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Das Goldene Zeitalter der Kunst in den Niederlanden

Das „goldene manuelinische Zeitalter“ im frühen 16. Jahrhunderts wurde hauptsächlich von der flämisch-niederländischen Kunst geprägt. Der Flame Francisco Henriques wirkte in Lissabon und Évora. Ebenfalls aus dem Norden stammte Frei Carlos, ein Hieronymitenmönch aus einem Kloster in der Nähe von Évora. Als ein bedeutendes Beispiel der durch die Altniederländische Malerei beeinflussten portugiesischen Malerei gilt der Meister von Lourinhã.[1]

Die Niederlande durchliefen im Goldenen Zeitalter eine kulturelle Entwicklung, die sich von der ihrer Nachbarstaaten deutlich unterschied und allgemein als Höhepunkt der holländisch-niederländischen Zivilisation angesehen wird.[2] Während in anderen Ländern reiche Aristokraten Schirmherren und Gönner der Künste waren, spielten in den Niederlanden wohlhabende Händler und andere Patrizier diese Rolle. Hier bildete die aufstrebende, ungewöhnlich breite Mittelschicht zusammen mit den reichen Bauern das entscheidende Potential für die ökonomische wie auch für die gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung des Landes.

Sie alle stellten einen riesigen Markt für den Absatz gewerblicher und künstlerischer Erzeugnisse dar.[3] Durch ihr wachsendes gesellschaftliches Ansehen entstand bei Händlern, Handwerkern, kleinen Beamten oder Offizieren das Bedürfnis, ihren Status zur Schau zu stellen, und zwar auf eine vergleichbare Weise, wie es im Hochadel und Klerus gang und gäbe war. Dank ihrer Kaufkraft konnten sie sich diese Wünsche erfüllen.

Durch das allgemein gesteigerte Interesse an der Beschreibung der sichtbaren Welt wurde der Wunsch nach Kunstbesitz geradezu unersättlich, und die Nachfrage nach weltlicher Malerei blühte auf wie nie zuvor und nirgendwo sonst. Porträts beispielsweise sollten den gesellschaftlichen Rang der eigenen Person darstellen, wenn nicht erhöhen.[4] Das über die unbedingt erforderlichen Einrichtungsgegenstände hinausgehende Mobiliar wurde als Statussymbol betrachtet, was sich im Besitz prächtiger Eichentruhen, achteckiger Tische und teurer Betten bei den Bauern und in kostbaren Uhren, Spiegeln, Porzellan oder Besteck der Bürgerschaft ausdrückte. Der teilweise ins Unerhörte wachsende Reichtum der Niederländer garantierte somit die Lebensgrundlage der Künstler des 17. Jahrhunderts (selbst wenn nur die wenigsten vollständig davon leben konnten) und hatte zur Folge, dass es eine ungleich bessere „Kunstversorgung“ der Bevölkerung gab als irgendwo sonst in Europa.

Kunst und Kultur, dabei besonders die Malerei, entwickelten sich zusammen mit ihren neuen „Kunden“ zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor.[5] Den schon damals gültigen Gesetzen der freien Marktwirtschaft folgend, wurde das „Dienstleistungsgewerbe Kunst“ immer differenzierter, es bildeten sich zum Beispiel Fachbetriebe für bestimmte Gattungen der Malerei aus und gleichzeitig entstanden Bildgattungen, deren Motive für die Malerei Neuland waren, wie beispielsweise die Landschaftsmalerei und das Genre der Sittengemälde. Auch stilistisch wurde die Kunstlandschaft immer vielfältiger, so dass die Auftraggeber sogar Malweisen, sei es der flämisch-italienischen oder der holländischen Schule selbst bestimmen konnten.[6]

So bestimmten bürgerliche Auftraggeber die Kunstproduktion, die auf dem Selbstverständnis einer frühkapitalistischen Republik fußte, was zu einem höheren Realismus und zur Bevorzugung bestimmter Kunstgattungen wie Porträtmalerei (Einzel- und Gruppenbildnis), Genrebilder oder Stilllebenmalerei führte. Die schutterij, die Schützen mit ihrer Schützengilde und die rederijkers, die Dichter, organisiert in der rederijkerskamer, der Dichtergilde (seinerzeit „Redekammer“ genannt), waren gleichzeitig kulturelle Zentren und Förderer der Künste. Die Schützen hatten sich zu einer Art städtischen Bürgerwehr organisiert und sorgten nachts für Ruhe und Ordnung in den Städten. Alle männlichen Einwohner waren ihr zu Dienst verpflichtet.

