sozialkassen“. Er sprach den muslimischen Zuwanderern den Willen zur Integration ab:[115] „Das Ergebnis dieser Politik ist die Anwesenheit von Millionen von Menschen aus einer gänzlich anderen Kultur, viele von ihnen ohne jede Qualifikation und nur bedingt integrationsfähig und –willig.“ Nach dem Aufkommen von teils heftiger Kritik an seinen Ansichten wollte er „mit bürgerlichem Selbstbewusstsein den nach wie vor in linken Denkschablonen steckenden deutschen ‚Umarmern’, Multikulti-Illusionisten, xenophilen Einäugigen und Beschwichtigungsdogmatikern couragiert die Stirn (…) bieten.“[116] Nach eigenen Angaben bekam er wegen seiner Aussagen im Frühjahr 2007 mehrere telefonische Morddrohungen, die er radikalen MuslimInnen zuschrieb. Als Reaktion darauf schrieb er:[117] „Ich wehre mich gegen ein Erpresserpotential, das uns unter islamischer Zensur stellen will und seine Tentakel dafür von Zentralasien bis in die Mitte Europas unter dem Motto ‚Wer nicht kuscht, der lebt gefährlich’ ausgeworfen hat.“

Die Aussagen des Kölner Kardinal Meisner über den Islam und den geplanten Moscheebau waren ebenfalls eine Steilvorlage für die Agitation von Pro Köln. Beisicht erklärte in einer Stellungsnahme zum Moscheebau:[118] „Der Kölner Kardinal Meissner hat einmal erklärt, dass die Muslime sich auf Toleranz gegenüber Andersgläubigen nur so lange berufen, solange sie sich in der Minderheit befinden. Dies sollten wir nicht vergessen. So lange in der Türkei Christen diskriminiert und die Religionsfreiheit außer Kraft gesetzt wird, sollten bei uns keine weiteren Großmoscheen mehr gebaut werden.“

Diese Argumente kritisierte Höhn zu Recht:[119] „Ohne Offenheit für eine Pluralität an Religionen bleibt das Reden von Religionsfreiheit reiner Etikettenschwindel. Das müssen sich vor allem prominente Kirchenvertreter sagen lassen, die mit dem Hinweis auf die Unterdrückung des Christentums in arabischen Ländern den Muslimen in Deutschland zur Bescheidenheit beim Anmelden von Rechtsansprüchen raten. Eine solche ‚Wechselseitigkeit’ ist unvereinbar mit der Unteilbarkeit von Grundrechten. Wer die Anspruchnahme von Rechten hierzulande nach dem Maß der Verweigerung von Rechten im Ausland bemessen will, offenbart eine prekäre Distanz zu rechtsstaatlichen Prinzipien. Grundrechte werden im liberalen Rechtsstaat nicht zuerkannt oder vergeben, sondern jeder Mensch ist als Träger solcher Rechte anzuerkennen.“

Meisner äußerte, beim Bau der Moschee ein „ungutes Gefühl“ zu haben. Weiterhin warnte er vor einer Ausbreitung der Scharia in Deutschland:[120]

„Wir müssen auch wachsam bleiben, dass die Terrains, die man hier muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger zur Verfügung stellt (…) nicht Territorien werden, auf denen sich die Scharia immer mehr entfaltet.“

Die Argumentationen von Pro Köln gegen Moscheebauten sind durchdrungen von rassistischen Phrasen. Judith Wolter proklamierte, dass „gerade in Ehrenfeld die Grenze lange erreicht ist, was man unserer Gesellschaft überhaupt zumuten kann. Das Boot ist einfach voll. Die muslimische Diaspora ist offensichtlich im Prinzip nicht integrierbar. Man will sich zudem nicht freiwillig weiteren Sprengstoff ins Veedel holen.“[121]

Neben rassistischen und islamfeindlichen Darlegungen brachte Pro Köln auch finanzielle Einbußen der („weißen“-deutschen) Wohnungseigentümer rund um die Ehrenfelder Moschee ins Spiel. Zwischen der Einreichung des Bauantrages für den Moscheeneubau und der Erteilung der Baugenehmigung sänken demnach die Preise der umliegenden Grundstücke um fast 20 Prozent; nach der Fertigstellung würden die Preise noch weiter sinken.[122]

Im Hinblick auf die Kommunalwahlen 2009 demonstrierte Pro Köln jeweils unter einem anderen Motto jeden zweiten Samstag im Monat gegen den Bau der Ehrenfelder Moschee. Diese Kundgebungsserie sollte sicherstellen, dass das Thema Moscheebau auf der politischen Tagesordnung bleibt.[123]

Da der Bau der Moschee „nicht vor Herbst 2010“ beendet werden wird, wollte Pro Köln die Kommunalwahl zu einer Entscheidung über den Moscheebau per Stimmzettel machen:[124] „Zeit genug also, um mit einer neuen Ratsmehrheit nach der Kommunalwahl die Bebauungspläne rückgängig zu machen. (…) Die Islamisierung Kölns tritt offenbar in eine entscheidende Phase. Die Kommunalwahl ist vielleicht die letzte Chance für die Kölner, mit dem Stimmzettel auf den Tisch zu hauen und Unheil von ihrer Stadt abzuwenden.“

Rechtsruck in Teilen der parlamentarischen Linken

Die Asylrechtsverschärfung 2015 sieht unter anderem vor, dass Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive früher an Sprachkursen teilnehmen dürfen. Der Bund nimmt Ländern und Kommunen zudem einen größeren Teil der Gesamtkosten ab als bisher. Im Gegenzug dazu werden Abschiebungen erleichtert und die Balkanstaaten Albanien, Kosovo und Montenegro zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sollen statt Taschengeld künftig verstärkt Sachleistungen ausgeben, etwa in Form von Wertgutscheinen.

Wenige Tage, nachdem die Große Koalition beschlossen hat, das Asylrecht weiter zu verschärfen, forderte der langjährige Vorsitzende der Linkspartei, Oskar Lafontaine, noch weitreichendere Maßnahmen. Lafontaine verlangte, die Zahl der Flüchtlinge, denen in der BRD Schutz gewährt wird, durch „feste Kontingente in Europa zu begrenzen und dafür den hier Aufgenommen zu ermöglichen, ihre Ehepartner und Kinder nach zu holen“.[125] In rechtspopulistischer Manier behauptete er, „ein stetig ansteigender Zuzug“ hätte „zwangsläufig zur Folge, dass der Nachzug von Familienmitgliedern begrenzt werden müsste. (…) Eine entsprechende klare Aussage der Bundeskanzlerin Angela Merkel fehlt bisher. Nach Auffassung führender Politiker in Europa ist sie daher mittlerweile mit verantwortlich für die stetig ansteigenden Flüchtlingszahlen und das Erstarken rechter Parteien in Europa.“[126]

Mit seinen populistischen Thesen stellte sich Lafontaine offen in eine Reihe mit der CSU und anderen rassistischen Scharfmachern, die von Merkel härtere Maßnahmen gegen Flüchtlinge fordern. Lafontaine startete auch den Versuch, ärmere Deutsche gegen Flüchtlinge auszuspielen: „Die Kosten dürfen nicht diejenigen tragen, die ohnehin schon benachteiligt sind, nämlich die Geringverdiener, Arbeitslosen, Rentner und Familien. Es darf nicht sein, dass an Schulen, im sozialen Bereich, bei der öffentlichen Daseinsvorsorge und der Polizei gekürzt und gestrichen wird, während sich Merkel, Gabriel und Co weigern, Millionäre angemessen an der Finanzierung zu beteiligen.“[127]

Lafontaines Übernahme von rechten Parolen in Fragen der Migration sind aber nichts Neues. Er zählt zu den „Pionieren der reaktionären deutschen Flüchtlingspolitik“.[128]

