e-Portfolio von Michael Lausberg
Besucherzäler

Martin Rupps: Kanzler Dämmerung

Wer zu spät kommt, darf regieren

Orell Füssli, Zürich 2017, ISBN: 978-3-280-05645-5

In einem unkonventionellen Buch kurz vor der Bundestagswahl vertritt der Zeithistoriker und Politikwissenschaftler provokante Thesen über das politische System und die demokratische Kultur der BRD. Für ihn sind „Bundestagswahlen Motor der politischen Entwicklung“, sondern „Zirkusveranstaltungen von Politikern und Journalisten vor einem nächsten Wahltermin.“ Die Geschichte der BRD soll folgendes zeigen: „Wer in Deutschland eine Bundestagswahl gewinnt, hat seine politische Zukunft hinter sich. Gewonnene Wahlen, zumal triumphal gewonnene, sind Vorboten des politischen Niedergangs.“ (S. 10)

Er wirft weiterhin den Eliten vor, nicht von ihrer Macht loslassen zu können, was zu einer Verkrustung und Stagnation führen würde. Vor diesem Hintergrund will er Amtszeitbegrenzungen mit verlängerten Amtszeitbegrenzungen in der Politik einführen, so dass die Kanzlerschaft auf maximal zehn Jahre begrenzt wird. Er erhofft sich durch diesen Mechanismus der Begrenzung, innovative Veränderungen für gesamte Politik. Im angeblichen Kampf Jung gegen Alt in der deutschen Politik plädiert für Jugendquoten und Juniorabgeordneten, um mehr jüngere Bürger als bisher Politik für die Politik begeistern zu können.

Rupps stellt die politische Realität in der BRD fast wie eine „Kanzlerdemokratie“ dar, was sowohl in der politischen Systemlehre als auch in der historischen Praxis nicht zutrifft. Das politische Italien wäre froh, wenn es solche Probleme hätte.

Rupps konzentriert die vielschichtige Gemengelage, wie Politik in der Praxis funktioniert, auf Konflikte zwischen angeblich politisch dominierende Generationen. Dies ist eine einseitige Darstellungsweise, die den polyvalenten Charakter von Politik negiert. Es gibt nicht Alt und Jung in der Politik, sondern nur gute und schlechte Politikerinnen und Politiker mitsamt ihren jeweiligen Weltanschauungen. Nicht das Alter von Politikern ist entscheidend für Politik, sondern die jeweiligen Konzepte. Dass die parlamentarische Demokratie mit seltenen Wahlen selten die Meinung der Wähler und Wählerinnen abbildet, ist nichts Neues. Die Entfremdung zwischen der normalen Menschen und der großer Teil der politischen Elite ist wissenschaftlich belegt. Eine Basisdemokratie nach rätedemokratischem Muster kann viel besser und fairer den Mehrheitswillen einer Bevölkerung abbilden.

 

Eintrag im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek:

ISBN: 978-3-280-05645-5 .