Die Dichtergilden stellten Vereinigungen auf Stadtebene dar, die literarische Aktivitäten begünstigten und unterstützten. Die Städte waren ebenso stolz auf diese Gilden wie die Bürger auf ihre Mitgliedschaft, die sie sich viel kosten ließen. Große niederländische Dichter, wie zum Beispiel Pieter C. Hooft und Joost van den Vondel, waren Mitglieder einer Rederijkerskamer. Die einzelnen Gilden und Gildenmitglieder ließen sich gerne und oft bei der Ausübung ihrer Ehrenaufgabe porträtieren. Ein Beispiel dafür ist das Bild der Nachtwache von Rembrandt van Rijn.[7]

Im 17. Jahrhundert erreichte die Malerei in den Niederlanden eine derartige Blüte, dass sie gelegentlich alleine mit dem Begriff des Goldenen Zeitalters verbunden wird.[8] Schon im 16. Jahrhundert war die Kunstproduktion hoch gewesen. Allein in Antwerpen sollen 1560 mehr als 300 Meister mit Malerei und Graphik beschäftigt gewesen sein, hingegen nur 169 Bäcker und 78 Fleischer. Nun entstanden in dem dicht besiedelten Land in kurzer Zeit und auf engstem Raum viele Zentren der Malerei – neben Amsterdam etwa Haarlem, Delft, Utrecht, Leiden, Den Haag und Deventer. Bald waren Malerei und Druckgraphik geradezu allgegenwärtig, die Niederlande wurden zu einer riesigen „Kunstfabrik“.[9] Jährlich kamen 70.000 Bilder auf den Markt, wobei 650 bis 700 niederländische Maler durchschnittlich jeweils 94 Bilder im Jahr malten, berühmte und weniger berühmte Maler gemeinsam mit ihren Schülern nahezu fließbandartig produzierten.

Die traditionellen kirchlichen Bildthemen wurden seit der Reformation indessen als „katholisch“ abgelehnt, die protestantischen Bürger wollten ihre Religiosität, ihre Lebensführung und ihre ureigenen Themen und Probleme – in erster Linie also sich selbst in ihrem beruflichen und privaten Umfeld, und in möglichst vorteilhafter Weise – verewigt sehen. Dies führte zur Ausprägung neuer Bildgattungen (z.B. Tronjes) und zur Erfindung neuer Bildthemen.[10] Es entstanden geradezu massenweise Einzelporträts und Gruppenbildnisse, auf denen die Familie, die Verwandtschaft, die Gildemitglieder, das Ratskollegium oder Festivitäten und Feierlichkeiten festgehalten waren; Stillleben gewährten Einblicke in das tägliche Leben des Bürgertums mit protzigen, sinnesfreudigen Interieurs hinter äußerlich unscheinbar und klassizistisch streng daherkommenden, schmalen Bürgerhäusern. Vanitas-Motive rechtfertigten die Zurschaustellung von Reichtum und Macht durch ihre warnende Botschaft.

Eine nie da gewesene Spezialisierung innerhalb der Malerei setzte ein.[11] Willem Claesz. Heda und Willem Kalf malten nur Stillleben. Ihre „Ontbijtjes“, ihre „Frühstücks“-Stillleben, hatten sie sogar auf wenige Gegenstände reduziert, die sie mit geringen kompositorischen Änderungen wieder und wieder variierten. Jan van Goyen, Jacob van Ruisdael und Meindert Hobbema standen für die Landschaftsmalerei, Jan Steen, Adriaen van Ostade und Adriaen Brouwer für die Bauernsatire, Gerard ter Borch und Pieter de Hooch für das Gesellschaftsstück (einer Variation des Genrebildes, das bäuerliche Festlichkeiten thematisiert), Pieter Jansz Saenredam und Emanuel de Witte für die Architekturmalerei, Thomas de Keyser und Frans Hals für Porträts.[12]

Gerard ter Borch gilt als einer der Hauptmeister des holländischen Genrebildes. Seine erste Ausbildung als Zeichner erhielt er von seinem Vater Gerard ter Borch d. Ä. Erste Werke, die der Vater sorgfältig aufbewahrte, stammen aus dem Jahr 1625 und sind noch heute erhalten. Diese zeigen Genreszenen und vor allem Landschaften aus der Umgebung von Zwolle.

1634 erhielt er das Meisterrecht und durfte seine Bilder signieren. So stammt das früheste von ihm bekannte Werk auch aus dem Jahr 1635. Noch im Sommer des gleichen Jahres begab er sich nach London, wo sein Onkel Robert van Voerst erfolgreich als Kupferstecher tätig war. Dort kam er in Kontakt zu Anthonis van Dyck. Gegen 1636 kehrte er für kurze Zeit nach Zwolle zurück, von wo aus er Studienreisen nach Italien und Spanien unternahm. In Madrid malte er ein Porträt des spanischen Königs Philipp IV., das jedoch nicht erhalten ist. Zwischen 1640 und 1645 befand er sich wieder in Holland, wo er vor allem in Holland und Amsterdam tätig gewesen ist. Dort erwachte in ihm das Interesse an der Genremalerei.

Zwischen 1644 und 1645 war er in Amsterdam als vielbeschäftigter Porträtist tätig und erlangte dadurch eine große Popularität.[13] Dort ist es Ter Borch gelungen sich in den vornehmsten Amsterdamer Regentenkreisen Einzug zu verschaffen. Neben Portraits der Familien Six, De Graeff, Pancras, De Vicq hatte er auch Bildnisse von angesehenen Gelehrten wie Caspar van Baerle angefertigt. Diesem Bekanntheitsgrad verdankte er es, dass ihn 1646 der holländische Gesandte Adriaan Pauw bat, ihn zu den Friedensverhandlungen zwischen den Niederlanden und Spanien nach Münster zu begleiten. Dort durfte er viele der anwesenden Diplomaten porträtieren, wodurch er die Aufmerksamkeit des spanischen Gesandten, dem Grafen von Peñeranda, erregte. Dieser nahm Gerard ter Borch in seine Dienste, so dass dieser Augenzeuge des am 15. Mai 1648 geschlossenen Separatfriedens zwischen den Niederlanden und Spanien wurde.