Anfang der 1990er Jahre erließ Lafontaine noch als Ministerpräsident des Saarlandes und SPD-Mitglied als Bestandteil einer landesweiten Kampagne gegen Flüchtlinge „Sofortmaßnahmen“: darunter die Einführung von Sammellagern, Gemeinschaftsverpflegung und Sachleistungen. Lafontaine galt damals als Verfechter eines harten Kurses in der Flüchtlingspolitik und war im August 1992 zusammen mit dem damaligen SPD-Vorsitzenden Björn Engholm für die „Petersburger Wende“ verantwortlich, der Radikalisierung der SPD in der Asyl- und Außenpolitik, die u.a. zur faktischen Abschaffung des Asylrechts im „Asylkompromiss“ führte. In der Bild-Zeitung postulierte er, dass unter „den 15 Prozent“ der Flüchtlinge, die Afrika verließen, „nicht die Schwachen, die Alten, die Kranken und die elternlosen Kinder“ seien. „Es sind in der Regel die Gesunden, die Leistungsfähigen, die nach Europa wollen, um besser zu leben“.[129]

Wenig später bekräftigte Sarah Wagenknecht die Aussagen Lafontaines zu „europäischen Kontingenten“ in der Flüchtlingspolitik. In einem Interview mit Spiegel Online am 7.12.2015 stellte sie fest: „Wir können nicht jedes Jahr eine Million Menschen aufnehmen. Deshalb muss Deutschland viel mehr dafür tun, dass nicht mehr so viele Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Die Kriege sind ja die Fluchtursache Nummer eins.“[130] Sie bezeichnete weiterhin „europäische Kontingente“ für Flüchtlinge als „Verbesserung“ und stützte damit die These Lafontaines: „Es braucht eine europäische Flüchtlingspolitik. Wenn Kontingente bedeuten, dass auch andere EU-Länder Flüchtlinge in größerer Zahl aufnehmen und wenn damit legale Einwanderungswege geöffnet werden, wären Kontingente auf jeden Fall eine Verbesserung.“[131] Weiterhin versuchte sie Teile der Wähler der Linkspartei, die mit den Forderungen von Pegida sympathisieren, vom Vorwurf des Rassismus freizusprechen: „Ich halte es genauso für falsch, jeden, der Probleme anspricht, die wir infolge der Flüchtlingskrise haben, oder der sich Sorgen macht wegen steigender Mieten oder Kürzungen an anderer Stelle, in die Pegida-Ecke zu stellen.“[132]

Wagenknechts Verwendung des immer wieder gebrauchten Begriffes der „Flüchtlingskrise“ oder sonstige Angstmetaphern sind sicherlich auch nicht hilfreich für eine Versachlichung des Diskurses. Schon Anfang der 1990er Jahre bestärkten Begriffe wie „Asylantenflut“ oder „Ausländerschwemme“, die 2015/16 unhinterfragt wiederverwendet werden, den rassistischen Diskurs. Das Wort „Flüchtlingskrise“ suggeriert auch, dass die Flüchtlinge für eine „Krise“ in der BRD sorgen würden, also Ursache des „Problems“ sind. Vielmehr sind sie in großer Zahl vor Kriegen geflüchtet, traumatisiert und aufgrund der zuweilen unzulänglichen staatlichen Organisation von Problemen betroffen.

Rassistische Hetze bei der CSU

Unter den bürgerlichen Parteien sticht besonders die CSU mit rassistischen und wohlstandschauvinistischen Parolen gegen Flüchtlinge und Ausländer im Allgemeinen hervor.

Die CSU unternimmt systematisch den Versuch, mit rassistischen und populistischen Thesen zur Flüchtlingspolitik der AfD das Wasser abzugraben und macht sich mitschuldig am angeheizten rassistischen Klima in der Gesellschaft, was direkt in Übergriffe auf Flüchtlinge oder Anschläge auf ihre Wohnheime mündet. Im Folgenden einige Beispiele:

Als am 5.9.2015 die deutsche Regierung mit Beteiligung von CSU-Ministern der Einreise von 8000 in Ungarn festgehaltener Flüchtlinge zustimmte, verurteilte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann die Entscheidung als „völlig falsches Signal innerhalb Europas“.[133]

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer kündigte Anfang Oktober 2015 an, neu ankommende Asylbewerber direkt in andere Bundesländer weiterzuleiten: „Hinzu kommen ausdrücklich auch Maßnahmen der Notwehr zur Begrenzung der Zuwanderung, wie etwa Zurückweisungen an der Grenze zu Österreich und unmittelbare Weiterleitung neu eintreffender Asylbewerber innerhalb Deutschlands.“[134]

Wenige Stunden nach den Anschlägen von Paris stellte Markus Söder (CSU) mit dem Tweet „#ParisAttacks ändert alles. Wir dürfen keine illegale und unkontrollierte Zuwanderung zulassen“ völlig zusammenhanglos einen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und Terrorismus her. Dies erntete Kritik aus allen Fraktionen in Bundestag. Söder hielt dem entgegen: „Die deutsche Regierung muss zuvorderst an ihre eigenen Leute denken.“ Die Regierungsmitglieder hätten sich dazu verpflichtet, das deutsche Volk zu schützen: „Sie verpflichten sich nicht, dies für die ganze Welt zu tun.“ Seehofer stellte sich vor Söder und forderte: „Wir müssen uns umgehend wieder Klarheit verschaffen, wer in unser Land kommt, wer durch unser Land fährt und wer sich hier aufhält.“[135]

Horst Seehofer forderte in der Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) kategorisch eine Kurskorrektur: „Wie man es dreht und wendet, an einer Begrenzung, einer Obergrenze führt kein Weg vorbei".[136] Seehofers Hauptforderungen in der Flüchtlingsdiskussion waren eine Obergrenze für Asylsuchende, Transitzonen an Grenzen Bayerns, eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge sowie schnellere Vertreibung abgelehnter Asylsuchender. Nach jüngsten Meinungsumfragen sinkt die Beliebtheit der Kanzlerin in Bayern, während Seehofers Werte auf ein Rekordhoch gestiegen sind. Daraus schloss Seehofer: „Wir sind von dem Sinkflug (der Union) nicht erfasst. Die Basis denkt wie wir.“[137]

Markus Rinderspacher, SPD-Fraktionsvorsitzende bemerkte im Bayerischen Landtag zu der rassistischen Agitation der CSU: „Wir brauchen einen politischen Diskurs, in dem auf geistige Brandstiftung verzichtet wird, da dies reale Feuerteufel nach sich zieht.”[138]

Nach einem Brandschlag in Franken stellte Heribert Prantl zu Recht fest: „Wer heute hetzerische Reden verharmlost, leistet Beihilfe zur Herstellung von Agitationscocktails. Und wer, wie 1992, von Wogen, Wellen und Massen von Flüchtlingen spricht, soll seine Hände nicht in Unschuld waschen.“[139]

Die Taktik der CSU besteht darin, mit rassistischen Aussagen den rechten Rand bedienen, um diese immer größer werdende Gruppe für die Koalition einzunehmen und der AfD das Wasser abzugraben. Flüchtlinge werden dabei als Gefahr dargestellt, anstatt die Fluchtursachen zu bekämpfen. Migration wird in der Semantik der Gefahren dargestellt und mit Angstmetaphern betitelt, eine sachliche Darstellung der eigentlichen Situation und zielgerichtetes Handeln nach den Prinzipien der Vernunft ist nicht erkennbar und wahrscheinlich auch gar nicht gewollt.