Das Ereignis hielt er in seinem berühmten Gemälde Der Friedensschluß zu Münster fest, das heute im Rijksmuseum in Amsterdam gezeigt wird.[14] Noch im gleichen Jahr kehrte er nach Holland zurück, wo er in den nächsten Jahren in den verschiedensten Städten tätig war. Abwechselnd lebte er in Amsterdam, Den Haag, Haarlem, Kampen und Zwolle. Sein Hauptbetätigungsfeld war nun die Genremalerei, wo er in kurzer Zeit zu einer Meisterschaft heranreifte, so dass er heute als einen der bedeutendsten Vertreter dieser Gattung gilt. Nach seiner Heirat am 14. Februar 1654 ließ sich Gerard ter Borch endgültig in Deventer nieder.

Ab 1660 wandte er sich wieder vermehrt der Porträtmalerei zu, so dass nur noch wenige Genrebilder entstanden.

Trotz seines ausgedehnten Wanderlebens blieb Gerard ter Borch zeitlebens der holländischen Schule treu. Schon in seinen frühen Werken, die deutlich von den Amsterdamer Genremalern Pieter Codde und Willem Duyster beeinflusst sind, zeigt sich sein Interesse für die Wiedergabe menschlicher Figuren, die vorrangig von einer Seite beleuchtet werden und sich in Räumen mit spärlicher Einrichtung befinden. In diesem Genre der Malerei waren seine Werke den größten Entwicklungen unterworfen. Malte er anfangs vor allem Szenen aus dem Volks- und Soldatenleben, spezialisierte er sich ab 1648 auf Interieurszenen mit einigen wenigen Figuren, die galante Paare und meist Damen beim Lesen, Schreiben, Musizieren oder der Toilette zeigen.[15]

In der Art der Anordnung und Darstellung der Figuren beschritt Gerard ter Borch völlig neue Wege und wurde damit zum Wegbereiter für jüngere Meister, die sich an ihn orientierten. Beispielhaft seien hier nur Gabriel Metsu, Pieter de Hooch und Jan Vermeer genannt. Seinen Porträtstil entwickelte Garard ter Borch unter dem Einfluss des Haarlemer Malers Hendrick Pot. Bereits in den 1640er Jahren war dieser voll ausgereift und kaum Wandlungen unterworfen. Seine Modelle sind meist schwarz gekleidet und vor neutralen grauen Hintergründen abgebildet.

Mit der Frührenaissance sind endgültig die Goldgründe mittelalterlicher Heiligenbilder durch Landschaften ersetzt, zunächst noch, wie bei Giotto, als kulissenartige Zusammenstellung einzelner Motive, später als einheitlicher Hintergrund.[16]

Im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts entstand nördlich der Alpen ein neues, vorher unbekanntes Naturempfinden. Die Natur erhielt in Bildern der Donauschule einen eigenständigen Rang; Naturstudien ohne Menschendarstellungen sind keine Seltenheit. Das erste reine Landschaftsgemälde ohne jegliche Figuren ist das Bild Donaulandschaft mit Schloss Wörth, entstanden um 1522 von einem Maler der Donauschule, Albrecht Altdorfer.[17] Frühe Beispiele aus dem nördlichen Europa für die Wiedergabe einer konkreten Landschaft - des Genfer Sees – sind Der wunderbare Fischzug des Konrad Witz - oder einer realistischen Darstellung von bewegtem Wasser auf dem um 1435 entstandenen Christophoros des gleichen Malers.[18]

Sowohl in Venedig als auch in Florenz fanden die Anregungen aus dem Norden und die Entdeckungen der Perspektive in Italien auf unterschiedliche Weise ihren Niederschlag. In Piero della Francescas Montefeltro-Diptychon schaut der Betrachter aus der Vogelperspektive auf eine sich weit ausbreitende, lichte Landschaft, wobei sich Porträt und Landschaft auf unterschiedlichen und unverbundenen Bildebenen befinden. Leonardo da Vinci († 1519), von dem auch die erste reine Landschaftszeichnung stammt, stellte als Hintergründe einiger seiner Gemälde, wie der Felsgrottenmadonna, der Mona Lisa oder der Anna Selbdritt, alle im Louvre in Paris, keine Abbilder einer realen Natur dar. Diese Landschaften sind vielmehr eine Art Überblick über die elementaren Erscheinungsformen der Natur: Erde, Wasser, Fels und Luft, Nähe und Ferne, Wärme und Kälte.