Konkrete Fluchtursachen (Kriege, Gewalt, regionale Bürgerkriege aufgrund der westlichen Interventionen in den vergangenen Jahrzehnten, deutsche Waffenlieferungen) werden bewusst in der Debatte unterschlagen.[140] Dass die eigentliche Gefahr der teilweise rassistische Umgang mit der Situation der Flüchtlinge und die dramatisch zunehmenden Anschläge auf Unterkünfte oder rechte Gewalttaten sind, ist nur ein Nebenschauplatz. Die Situation der Flüchtlinge wird gezielt von der CSU für parteipolitische Zwecke instrumentalisiert.

Ausblick

Im Zeitalter der Globalisierung bilden nicht mehr die Nationalstaaten, sondern die kosmopolitische Weltgesellschaft den Referenzrahmen des alltäglichen Denken und Handelns. Die Bedeutung der Nationalstaaten schwindet, da sie ihre ökonomische, soziale und kulturelle Steuerungsfunktion nur noch in begrenztem Maße wahrnehmen können. Die interagierende Weltgesellschaft mit ihrer kulturellen Vielfalt kann nur durch interkulturellen Dialog und Kooperation bestehen. Der Philosoph Kwame Anthony Appiah stellt zu Recht fest: „Eine Welt, in der sich Gemeinschaften klar gegenüber abgrenzen, scheint keine ernsthafte Option mehr zu sein, falls sie es denn jemals war. Abtrennung und Abschließung waren in unserer umherreisenden Spezies schon immer etwas Anormales.“[141] Die Geschichte der Ein- und Auswanderung nach bzw. aus Deutschland zeigt eindeutig, dass es immer wieder zu einer Vermischung und Neuschöpfung von Kultur in jeglicher Form gab.[142] Die im Laufe des 17. Jahrhunderts nach Brandenburg-Preußen eingewanderten Salzburger Protestanten, holländische Fabrikanten und Handwerker sowie die französischen Glaubensflüchtlinge (Hugenotten) sind dafür das beste Beispiel. Gerhard Paul bemerkt richtigerweise: „‘Autochtone‘ Kulturen gibt es nicht. So gibt es keine reine oder ‚wahrhaft‘ deutsche Kultur.“[143]

Flucht und Migration sind Folgeerscheinungen von Kriegen, zu deren Entstehung die Bundesrepublik und andere westliche Staaten auch durch Waffenlieferungen beigetragen haben. Es gilt also auf dem Parkett der internationalen Politik für ein Ende der Kriege oder wenigstens einen vorzeitigen überprüfbaren Frieden zu sorgen.

Als weiteres gilt, das was Aydan Ösuguz, Bundesbeauftragte für Migration, Flüchtlinge und Integration, bemerkte: „Die EU ist multikulturell, multiethnisch und multireligiös. Unsere Grundwerte verpflichten uns und diejenigen, die bei uns eine neue Heimat suchen. Besonders schutzbedürftige Personen, wie die syrischen Flüchtlinge, sollten bereits im Libanon oder Nordafrika aufgenommen und auf sicheren und legalen Wegen nach Europa gebracht werden. Sie dürfen sich nicht mehr länger in Lebensgefahr begeben, um bei uns Asyl zu beantragen. Der aktuelle Zustrom an Flüchtlingen ist die Folge dramatischer Entwicklungen in unserer Nachbarschaft. Doch die Krisen in den Herkunftsstaaten der Flüchtlinge – wie Bürgerkriege, zerfallende Staatlichkeit, Terrorismus oder Armut – werden wir nicht mit Zäunen an den Außengrenzen der EU oder Patrouillenbooten im Mittelmeer lösen. Wir müssen die Fluchtursachen bekämpfen, nicht die Flüchtlinge!“[144]

Die Transformationsprozesse seit dem Zusammenbruch des Staatssozialismus führen dazu, dass die gesellschaftliche Wirklichkeit in der BRD einer kosmopolitanen Einwanderungsgesellschaft entspricht.[145] Durch globale Öffnungsprozesse mit allen ihren Vor- und Nachteilen verlieren das nationale Denken und die nationalen Grenzen zunehmend an Bedeutung zugunsten einer Weltgesellschaft. Diese neuen Öffnungsprozesse im Zuge der Globalisierung etablieren einerseits neue Ungleichheiten und Machtverhältnisse, was sich an dem augenblicklichen Siegeszug der radikalen neoliberalistischen Politik zeigt. Andererseits eröffnen sich neue Chancen und Möglichkeiten für die Entstehung einer globalen Zivilgesellschaft mit interkulturellem Charakter. Es gilt aber, dass Migration, wie auch immer sie motiviert ist, beschleunigt die Globalisierungsprozesse und ist für die Realisierung der Weltgesellschaft konstitutiv. In der Zukunft wird es eher noch mehr als bisherige Wanderungsbewegungen geben, wenn die ungleiche Verteilung der Ressourcen der Welt weiter anhält und die Zahl der Kriege oder bewaffneten Konflikte nicht abnehmen.

Bei unseren gesellschaftlichen Konstruktionen der Wirklichkeit nutzen wir ständig Informationen und Deutungen, die auch medial vermittelt werden. Die Medien spielen als Transportmittel bei der Verbreitung und Verstärkung bestimmter Deutungen und Bilder eine wichtige Rolle und tragen zu deren Normalisierung bei.[146] In medialen bürgerlichen Diskursen über die Einwanderung geht es in vielen Fällen nicht um eine adäquate Darstellung der Einwanderungsrealität, sondern um eine Dramatisierung bzw. Skandalisierung und damit um eine Vermarktung von Bildern und Informationen.[147] Migranten werden in den Medien eher negativ dargestellt und die Einwanderungssituation wird verzerrt wiedergegeben. Migranten selbst kommen selten bis gar nicht zu Wort, meist wird über sie gesprochen als mit ihnen zu sprechen. Daher wird der Diskurs sehr stark von Vertretern der deutschen Bevölkerungsmehrheit geprägt, die ihre Vorstellungen – ob positiv oder negativ- dort mit einfließen lassen. Die Orientierung an der binären Konstruktion „Inländer-Ausländer“ ist in vielen Fällen selbstverständlich und wird nicht hinterfragt. Der kulturalistisch und ethnisch verengte Blick auf Migranten und Migration ignoriert sowohl die systemische und politische als auch die soziale Integration der Einwanderer als Mitglied der Gesellschaft.[148] Dies alles dient als Steilvorlage für die extreme Rechte, die dies nur noch zu radikalisieren braucht und die „einfache“ Lösung „Deutschland den Deutschen-Ausländer raus!“ für den vielschichtigen Komplex Migration anbietet.

Dasselbe gilt auch für die Politik und die Wissenschaft. Migrationsprozesse werden oft in einer Semantik der Gefahren dargestellt mitsamt dazu gehörigen Angstmetaphern. Bedrohungsszenarien in Bezug auf Einwanderung gehören seit Jahrzehnten zur politischen Kultur der Bundesrepublik. Die Politik der extremen Rechten stützt sich in ihrer Propaganda gegen Zuwanderung und eine interkulturelle Gesellschaft auf eine im öffentlichen Diskurs vertretene nationalistische Position. Argumentationsmuster des völkischen Nationalismus, rassistische Stereotype und ethnisierende Zuschreibungen von gesellschaftlichem Konfliktpotential durchziehen die dominanten bürgerlichen Diskurse, in der aktuellen Situation erst recht.