Als ein Vermittler niederländischer Malkunst in Venedig gilt Antonello da Messina († 1479), der sich um 1475 in Venedig aufhielt.[19] Ebenso folgenreich für die Landschaftsdarstellungen venezianischer Maler waren Dürers Holzschnitte, während seine Landschaftsaquarelle aus der Italienreise nicht publiziert waren und schon wegen ihrer Funktion als Arbeitsskizzen keine öffentliche Wirkung hatten.[20] Bei den Venezianern Bellini, Giorgione und Tizian entfaltete sich die für die venezianische Malerei charakteristische Verschmelzung von Figuren und Landschaft, Licht und Farbe zu einer stimmungsvollen Bildeinheit von poetischer und lyrischer Qualität. Giorgione malte mit seinem Gewitter um 1515 das erste Bild, in dem die Figuren an den Rand gerückt sind und Landschaft zum Bildthema wird.[21]

Ab Mitte des 16. Jahrhunderts kam es in den Niederlanden zu einer ersten Blüte der Landschaftsmalerei, die mit den Namen Joachim Patinir, Gerard David, Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel verknüpft ist.[22] Von Joachim Patinier († 1524) stammen die überblicksartigen Weltlandschaften, in denen biblische oder mythologische Figurengruppen fast nur den Rang von Staffagefiguren einnehmen. Auch auf Breughels Bild Sturz des Ikarus von 1558 ist das eigentliche – mythologische – Thema an den äußersten Rand gerückt zu Gunsten der Darstellung einer weiten Landschaft im Licht der Morgensonne, zu deren harmonischem Einklang auch der tätige Mensch gehört.[23]

Die Hauptperson ist ein pflügender Bauer, hinter ihm steht ein Hirte, und am rechten unteren Bildrand sitzt ein Angler. Der Blick öffnet sich auf eine bis zum Horizont reichende Bucht mit der Sonnenscheibe am Horizont. Am Meer kreuzen Schiffe, und in der rechten oberen Ecke ragt ein weißes Felsengebirge auf. Schräg über dem pflügenden Bauern liegt eine befestigte Felseninsel (offenbar eine Anspielung auf das Labyrinth aus dem Mythos) und dahinter eine Hafenstadt. Links unten im Vordergrund ist ein Geldbeutel zu erkennen, in dem ein Schwert steckt, daneben liegt ein voller Getreidesack. Hinter dem Pferd, im Gebüsch, ist ein Gesicht im Halbschatten zu sehen, ein Toter, der von dem pflügenden Bauern, ebenso wie der im Hintergrund herabstürzende Ikarus unbeachtet bleibt. Der verunglückte Ikarus ist nur klein, gewissermaßen nur als Bilddetail am Rand in der unteren rechten Bildhälfte über dem Angler zu erkennen.[24]

Der Hirte befindet sich annähernd im Mittelpunkt des Bildes.[25] Sein aufwärtsgewandtes Gesicht liegt im Schnittpunkt der Haupt- und Nebendiagonalen. Der Standpunkt des Betrachters liegt auf einer Anhöhe. Der Bauer ist von schräg oben dargestellt, der Hirte etwas mehr von der Seite und das Segelschiff darüber frontal. Durch diese Winkelverschiebung verstärkt der Maler den Eindruck weiter Entfernung. Die Farbtöne gelb, grün und braun dominieren, auffallend ist jedoch das rote Hemd des Bauern.

Ikarus ist aus der griechischen Mythologie bekannt: Sein Vater Dädalus hatte Flügel konstruiert, mit denen er und sein Sohn aus der Gefangenschaft auf Kreta flohen. Als Ikarus jedoch übermütig der Sonne zu nah kam, schmolz das Wachs, das die Federn zusammenhielt, und er stürzte in den Tod.[26] Der Dichter Ovid beschreibt dies in seinen Metamorphosen (VIII, 183–235) und der Ars amatoria (II, 21–96).

Vor seiner Verbannung nach Kreta warf Dädalus aus Missgunst seinen zwölfjährigen Schüler Perdix von der Akropolis, da dieser trotz seiner Jugend Säge und Zirkel erfunden hatte. Athene fing den Buben jedoch auf und verwandelte ihn in ein Rebhuhn, das nahe dem Boden fliegt und seine Nester in Hecken baut, denn es „fürchtet die Höhe, des einstigen Sturzes gedenkend“. Der Vogel sitzt in dem Gemälde links vom Angler auf einem Ast. Im Mythos fliegt er zur Beerdigung Ikarus’ herbei.

Bezeichnend ist, dass der Maler den verunglückten Ikarus nur nebensächlich darstellt: Rechts unten sieht man ihn ins Wasser stürzen, mit seinen nackten, strampelnden Beinen macht er dabei eine eher lächerliche Figur. Über ihm sind noch einige fliegende Federn zu erkennen. Dädalus, immerhin eine der Hauptpersonen, fehlt sogar im Bild. Bedeutung gibt das Gemälde dagegen Nebenpersonen wie Bauer, Hirte und Fischer.[27]

Der Angler sitzt jedoch unten am Wasser, der Hirte ist in der Mitte platziert, der Bauer bestellt seinen Acker und allen gemeinsam ist, dass sie dem Sturz des Ikarus kein Interesse entgegenbringen. So bedeuten das Schwert im Geldbeutel und der Getreidesack im Vordergrund die flämischen Sprichwörter: „Geld und Schwert brauchen gute Hände“ und „Auf Felsen Gesätes wächst nicht“. Es sind Anspielungen auf die Nutzlosigkeit von Ikarus’ Handeln. Der Aphorismus zu der halb versteckten Leiche im Unterholz heißt: „Kein Pflug hält wegen eines Sterbenden an“.[28] Bauer, Hirte und Fischer gehorchen stoisch den Gesetzen der Natur und des Kosmos. Selbst das Rebhuhn Perdix, das sich im Mythos über Ikarus’ Tod freut, ignoriert den Verunglückten und das (bei Ovid nicht erwähnte) Schiff entfernt sich mit geblähten Segeln von der Unfallstelle.

Bruegel hat die Sage von Ikarus ganz in seine Zeit gesetzt, dafür sprechen die Landschaft und die für das 16. Jahrhundert typischen Mittelmeer-Karacken. Diese Schiffe wurden damals in niederländischen Werften gebaut und der Maler hält sie mit großer Genauigkeit fest. Entgegen der Sage, in der Ikarus der Sonne zu nah kam, stürzt er in diesem Bild an fast entgegengesetzter Stelle ab, die Sonne hingegen geht entweder auf oder unter.

Nach Jacques van Lennep ist folgende Deutung möglich: Der Bauer im Vordergrund wäre eine Anspielung auf die alchemistische Kunst. Alchemisten verglichen ihr Handwerk mit dem Ackerbau und hielten Metalle für Organismen, die wachsen und sich vermehren können. Der auf dem Stab gestützte Schäfer stellt den Gott Hermes dar, der in seiner Jugend mit seinem Bruder Apollo die Herden des Admetos hütete. Das Schiff soll auf einen Kompostbehälter anspielen und das Meer auf Quecksilber. Dies deshalb, weil eine lange gefährliche Prozedur nötig ist, bis Quecksilber eine chemische Verbindung eingeht und man dies mit den Gefahren einer Schiffsreise verglich. Die aufgehende Sonne kann auch die Erneuerung der Welt durch Alchemie bedeuten, demnach wäre Ikarus ein gescheiterter Alchemist.[29]

In der als Kupferstich verbreiteten Zeichnung Kriegsschiff mit dem Fall des Icarus hält sich Bruegel scheinbar enger an das Thema: So steht dort die Sonne hoch am Himmel und der Vater fliegt unter dem stürzenden Sohn. Dennoch interessiert sich der Künstler wesentlich mehr für das detailgetreu dargestellte Schiff.[30]

Das Interesse an Landschaftsbildern ging einher mit einer grundsätzlichen Tendenz zum Beobachten und Erforschen der Natur, dem Aufblühen der Kartografie, für die durch das Wachsen des holländischen Überseehandels ein starker Bedarf bestand, der sicheren Beherrschung perspektivischer Darstellung und mit Fortschritten in Naturwissenschaften und Technik, durch die neue Hilfsmittel bereitstanden.[31] Im Bereich der Kartografie und Landesvermessung arbeiteten Mathematiker und Geodäten (Landvermesser), Kartografen, Maler und Kupferstecher Hand in Hand. So sind Landkarten der Zeit häufig am Rand mit Veduten eingefasst, berühmtes Beispiel Jan Vermeers Allegorie der Malerei.[32] Land- und Seekarten wurden von den gleichen Druckern publiziert wie Reproduktionen von Landschaftsgemälden in Kupferstichen oder Radierungen. Der Handel mit Reproduktionen war entscheidend für die rasche Verbreitung niederländischer Landschaftsmalerei in ganz Europa.[33]

Das Genre fächerte sich bald eine Reihe von Themen auf, auf die sich die einzelnen Maler konzentrierten. Es gab Spezialisten für Phantasielandschaften, italianisierende Landschaften, Gebirgs-, Wald-, Küsten- und Flusslandschaften, Seestücke, topografische Landschaften, Winterszenen usw.[34] Die thematisch oft wenig spektakulären Bilder zeichnen sind durch eine reiche Skala von Farbabstufungen, eine feine Luftperspektive und differenzierte Lichteffekte aus, die die Grundstimmung des Bildes bestimmen. Eine den Stillleben der Zeit vergleichbare Aufladung mit allegorischen Bedeutungen ist in den Landschaften schwieriger nachzuweisen, kann aber nicht ausgeschlossen werden.

Anfänge einer Landschaftsmalerei als unabhängiges Genre kann man in Flandern mit den Weltlandschaften Patiniers datieren, in denen Landschaft das Hauptthema ist und nicht die Figuren.[35] Pieter Brueghel fertigte neben Gemälden wie den Jahreszeiten oder dem Fall des Ikarus auch Zeichnungen nach der Natur, sowohl während seiner Italienreise als auch von der Stadt Brabant. Neben dem von Flandern ausgehende Impuls wurden Einflüsse aus Italien wirksam über die Reproduktion der Bilder Adam Elsheimers durch den Utrechter Kupferstecher Hendrick Goudt.

Mit Esaias van de Velde, Pieter Moleyn, Jan van Goyen und Salomon van Ruisdael verstärkte sich eine naturalistische Bildauffassung zusammen mit einer Vorliebe für einfachere Motive, einheitliche Komposition und einer verstärkten Aufmerksamkeit für das Erscheinungsbild des Wolkenhimmels und die wechselnden Beleuchtungen auf dem Land. In der Farbwahl gab es zwischen 1625 und 1650 eine Vorliebe für monochrome Bilder in Blau-, Grün- und Erdtönen.