Zu diesen Argumentationsmustern gehört vor allem der Belastung-Topos. Es wird immer wieder betont, dass durch Zuwanderung die „Belastungsgrenzen“, d.h. die „Grenzen der Aufnahmefähigkeit“ oder die „Integrationsfähigkeit“ der „deutschen Bevölkerung“ oder „Deutschlands“ erreicht oder schon überschritten sind. Wo diese „Belastungsgrenzen“ liegen oder wer diese wann und warum festsetzt, wird dabei bewusst offen gelassen. Dieser emotional bestimmte Diskurs in der Migrationspolitik wird seit Jahrzehnten immer wieder von bürgerlichen Politikern zu bestimmten Hochzeiten diskutiert, was natürlich nur den extremen Rechten in ihrer Hetze gegen Migration und interkulturelle Gesellschaft in die Karten spielt. Mit dieser und anderen Argumenten wurde Anfang der 1990er Jahre auch das Asylrecht eingeschränkt und 2015 bzw. 2016 weiter verschärft. Der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler bemerkt mit Recht: „Aus diesen Gründen haben wir es beim Rassismus nicht lediglich mit einem Phänomen zu tun, das am rechten Rand zu lokalisieren ist, sondern zugleich mit einem Problem der gesellschaftlichen Mitte.“[149]

Die interkulturelle Philosophie spielt ebenso wie die interkulturelle Pädagogik bei der Lösung interkultureller Schwierigkeiten eine Schlüsselrolle. Sie soll sowohl bei der argumentativen „Entwicklung ethischer Universalien“ als auch der „gerechtfertigten Toleranz kultureller Besonderheiten“ helfen.[150] Außerdem hat sie die Aufgabe, transkulturelle Entwürfe der Kulturalität sowie des kulturellen Verständnisses und der Zusammenarbeit zu entwickeln: Philosophie wurde (…) von je her – in allen Weltkulturen – zum mediatisierenden Organ der Selbst- und Weltauslegungen der Kulturen. Zur Zeit vollzieht sich dieser Prozess mit –weltweit – atemberaubender Geschwindigkeit. (…) Interkulturelle Philosophie nimmt sich dieser Herausforderung an, indem sie deutend, fragend, suchend, lernend – vom jeweiligen Orte aus – eine grenzüberschreitende Perspektive ins Auge fasst. (…) So hat Interkulturelle Philosophie nicht nur eine theoretische (eine sprachkritische, religions- und kulturphilosophische, eine ästhetische und anthropologische, eine logische und metaphysische) Dimension, sondern sie greift weit hinaus in den Raum einer praktischen Philosophie und Institutionentheorie, in dem es ihr auch immer um neue Wege und Weisen einer ethisch-moralphilosophischen, staats- und recht- und sozialphilosophischen Annäherung geht.“[151]

Interkulturelle Philosophie wendet sich gegen alle Kulturen, Philosophien und Religionen, die glauben, allein im Besitz der einen einzigen Wahrheit zu sein. Stattdessen besteht die Notwendigkeit einer kulturübergreifende Kommunikation, die die Ebene zivilisatorischer Koexistenz überschreitet und zur gewaltfreien interkulturellen Verständigung führt: „Interkulturelle Philosophie soll dem friedlichen Miteinander in einer allumfassenden menschlichen Kultur dienen, die gleichwohl kulturelle Spezifika bewahrt und gelten lässt. Sie soll helfen, eine Kultur zu etablieren, die die ganze Menschheit umfasst, Frieden schafft und erhält und den Menschenrechten genügt, ohne die berechtigten Ansprüche einzelner Kulturen auf Erhalt ihrer Besonderheiten zu vernachlässigen.“[152]

Es gibt mannigfache ideologische Vorläufer der interkulturellen Philosophie; interkulturelle Lesarten einer bestimmten Philosophierichtung oder eines/r Philosophen/in aus der Vergangenheit gibt es mehr als genug. Im Folgenden werden fünf dieser Vorläufer angesprochen, die für den Autor für wesentlich hält. (Clifford Geertz, Georg Simmel, William James, Ernst Cassirer, Paul Tillich).

Der Ethnologe Clifford Geertz möchte gestützt auf seinen Verstehensbegriff der interpretativen Anthropologie andere Kulturen „from the native’s point of view“ untersuchen und an andere Lebensformen keine kontextfremden Kategorien herantragen.[153] Das Ziel von Geertz‘ interpretativer Anthropologie besteht darin, den Standpunkt der zu untersuchenden Menschen, ihren Bezug zum Leben zu verstehen, und sich idealtypischerweise ihre Sicht seiner Welt vor Augen zu führen. Geertz kommt es demnach in der Auseinandersetzung mit anderen Lebensformen und Weltbildern ganz entscheidend darauf an, die eigenen Vorstellungen zurückzunehmen, um die Erfahrungen anderer Kulturen im Kontext ihrer eigenen Ideen zu betrachten. Im Eigenen sollte nicht länger das einzig Mögliche, das schlechthin Wahre und Notwendige gesehen werden. Er möchte andere Möglichkeiten der Welterschließung in einem gleichberechtigtem Sinne erfahrbar machen, um zu einer Erweiterung des menschlichen Diskursuniversums beizutragen.

Die Abhandlung „Exkurs über den Fremden“ des Philosophen und Soziologen Georg Simmel in seinem 1908 erschienenen Werk „Soziologie“ ist ein wichtiger Beitrag zur Migrationssoziologie.[154] Simmel rückte die Fraglichkeit und Ambivalenz von Gruppenzugehörigkeiten in den Mittelpunkt und schrieb der Fremdheit eine positive Funktion kollektiver Selbsterkenntnis zu: „Der Fremde ist uns nah, insofern wir Gleichheiten nationaler oder sozialer, berufsmäßiger oder allgemein menschlicher Art zwischen ihm und uns fühlen; er ist uns fern, insofern diese Gleichheiten über ihn und uns hinausreichen und uns beide nur verbindet, weil sie überhaupt sehr Viele verbinden.“[155]

Für Simmel lieferte die Geschichte der europäischen Juden das beste Beispiel für den Typus des Fremden, der nah und doch fern, dazu gehört und doch auch nicht dazugehört. Im 19. Jahrhundert wurde die jüdische Minderheit einem starken Assimilationsdruck durch die Mehrheitsgesellschaft ausgesetzt. Ein Identitätsangebot, zum Beispiel preußischer Staatsangehöriger und Jude sein zu können, gab es nicht. Im ländlichen Bereich gab es eine Form der Koexistenz, aber in den urbanen Lebensbereichen gab es nur die Alternative zwischen Assimilation und Abgrenzung für Bürger jüdischer Herkunft.

Besonders die Moderne produziert nach laut Zygmunt Bauman aufgrund seines Homogenisierungswillens das Fremde und verfügt auch nur über begrenzte Strategien des Umgangs damit: Ausschluss oder Assimilation. Denn das oder der Fremde als das Unbestimmbare, Unentscheidbare, sich der Einordnung Entziehende und zugleich im Gegensatz zu früheren Zeiten Allgegenwärtige, lässt sich nur, wenn man die Fremden nicht entfernen, separieren, isolieren oder negieren kann, mit Zwang oder verlockenden Versprechungen assimilieren. Die Moderne hat mit ihrem radikalen Willen zur Klassifikation und Ordnung, ihrer entsprechenden Suche nach Eindeutigkeit die Abwehr des Fremden als des schlechthin Uneindeutigen befördert und schließlich die Vernichtung des Fremden implizit beigetragen. Bauman stützte sich besonders auf die Erfahrungen des Antisemitismus und des Holocausts. Er sieht die Fremdheit als Systemeffekt und abhängig von jeweiligen Ordnungskonzepten: „Alle Gesellschaften produzieren Fremde, doch jeder Gesellschaftstyp seine eigene Art und auf eigene unnachahmliche Weise.“[156] Am Ende des 20. Jahrhunderts entwickelte sich eine Situation, in der das Innen-Außen-Schema, mit der andere Lebensweisen abgewiesen werden konnten, nicht mehr funktionierte, so dass Fremdheit allgegenwärtig wurde. Der Fremde fügte sich laut Bauman nicht dem Innen-Außen-Schema, sondern galt als Inbegriff des Ambivalenten, des „Unendscheidbaren“.[157] Konnten früher Regierungen oder andere Institutionen Fremden ihren sozialen Ort zuweisen, so gelingt dies in der und der kosmopolitanischen Einwanderungsgesellschaft nicht mehr.