Die großen Landschaftsmaler des späten 17. Jahrhunderts, Jacob van Ruisdael und Aelbert Cuyp lassen italienische Einflüsse sowohl in der Komposition als auch in der Lichtführung der Bilder erkennen[36]. Ruisdaels oft düstere und schwermütig wirkende Landschaften mit ihren dramatischen Wolkenformationen, absterbenden Bäumen und sich herabstürzenden Wasserfällen werden zu Ausdrucksträgern subjektiver Empfindung, ein Grund für die hohe Wertschätzung seiner Bildern durch die Romantiker. Cuyps idealisierte Bilder dagegen sind erfüllt von einer heiteren, pastoralen Stimmung, einer Fülle von warmem Licht. Sie zeigen oft kleine ländliche Szenen. Schüler Ruisdaels war Meindert Hobbema, der auf Waldszenen und Wassermühlen spezialisiert war. Eins der berühmtesten und oft reproduzierten Bilder niederländischer Landschaftsmalerei ist seine Allee von Middelharnis von 1689.[37]

Maler in den südlichen Niederlanden wie Rubens und Rembrandt malten Landschaften in warmen und lebhaften Farben. Rembrandt widmete sich seit 1640 intensiv in seinen Radierungen der Landschaftsdarstellung, und Rubens schuf in seinen letzten Lebensjahren eine Reihe brillanter Landschaften.[38]

Mit dem 18. Jahrhundert ließ zwar das Interesse an der Landschaftsmalerei bei Sammlern und Liebhabern nach, es wuchs aber die Nachfrage nach topografisch genauen Darstellungen bestimmter Orte. Zu nennen sind hier die venezianischen Vedutenmaler Bellotto, Canaletto und Guardi und der in Rom tätige Luigi Vanvitelli. Guardi pflegte als Landschaftsmaler das Genre des Capriccios, Landschaften, die aus erfundenen und realen Partien zu einer Idealkomposition zusammengesetzt sind. Charakteristisch für die französische Malerei der Zeit sind die zarten und luftigen Landschaftshintergründe in den Bildern Watteaus und Fragonards.[39]

Im England des 18. Jahrhunderts bezog man sich in der Landschaftsmalerei gerne auf italienische Vorbilder, besonders auf Claude Lorrain. Richard Wilson malte nach seinem Aufenthalt in Rom stimmungsvolle melancholische Landschaften, ebenso wie John Robert Cozens, dieser mit einer Tendenz zum Idyllisch-Arkadischen.[40] Im späten 18. Jahrhundert entwickelte sich bei Malern ein Interesse am Erhabenen in der Natur. Burkes Untersuchung von 1756 von über das Erhabene (Enquiry into the Origin of our Ideas of the Sublime and the Beautiful) führte zu gedanklichen und künstlerischen Auseinandersetzung mit seinen Ideen nicht nur in England sondern auch in der ästhetischen Debatte in Deutschland.[41]

Um die Jahrhundertwende kündigte sich in der bildenden Kunst sowohl eine neue Einstellung zu einem subjektiven Erleben der Welt an als auch eine Wandlung in der Wahrnehmung von Erscheinungen, wie es sich in Bildern eines Turner, C. D. Friedrich oder Delacroix zeigt. Der Paradigmenwechsel der Moderne wird nicht zuletzt in der Darstellung von Landschaft sichtbar.

1796 stellte Turner sein erstes Ölgemälde (Fischer auf See) aus und wurde drei Jahre später außerordentliches Mitglied der Royal Academy of Arts.[42] Zu der Zeit war Turner bereits finanziell unabhängig, so dass er aus seinem Elternhaus auszog und sich in der Harley Street einmietete. Nach einem Besuch bei William Beckford (1799), einem seiner Förderer, war Turner von zwei Werken Claude Lorrains so beeindruckt, dass er selbst sofort große historische Bilder malen wollte.[43]

Mit 26 Jahren wurde Turner als Vollmitglied in die Royal Academy aufgenommen. Der Friede von Amiens ermöglichte es ihm 1802, zwischen den Napoleonischen Kriegen, nach Frankreich und in die Schweiz zu reisen, um die von Napoleon geraubten und im Louvre ausgestellten Bilder anzuschauen. Seit 1804 war er so finanzstark, dass er an seinem Haus eine Galerie anbauen ließ, in der er seine eigenen Werke ausstellte. Dies war bis dato etwas Einmaliges in der englischen Kunstwelt.

Nach dem Vorbild von Claude Lorrain mit dessen Libri de verita (Bücher der Wahrheit) wollte Turner ursprünglich seine Stiche nach Kategorien herausgeben: Sie wurden als eine Art Anleitung zum Gestalten von Landschaftsmotiven vertrieben.[44] Charles Turner war ein Meister der Mezzotinto-Radierung. Während seiner Karriere erstellte er mehr als 600 Druckplatten, von denen 400 Porträts waren. 1810 gab es jedoch einen handfesten Krach, als William im Fenster eines Geschäfts für Drucke eine Radierung nach seinem eigenen Werk Shipwrecked (Schiffbrüchig) entdeckte. Irgendwann war der Streit jedoch beigelegt, denn Charles erstellte von William ein Porträt, und letzterer benannte Charles als seinen Testamentsvollstrecker. Für die restlichen Drucke benötigte Turner acht weitere Graveure, und bei elf Drucken musste er selbst Hand anlegen. Die Sammlung und weitere Veröffentlichungen zogen sich bis 1819 hin, und sie bestand am Ende aus 71 Blättern.[45]

Im Jahr 1811 wurde er Professor für Perspektive an der Royal Academy. Inzwischen war Turner neben John Constable einer der führenden englischen Landschaftsmaler. Viele seiner Werke wurden 1819 in zwei größeren Ausstellungen gezeigt.

Im selben Jahr war Turners Italienreise der Auslöser für eine radikale Wende in seinem Schaffen.[46] Anscheinend hatte Italien ihn ganz und gar beeindruckt – das südliche Licht sollte ihn nicht mehr loslassen. Innerhalb von vier Monaten schuf er mehr als 2000 Bleistiftskizzen von Rom und seiner Umgebung. Wieder in England angekommen, begann er seine Auffassung von der Kraft des Lichts darzustellen.[47] Ein Beispiel ist das 1819 entstandene Ölgemälde Modern Rome – Campo Vaccino. Zwar änderte Turner seinen Stil nicht abrupt, doch zog er eine klare Trennung zwischen seinen Auftragsarbeiten und seinen Experimenten, in denen sich seine Ideen voll entfalteten. Knapp zehn Jahre später (1828) fuhr er erneut nach Rom.[48]

William Turner konzentrierte sich im Wesentlichen auf die Motive und Farben. Er zeichnete jedoch nicht genau, sondern veränderte die Höhe der Berge, verengte Täler und verschob Gebäude. In der frühen Phase seiner Malerei nutzte Turner Aquarellfarben, die bekannteren Spätwerke jedoch sind zumeist in Öl gemalt. Bei vielen seiner Kunstwerke hat er Tupfer einer schmutzigen Spachtelmasse zusammengesetzt und auf die Leinwand geworfen. Es handelt sich somit um einen pastosen Farbauftrag. Seine Motive entstanden beim Reisen. Turner füllte auf diesen Reisen zahlreiche Skizzenbücher, diese Skizzen verwendete er später für seine Werke.

Seine Malweise wurde zunehmend freier und widersprach in seinem Spätwerk häufig dem Zeitgeschmack. „In seinen letzten Landschaftsbildern ist die gegenständliche Lesart immer weniger eindeutig, sie wirken unabgeschlossen und skizzenhaft.“[49] Vor allem diese Spätwerke fanden bei den Impressionisten begeisterte Aufnahme. Turner gilt als „Schlüsselfigur für den Übergang der Malerei zur historischen Moderne“. Mit seinem Vorstoß ins rein Malerische wurde er nicht nur zum Vorbild der Impressionisten, sondern auch der abstrakten Kunst des 20. Jahrhunderts.

William Turner litt unter einer Trübung der Linse des Auges, Katarakt genannt. Bildende Künstler, die unter dieser Erkrankung leiden, benutzen zur Gestaltung ihrer Bilder eher dumpfe, weniger kontrastreiche Farben. Das liegt daran, dass die Linse durch die Trübung eine gelbliche Farbe erhält und damit blaues Licht stärker absorbiert, so dass weniger davon an den Photorezeptoren des Auges ankommt. Dies führt zu einer veränderten Farbwahrnehmung, die sich auch in der Farbgestaltung ihrer Werke niederschlägt.

1815 war im Pazifik der Vulkan Tambora ausgebrochen, weltweit die größte Eruption seit dem Ausbruch des Lake Taupo vor über 20.000 Jahren. Die vulkanischen Stäube verbreiteten sich global und führten 1816 zum Jahr ohne Sommer und auch danach zu einer deutlichen vulkanisch bedingten Klimaabkühlung mit katastrophalen Auswirkungen. Darüber hinaus kam es für Jahrzehnte nach dem Ausbruch zu merklichen Veränderungen im Tageslicht. Besonders ausgeprägt war dies abends und morgens infolge der dann längeren Lichtpassage durch die Atmosphäre mit erheblich stärkerer Brechung der Sonnenstrahlen durch Vulkanstaub.[50]

Die biedermeierlichen Sonnenuntergänge in Europa waren von nie dagewesener Pracht – in allen Schattierungen von Rot, Orange und Violett, gelegentlich auch in Blau- und Grüntönen.[51] Die grandiosen Abendstimmungen und die intensiven Erdfarben, Ocker und Gelbtöne Turners, die außerhalb von Landschaften mit entsprechender natürlicher Farbgebung (etwa der Toskana und der Camargue) fast unwirklich erscheinen, haben davon merklich profitiert.

Künstler wie Gustave Courbet verwarfen die überkommenen Prinzipien und Normen der Malerei, wie sie in den Kunstakademien seit der Renaissance herausgebildet worden waren, und wendeten sich neuen Themen aus dem bürgerlichen Milieu und der Arbeitswelt zu. Der braune „Akademieton“ von Bildern wurde obsolet, sowohl die perspektivische Darstellung als auch eine mimetische Nachahmung der Natur wurden abgelehnt. Nicht nur die Impressionisten wählten jetzt helle und grelle Farben.[52]

Das Interesse verlagerte sich vom Motiv auf die Malweise. Cézanne fasste das Bild nicht mehr im Sinne Albertis als Fenster zur Welt auf, auf der ebenen Fläche wird kein dreidimensionaler Raum vorgetäuscht, das Bild ist vielmehr ein zweidimensionales Feld, in dem Ordnung von Formen und Farben relevant ist. Das Bild selbst ist eine parallele Wirklichkeit zur Wirklichkeit der Welt und nicht deren Abbildung.[53]

Gegen Ende des Jahrhunderts verstärkten sich die Tendenzen zu einer subjektiven Interpretationen der Welt und zur Dominanz einer persönlichen Handschrift, wie es sich in den expressiven Landschaften eines van Gogh zeigt sowie einer vermehrten Vielfalt künstlerischer Perspektiven, ein Kennzeichen der Malerei der Moderne.