Ottfried Schäffter, Erziehungswissenschaftler an der Humboldt-Universität Berlin, betont, dass Fremdheit keine am anderen festzumachende Eigenschaft, sondern ein Beziehungsmodus ist, der abhängig ist vom eigenen „Ordnungskonzept“. Unter diesen Begriff fallen Persönlichkeitsstrukturen, individuelle Selbstbeschreibungen, gesellschaftliche Systeme wie auch Weltbilder. Er unterscheidet vier Typen des Fremderlebens: „´Fremdheit als Resonanzboden des Eigenen“, „Fremdheit als Gegenbild“, „Fremdheit als Ergänzung“ und „Fremdheit als Komplementarität“. Letzterer ermöglicht eine übergreifende Ordnungsstruktur, in dem sich das Eigene und das Fremde wechselseitig bestimmt und relativiert.[158]

Der Pragmatiker William James vertritt die Philosophie eines „pluralistischen Universums“, die ein rationalistisch bestimmtes Einheitsdenken kritisiert.[159] Da die Wirklichkeit nicht absolut und unabänderlich ist, sondern entsprechend den Erfahrungen und des Handelns stets neu ausgebildet wird, sieht James das Universum nicht als Einheit, sondern als Vielheit, Dies nennt er „Multiversum“. Dieser Begriff beschreibt für James eine Vielfalt von Dingen, Eigenschaften oder Erfahrungen usw., die eigenständig und unabhängig voneinander existieren und in vielfältige Beziehungen zueinander gesetzt werden können.

Den Ausgangspunkt pragmatischen Philosophierens bildet ein pluralistisches Universum mit einer Vielfalt von Werten, die aus dem Charakter moderner Gesellschaften, Kulturen ohne Zentrum, mit einer Vielfalt von Lebensformen, Religionen und Weltanschauungen resultieren. Der amerikanische Pragmatismus respektiert die Autonomie und Gleichberechtigung aller Werte, Kulturen und Lebensformen. James‘ Denkmuster richtet sich vor allem gegen den idealistischen Monismus, wonach sich alle Vorgänge und Phänomene der Welt auf ein einziges Grundprinzip zurückführen lassen. Der Monismus verneint daher Dualismus und Pluralismus, die zwei oder viele Grundprinzipien annehmen. Die Vorstellung, dass stehen monistische Lehren in den Fragen der Religion oft dem Pantheismus oder dem Panentheismus nahestehen, der eine Immanenz des Göttlichen in allen Erscheinungen der Welt sieht, wird von James zurückgewiesen.

Der Philosoph Ernst Cassirer plädiert für eine kulturelle Pluralität, da die Welt des Menschen intern vielfältig dimensioniert und ausdifferenziert ist, was er mit dem Begriff der symbolischen Formen benennt.[160] Für Cassirer ist Kultur in Korrelation in immanenter Transzendenz; in diesem Raum der Unbestimmtheit besitzt jedes menschliche Wesen die Freiheit, die Unklarheit individuell zu besetzen.

Für den Bereich der Begegnung zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen verwendet Cassirer folgenden Kulturbegriff: „ Kultur in diesem Sinne meint ein mehr oder weniger zusammenhängendes Ensemble von bedeutungs- und werthaften Formen und Realitäten, die von einer Gemeinschaft mehr oder weniger bewusst als bedeutungstragendes Korrelat ihrer Lebenswelt und Überlieferung angesehen und tatsächlich gelebt wird. (…) Die einzelnen Kulturen sind dabei in Cassirers Verständnis Manifestationen der ursprünglichen Kulturalität, sind Variationen im Raum der Möglichkeiten menschlichen Welt- und Selbstverhältnisses.“[161]

Aufgrund dieser universellen anthropologischen Grundbestimmung ist es möglich, die verschiedenen Kulturen daraufhin zu vergleichen, wie die Symbolisierungsleistungen in ihnen konkretisiert haben. Cassirer selbst konzentriert sich bei seiner Analyse hauptsächlich auf Mythen und wissenschaftliche Befunde und Zeugnisse aus aller Welt und allen Zeiten.

Er vertritt die These von der strukturellen Vergleichbarkeit aller menschlichen Weltaneignungen in interkultureller Perspektive. Kulturelle Bedeutungszuweisungen stellen demnach die Dimension der menschlichen Orientierung in der Welt dar. Mit der strukturellen Vergleichbarkeit auf der angesprochenen Ebene können starke Inkommensurabilitätsthesen, also Behauptungen über die prinzipielle Unvergleichbarkeit der Kulturen, entkräftet werden.

Zudem lässt sich mit der These von der grundlegenden Kulturalität auf eine faktisch immer schon vorliegende Multi- und Interkulturalität aller existiernden Kulturen hinweisen. Jede halbwegs entwickelte Kultur weist eine interne Differenzierung, zumindest eine Dimensionierung auf.

Es existiert keine Geschlossenheit der eigenen Kultur, weil Identität schon immer als individueller Rekombinationsprozess abläuft, der durchaus Brüche oder Umdeutungen auch der eigenen Lebensgeschichte beinhalten kann. Kulturen stellen keine homogenen Gebilde dar, sondern sind immer schon plural und durchaus teils widersprüchlich dimensioniert.

Der protestantische Theologe Paul Tillich widmete sich nach einer Begegnung mit Mircea Eliade seit den 1960er Jahren dem Feld der Interreligiosität.[162] Darunter verstand er einen von Repräsentanten von Religionsgemeinschaften angestrebten, gleichberechtigten, respektvollen und kritischen Meinungsaustausch sowie das Feststellen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten.

Die interkulturelle Philosophie beschäftigt sich im Wesentlichen mit den folgenden Punkten:[163]

Zu den methodischen Prinzipien der interkulturellen Philosophie gehört erstens die Feststellung der Gemeinsamkeiten und ihre explizite Benennung, zweitens die Feststellung und die Erklärung von Unterschieden und drittens die Vermeidung von Mystifizierungen, Exotismus und Exotik.[164]

Die interkulturelle Philosophie plädiert für „eine überlappend-universale philosophia perennis“.[165], die eindimensionalen Versuchen einer alten Metaphysik diametral gegenüberstehen. Die philosophia perennis[166] kann nur verstanden werden als eine Vielheit miteinander koexistierter Ganzheiten, die den absoluten Anspruch des Einen zurückweist und von einer orthaften Ortlosigkeit ausgeht: „Die große Illusion der alten Metaphysik ist es gewesen, in einem der Versuche der philosophia perennis selber konkret zu besitzen. Sie ist aber eine intentionale Sinneinheit als das Noematische der intentionalen Akte eines orthaften, jedoch ortlosen egos.“[167]

Für die interkulturelle Philosophie sind alle Formen einer ethnozentristischen Historiographie abzulehnen. Die Betrachtung und Beurteilung inner- und außereuropäischer Kulturkreise auf der Grundlage der in Europa hegemonialen Werte sind zu beanstanden: „Interkulturelle Philosophie soll Stereotype der Selbst- und Fremdwahrnehmung kritisieren, Offenheit und Verständnis befördern und in gegenseitiger Aufklärung bestehen. Sie muss auch bereit sein, sich selbst und seine Kultur, Philosophie und Religion von außen sehen zu lernen.“[168] Die interkulturelle Philosophie erhebt den Anspruch, von mehreren Ursprungsorten des Philosophierens auszugehen und ein Bewusstsein für die Pluralität in der Weltphilosophiegeschichte schaffen. Es wird von der These ausgegangen, dass es eine allgemeinmenschliche philosophische Haltung gibt, die sich in ganz verschiedenen kulturellen Grundhaltungen ausdrücken kann. Es soll ein neuer Philosophiebegriff gefunden werden, der „nicht einer eurozentrischen, sondern einer interkulturellen und pluralen Weltlage Rechnung trägt. Das kann nur in Form des philosophischen Dialogs geschehen. (…) Man kann daher vom dialogischen Prinzip der interkulturellen Denkform sprechen.“[169] Die europäische Philosophiegeschichte gilt demnach als kleinerer Ausschnitt, der lediglich Teil des größeren Ganzen der Weltphilosophie ist. Die Hinwendung zu den philosophischen Denkrichtungen Afrikas, Lateinamerikas und Asiens sind Ausdruck dessen. Karl Jaspers schrieb: „Wir sind auf dem Wege vom Abendrot der europäischen Philosophie zur Morgenröte der Weltphilosophie.“[170]

Stück für Stück wurde in den letzten Jahren die Mauer um Europa hochgezogen und die „Festung Europa“ auch durch die BRD ausgebaut. Während es innerhalb des Schengen-Raums mit den richtigen Papieren immer einfacher wird, die Landesgrenzen zu überschreiten, werden Menschen außerhalb des Kontinents zunehmend Hindernisse in den Weg gelegt. Tausende von Migranten sind in den letzten Jahren schon an der EU-Außengrenze gestorben.

Unter diesen Umständen muss die jetzige Flüchtlingspolitik revidiert und folgende Punkte umgesetzt werden:

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Fußnoten

  1.  ↑ http://www.migazin.de/2015/09/01/eine-situation-das-problem-rassismus/
  2.  ↑ Bade, K. J.Europa in Bewegung: Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Reihe: Europa Bauen, hg.v. Jacques Le Goff, dte. Ausgabe München 2000, S. 195
  3.  ↑ Herbert, U.: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, München 2001, S. 127
  4.  ↑ Tremmel, H. Grundrecht Asyl. Die Antwort der Sozialethik. 2. Auflage, Freiburg im Breisgau 1993, S. 37
  5.  ↑ Bade,K. J. , Normalfall Migration: Deutschland im 20. und frühen 21. Jahrhundert, Bonn 2004, S. 192
  6.  ↑ Meier-Braun, K.-H.: Einwanderung und Asyl. Die 101 wichtigsten Fragen, München 2015, S. 102
  7.  ↑ van Ooyen, R. C.: Staatliche, quasi-staatliche und nichtstaatliche Verfolgung? In: Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie. 3, 2003, S. 387–398, hier S. 391
  8.  ↑ Herbert, U.: Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland. Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge, München 2001, S. 107
  9.  ↑ Tremmel, H. Grundrecht Asyl. Die Antwort der Sozialethik. 2. Auflage, Freiburg im Breisgau 1993, S. 72
  10.  ↑ Herzog, H./ Wälde, E.: „Sie suchten das Leben…“ Suizide als Folge deutscher Flüchtlingspolitik, Münster 2004, S. 25ff
  11.  ↑ Bade, K. J.Ausländer – Aussiedler- Asyl: Eine Bestandsaufnahme, München 1994, S. 109ff
  12.  ↑ Bade, K. J. (Hrsg.) Das Manifest der 60: Deutschland und die Einwanderung, Beck (Beck’sche Reihe), München 1994, S. 119
  13.  ↑ Bade, K. J. Sozialhistorische Migrationsforschung. Gesammelte Aufsätze, Göttingen 2004, S. 113
  14.  ↑ Meier-Braun, K.-H.: Einwanderung und Asyl. Die 101 wichtigsten Fragen, München 2015, S. 33
  15.  ↑ http://www1.wdr.de/westpol-fluechtlinge-brandanschlaege-100.html
  16.  ↑ http://www.derwesten.de/politik/789-anschlaege-auf-fluechtlingsheime-seit-jahresbeginn-id11365088.html#plx296536233
  17.  ↑ http://www.taz.de/!5280055/
  18.  ↑ hxxps://www.facebook.com/events/199167233773479/
  19.  ↑ http://www.mdr.de/mdr-aktuell/clausnitz-reaktionen100_zc-36d200d6_zs-046016ee.html
  20.  ↑ http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_75720152/brandanschlag-in-troeglitz-vor-aufklaerung-verdaechtiger-gefasst.html
  21.  ↑ Ebd.
  22.  ↑ Ebd.
  23.  ↑ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/brandanschlag-troeglitz-die-angst-der-bewohner-a-1027424.html
  24.  ↑ http://www.t-online.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/id_75720152/brandanschlag-in-troeglitz-vor-aufklaerung-verdaechtiger-gefasst.html
  25.  ↑ http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Wenn-Rassismus-salonfaehig-wird-article15788411.html
  26.  ↑ http://www.sz-online.de/nachrichten/heidenau-synonym-fuer-rassismus-3180728.html
  27.  ↑ http://taz.de/!5259169/
  28.  ↑ http://www.sz-online.de/nachrichten/heidenau-synonym-fuer-rassismus-3180728.html
  29.  ↑ http://taz.de/!5259169/
  30.  ↑ http://www.sz-online.de/nachrichten/heidenau-synonym-fuer-rassismus-3180728.html
  31.  ↑ http://taz.de/!5259169/
  32.  ↑ http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Wenn-Rassismus-salonfaehig-wird-article15788411.html
  33.  ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/einwanderer-in-freital-der-rassismus-ist-nicht-neu/12507200.html
  34.  ↑ Ebd.
  35.  ↑ http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg
  36.  ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/einwanderer-in-freital-der-rassismus-ist-nicht-neu/12507200.html
  37.  ↑ http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/wie-kommt-es-zu-rassistischem-mob-freital-1817
  38.  ↑ Ebd.
  39.  ↑ http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg
  40.  ↑ http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/wie-kommt-es-zu-rassistischem-mob-freital-1817
  41.  ↑ Ebd.
  42.  ↑ http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg
  43.  ↑ Ebd.
  44.  ↑ http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-06/freital-fluechtlingsheim-proteste-stellungskrieg
  45.  ↑ Ebd.
  46.  ↑ http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Attacke-in-Wismar-Erste-Hinweise-auf-Taeter,attacke114.html
  47.  ↑ http://www.tagesspiegel.de/politik/einwanderer-in-freital-der-rassismus-ist-nicht-neu/12507200.html
  48.  ↑ http://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Wenn-Rassismus-salonfaehig-wird-article15788411.html
  49.  ↑ Frankfurter Rundschau, 19. Oktober 2015
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  51.  ↑ Kölnische Rundschau vom 18. Oktober 2015
  52.  ↑ Kölner Stadt-Anzeiger. 28. Oktober 2015
  53.  ↑ Kölner Stadt-Anzeiger. 29. Oktober 2015
  54.  ↑ Kölner Stadt-Anzeiger, 20. Oktober 2015,
  55.  ↑ Express, 21. Oktober 2015
  56.  ↑ Kölner Stadt-Anzeiger, 21. Oktober 2015
  57.  ↑ Frankfurter Rundschau, 19. Oktober 2015
  58.  ↑ Kölnische Rundschau. 23. Oktober 2015
  59.  ↑ Ebd.
  60.  ↑ Süddeutsche Zeitung vom 2. Februar 2016.
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  65.  ↑ Der Tagesspiegel vom 18. Oktober 2015
  66.  ↑ Der Tagesspiegel vom 17. Oktober 2015
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  68.  ↑ Mitteldeutsche Zeitung vom 19. Oktober 2015
  69.  ↑ Neue Osnabrücker Zeitung vom 19. Oktober 2015
  70.  ↑ FAZ vom 24.10.2012
  71.  ↑ http://www.migazin.de/2015/12/02/vergasen-wir-haben-ein-zunehmendes-problem-antiziganismus/
  72.  ↑ Ebd.
  73.  ↑ Ebd.
  74.  ↑ Ebd.
  75.  ↑ Ebd.
  76.  ↑ Ebd.
  77.  ↑ Ebd.
  78.  ↑ Frankfurter Rundschau vom 26.12.2014
  79.  ↑ http://www.nzz.ch/international/europa/unruhe-nach-anschlagsserie-1.18633625
  80.  ↑ Ebd.
  81.  ↑ http://www.focus.de/politik/ausland/maskierte-hetzen-fluechtlinge-jagdszenen-im-herzen-von-stockholm-schweden-sind-entsetzt-ueber-ihr-eigenes-land_id_5257254.html
  82.  ↑ http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/02/09/schweden-polizei-verhindert-offenbar-gross-anschlag/
  83.  ↑ http://www.nzz.ch/international/europa/unruhe-nach-anschlagsserie-1.18633625
  84.  ↑ Jungar, A. C.: Convergence by different means: The Finns Party and the Sweden Democrats, in: Decker, F./Henningsen, B./Jakobsen, K. (Hrsg.): Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Europa. Die Herausforderung der Zivilgesellschaft durch alte Ideologien und neue Medien, Baden-Baden 2015, S. 187 ff.
  85.  ↑ Jungar, A. C.: Convergence by different means: The Finns Party and the Sweden Democrats, in: Decker, F./Henningsen, B./Jakobsen, K. (Hrsg.): Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Europa. Die Herausforderung der Zivilgesellschaft durch alte Ideologien und neue Medien, Baden-Baden 2015, S. 188
  86.  ↑ Ebd., S. 189
  87.  ↑ http://www.taz.de/Die-Wahrheit/!5224321/
  88.  ↑ Häusler, A./Roeser, R.: Die »Alternative für Deutschland«– eine Antwort auf die rechtspopulistische Lücke?, in: Braun, S./Geisler, A./Gerster, M. (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten: Hintergründe – Analysen – Antworten. 2. aktualisierte und erweiterte Auflage, Wiesbaden 2015, S. 101–128, hier S. 121
  89.  ↑ Decker, F.: Alternative für Deutschland und Pegida: Die Ankunft des neuen Rechtspopulismus in der Bundesrepublik, in: Ders./Henningsen, B./Jakobsen, K. (Hrsg.): Rechtspopulismus und Rechtsextremismus in Europa. Die Herausforderung der Zivilgesellschaft durch alte Ideologien und neue Medien (= International Studies on Populism. Bd. 2), Baden-Baden 2015, S. 75–90, hier S. 77
  90.  ↑ Häusler, A. Zerfall oder Etablierung? Die Alternative für Deutschland (AfD) als Partei des Rechtspopulismus, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 63 (2015), S. 741–758, hier S. 745
  91.  ↑ Kellershohn, H.: Die AfD, die jungkonservative Neue Rechte und die Demokratiekritik von Rechts, in: Kastrup, W./Ders. (Hrsg.): Kapitalismus und / oder Demokratie? Beiträge zur Kritik „marktkonformer“ Demokratieverhältnisse (= Edition DISS. Edition des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung. Bd. 36). Münster 2014, S. 127–140, hier S. 133
  92.  ↑ Lewandowsky, M.: Eine rechtspopulistische Protestpartei? Die AfD in der öffentlichen und politikwissenschaftlichen Debatte, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft Jahrgang 25 (2015), Heft 1, S. 119–134, hier S. 124
  93.  ↑ Lewandowsky, M.: Eine rechtspopulistische Protestpartei? Die AfD in der öffentlichen und politikwissenschaftlichen Debatte, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft Jahrgang 25 (2015), Heft 1, S. 119–134, hier S. 125
  94.  ↑ Rohgalf, J.: Subsidiarität als Kampfbegriff. Politik und Emotionalisierung am Beispiel der AfD, in: Korte, K.-R. (Hrsg.): Emotionen und Politik. Begründungen, Konzeptionen und Praxisfelder einer politikwissenschaftlichen Emotionsforschung, Baden-Baden 2015, S. 297–316, hier S. 303
  95.  ↑ Rohgalf, J.: Subsidiarität als Kampfbegriff. Politik und Emotionalisierung am Beispiel der AfD, in: Korte, K.-R. (Hrsg.): Emotionen und Politik. Begründungen, Konzeptionen und Praxisfelder einer politikwissenschaftlichen Emotionsforschung, Baden-Baden 2015, S. 297–316, hier S. 306
  96.  ↑ Wagner, A./Lewandowsky, M./ Giebler, H.: Alles neu macht der Mai? Die Alternative für Deutschland (AfD) und die Europawahl 2014, in: Kaeding, M./Switek, N. (Hrsg.): Die Europawahl 2014. Spitzenkandidaten, Protestparteien, Nichtwähler, Wiesbaden 2015, S. 137–148, hier S. 142
  97.  ↑ Kellershohn, H.: Die AfD, die jungkonservative Neue Rechte und die Demokratiekritik von Rechts, in: Kastrup, W./Ders. (Hrsg.): Kapitalismus und / oder Demokratie? Beiträge zur Kritik „marktkonformer“ Demokratieverhältnisse (= Edition DISS. Edition des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung. Bd. 36). Münster 2014, S. 127–140, hier S. 132
  98.  ↑ Niedermayer, N.: Eine neue Konkurrentin im Parteiensystem? – Die „Alternative für Deutschland“, in: Ders. (Hrsg.): Die Parteien nach der Bundestagswahl 2013, Wiesbaden 2014, S. 175–207, hier S. 179
  99.  ↑ Abendzeitung München, 8.10.2015
  100.  ↑ http://www.mz-web.de/politik/-terror-von-paris-sote-soeder-zusammenhang-terror-fluechtlinge,20642162,32421910.html#plx927164031
  101.  ↑ SZ, 17. Juli 2015, S. 37
  102.  ↑ SZ 13.12.2014, S. 4
  103.  ↑ Decker, O./Kiess, J./Brähler, E. u.a.: Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012, Bonn 2012
  104.  ↑ Aachener Nachrichten vom 9.1.2014
  105.  ↑ Süddeutsche Zeitung vom 5.9.2014
  106.  ↑ http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/islam-debatte-fortschreitende-islamisierung-infolge-der-geburtenfreudigkeit/11224380-2.html
  107.  ↑ Süddeutsche Zeitung vom 28.5.2011
  108.  ↑ Flugblatt von Pro Köln zur Kommunalwahl am 26.9.2004
  109.  ↑ www.ksta.de/html/artikel/1144673461049.shtml.
  110.  ↑ Ebd.
  111.  ↑ Ebd.
  112.  ↑ www.pro-nrw.org/content/view/81/20
  113.  ↑ Giordano, R.: Nicht die Moschee, der Islam ist das Problem, in: Sommerfeld, F.: Der Moscheestreit. Eine exemplarische Debatte um Einwanderung und Integration, Köln 2008,S. 37-51, hier S. 37
  114.  ↑ Ebd. S.39
  115.  ↑ Ebd. S. 40
  116.  ↑ Ebd. S. 39
  117.  ↑ Ebd. S. 50
  118.  ↑ www.pro-nrw.org/content/view/824/1/
  119.  ↑ Höhn, H.-J.: Die Goldene Regel, in: Sommerfeld, F.: Der Moscheestreit. Eine exemplarische Debatte um Einwanderung und Integration, Köln 2008, S. 125-129, hier S. 125f
  120.  ↑ = Meisner, J.: Keine Angst – aber ein ungutes Gefühl, in: Sommerfeld F.: Der Moscheestreit. Eine exemplarische Debatte um Einwanderung und Integration, Köln 2008, S. 177-181, hier S. 179f =
  121.  ↑ Pro Köln (Hrsg.): Informationen der Bürgerbewegung pro Köln e.V., Nr. 2, 2.Quartal 2003, Köln 2003, S. 1
  122.  ↑ www.pro-koeln-online.de/artikel 08/011008_preise.htm
  123.  ↑ www.pro-koeln-online.de/artikel6/kreativ.htm
  124.  ↑ www.pro-koeln-online.de/artikel6/grossmoschee.htm
  125.  ↑ http://www.linksfraktion-saarland.de/nc/presse/pressemitteilungen/detail/zurueck/presse-4/artikel/oskar-lafontaine-fluechtlings-zuzug-begrenzen-um-in-deutschland-den-familiennachzug-zu-ermoeglichen/
  126.  ↑ Ebd.
  127.  ↑ Ebd.
  128.  ↑ https://www.wsws.org/de/articles/2015/11/11/lafo-n11.html
  129.  ↑ Zitiert aus Ebd.
  130.  ↑ http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sahra-wagenknecht-militaerische-interventionen-des-westens-helfen-dem-is-a-1066246.html
  131.  ↑ Ebd.
  132.  ↑ Ebd.
  133.  ↑ www.tagesspiegel.de/politik/newsblog-zu-fluechtlingen-csu-sauer-auf-die-kanzlerin-linke-geben-usa-schuld-an-krise/12282848.html
  134.  ↑ Abendzeitung München, 8.10.2015
  135.  ↑ http://www.mz-web.de/politik/-terror-von-paris-sote-soeder-zusammenhang-terror-fluechtlinge,20642162,32421910.html#plx927164031
  136.  ↑ www.derwesten.de/politik/csu-will-merkel-bei-parteitag-wegen-fluechtlingen-unter-druck-setzen-id11304786.html
  137.  ↑ Ebd.
  138.  ↑ SZ, 17. Juli 2015, S. 37
  139.  ↑ SZ 13.12.2014, S. 4
  140.  ↑ www.tagesspiegel.de/politik/newsblog-zu-fluechtlingen-csu-sauer-auf-die-kanzlerin-linke-geben-usa-schuld-an-krise/12282848.html
  141.  ↑ Appiah, K.A.: Der Kosmopolit. Philosophie des Weltbürgertums, München 2009, S. 19
  142.  ↑ Bade, K.J.: Europa in Bewegung: Migration vom späten 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart, München 2000 oder Bade, K.J. (Hrsg.), Deutsche im Ausland – Fremde in Deutschland: Migration in Geschichte und Gegenwart, München 1992
  143.  ↑ Paul, Einführung in die interkulturelle Philosophie, a.a.O., S. 19
  144.  ↑ http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/gastbeitrag-die-fluchtursachen-bekaempfen-nicht-die-fluechtlinge-13597358.html
  145.  ↑ Sassen, S.: Migranten, Siedler, Flüchtlinge. Von der Masseneinwanderung zur Festung Europa, Frankfurt/Main 1996, S. 22
  146.  ↑ Barthes, R.: Die Mythen des Alltags, Frankfurt/Main 1964, S. 17
  147.  ↑ Yildiz, E.: Stigmatisierende Mediendiskurse in der kosmopolitanen Einwanderungsgesellschaft, in: Butterwegge, C./Hentges, G. (Hrsg.): Massenmedien, Migration und Integration, Wiesbaden 2006, S. 35-52, hier S. 38
  148.  ↑ Schmidt, S. J.: Kalte Faszination. Medien, Kultur und Wissenschaft in der Mediengesellschaft, Vellbrück 2000, S. 31
  149.  ↑ Häusler, A.: „MultiKulti“ als Bedrohungsszenario in Medien der extremen Rechten, in: Butterwegge, C./Hentges, G. (Hrsg.): Massenmedien, Migration und Integration, Wiesbaden 2006, S. 109-128, hier S. 110
  150.  ↑ Paul, G.: Einführung in die interkulturelle Philosophie, Darmstadt 2008, S. 21
  151.  ↑ www.int-gip.de/informationen.html
  152.  ↑ Ebd., S. 7
  153.  ↑ Vgl. dazu Gottowik, V.: Konstruktionen des anderen. Clifford Geertz und die Krise der ethnografischen Repräsentation, Berlin 1997
  154.  ↑ Vgl. dazu Breckner, R.: Migrationserfahrung-Fremdheit-Biografie. Zum Umgang mit polarisierten Welten in Ost-West-Europa, 2. Auflage, Wiesbaden 2009, S. 77-81
  155.  ↑ Simmel, G.: Exkurs über den Fremden, in: Locke, A. (Hrsg.): Der Gast, der bleibt. Dimensionen von Georg Simmels Analyse des Fremdseins, Frankfurt/Main u.a. 1992, S. 13f
  156.  ↑ Bauman, Z.: Unbehagen in der Postmoderne, Hamburg 1999, S. 35
  157.  ↑ Bauman, Z.: Moderne und Ambivalenz. Das Ende der Eindeutigkeit, Frankfurt/Main 1996, S. 76
  158.  ↑ Vgl. dazu Schäffter, O.: Modi des Fremderlebens. Deutungsmuster im Umgang mit Fremdheit, in: Ders. (Hrsg.): Der Fremde. Erfahrungsmöglichkeiten zwischen Faszination und Bedrohung, Opladen 1991, S. 11-42
  159.  ↑ Vgl. dazu Krämer, F.: Erfahrungsvielfalt und Wirklichkeit. Zu William James‘ Realitätsverständnis, Göttingen 2006
  160.  ↑ Vgl. dazu Ferrari, M.: Das Faktum der Wissenschaft, die transzendentale Methode und die Kulturphilosophie bei Ernst Cassirer, in: Recki, B. (Hrsg.): Philosophie der Kultur – Kultur des Philosophierens. Ernst Cassirer im 20. und 21. Jahrhundert, Hamburg 2012, S. 337-358
  161.  ↑ Ebd., S. 127ff
  162.  ↑ Vgl. dazu Baumert, B.: Die Kehrseite der Anschlussfähigkeit. Zur Prä- und Postexistenz des Logos in Auseinandersetzung mit der Christologie von Paul Tillich, Münster 2014, S. 47-56
  163.  ↑ Paul, Einführung in die interkulturelle Philosophie, a.a.O., S. 12
  164.  ↑ Ebd., S. 31
  165.  ↑ Mall, R.A.: Tradition und Rationalität. Eine interkulturelle philosophische Perspektive, in: Bickmann, C. u.a.: Tradition und Traditionsbruch zwischen Skepsis und Dogmatik. Interkulturelle philosophische Perspektiven, Amsterdam/New York 2006, S. 19-48, hier S. 26
  166.  ↑ Der Begriff philosophia perennis („immerwährende Philosophie“) geht von der Vorstellung aus, dass sich bestimmte philosophische Einsichten über Zeiten und Kulturen hinweg erhalten und universal gültige Aussagen über die Wirklichkeit existieren.
  167.  ↑ Mall, R.A./Hülsmann, H.: Die drei Geburtsorte der Philosophie. China. Indien. Europa, Bonn 1989, S. 13
  168.  ↑ Mall, R.A.: Tradition und Rationalität, in: Bickmann, Tradition und Traditionsbruch zwischen Skepsis und Dogmatik, a.a.O., S. 30
  169.  ↑ Hengst, D.P./von Barloewen, C. (Hrsg.): Kulturbegegnungen. Band 1, Osnabrück 2003, S. 24
  170.  ↑ Jaspers, K.: Philosophische Autobiographie, München 1977, S. 122