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts richtete sich das Interesse des Publikums verstärkt auf die Landschaftsmalerei.[54] Angeregt durch Schriften Jean-Jacques Rousseaus, in denen eine neue Sensibilität für die Natur und deren Wirkung auf die seelische Verfasstheit des Menschen erkennbar ist, sahen Dichter und Künstler der Romantik in der Natur einen Quell leidenschaftlichen Gefühls und eine metaphysische Dimension. Nach der Infragestellung von überkommenen Glaubensgewissheiten im Zeitalter der Aufklärung suchten Maler wie Caspar David Friedrich in der Natur und der Landschaft einen transzendentalen Bezug. Nach dem Verlust alter Ideale sollte es Aufgabe der Kunst sein, Utopien sichtbar zu machen und ein neues Leit- und Idealbild herzustellen. Als beispielhaft gilt hier sein Tetschener Altar von 1808, der in literarischen und philosophischen Kreisen eine heftige Grundsatzdebatte über eine mögliche religiöse Funktion von Landschaftsbildern auslöste.[55]

Romantische Landschaften zielen auf die Auslösung emotionaler Prozesse, auf eine Bildmagie, die einen inneren Dialog zwischen Betrachter und Bild bewirken soll.[56] Zur gleichen Zeit malten Künstler wie Koch, Reinhart, Hackert oder Wolf, die einem Klassizismus verpflichtet waren. Sie orientierten sich an den alten Vorbildern Poussin und Claude Lorrain, da aus der Antike selbst keine Landschaftsbilder bekannt waren.[57] Diese Maler sahen in ihren Bildern die Aufgabe, einen idealen Weltentwurf sichtbar zu machen im Sinne einer Wiederbelebung des antiken Geistes.

Jacob van Ruisdael war der einzige Sohn des Landschaftsmalers und Rahmenbauers Isaack van Ruisdael, bei dem er wahrscheinlich auch seine Ausbildung machte, sowie der Neffe von Salomon van Ruysdael und der Vetter von Jacob Salomonsz. van Ruysdael.[58] Seine Jugend verbrachte er also wohl in Haarlem, das bis zur Jahrhundertmitte eine prosperierende Stadt mit blühendem Bier- und Textilgewerbe war. Die Landschaftsmalerei hatte sich um 1600 unter anderem durch Adam Elsheimer und Paul Bril als eigenständige Gattung der niederländischen Malerei etabliert und wurde im wohlhabenden Haarlem besonders gepflegt.[59]

Bereits von 1646 stammen die ersten Gemälde des 17-jährigen, nicht weniger als 13 signierte und datierte Landschaften sind aus diesem Jahr erhalten. Zunächst noch abhängig von der Manier seines Onkels und dessen Haarlemer Altersgenossen, z. B. Cornelis Vroom oder Pieter de Molijn, findet Ruisdael schnell zu einem eigenen Stil. Ihn kennzeichnen dramatische Akzente durch kontrastreiche Lichtführung, kraftvolle Bildmotive und die differenzierte Wiedergabe von Naturformen.[60] Genaue Naturbeobachtungen in der Wald- und Dünenlandschaft rund um Haarlem spiegeln sich in den erhaltenen Handzeichnungen, die, vor dem Motiv ausgeführt, zur Grundlage der malerischen Ausführung im Atelier dienten. 1648 trat er in die Malergilde seiner Heimatstadt ein. Mit seinem Haarlemer Freund Nicolaes Berchem unternahm er um 1650 eine Reise nach Bentheim, dessen Schloss in der Folgezeit auf zwölf seiner Landschaften auftaucht. Seit den Reisen dieser Jahre, die ihn auch durch die Niederlande und an den Mittelrhein führten, wird der Bildaufbau in den Landschaften Ruisdaels nochmals kraftvoller: majestätische Baumpartien und imposante Wolkengebilde werden zu erhabenen Kompositionen gefügt. Um 1655 ging Ruisdael nach Amsterdam, wo er 1657 Mitglied der reformierten Kirche wurde. Am 15. Januar 1659 erwarb er das Bürgerrecht von Amsterdam, das poorterrecht.[61]

In den 1650er und mehr noch 1660er Jahren zeigt er sich stark beeinflusst von den Wasserfall-Motiven, die Allart van Everdingen (auch er ging in den 1650er Jahren von Haarlem nach Amsterdam) aus Norwegen mitgebracht und in seinen dramatischen, oft hochformatigen Landschaften verarbeitet hatte.[62] Andere Bilder der späten Jahre bieten weite Sichten ins flache Land, wobei starke Lichtkontraste und aufgetürmte Wolken eine Stadtansicht inszenieren und die Vorstellung eines schönen, in die Natur eingebetteten, aber arbeitsamen Gemeinwesens (in den verschiedenen Ansichten der Bleichwiesen vor Haarlem) hervorrufen können. Mehrere Fassungen eines düsteren Waldsumpfs oder des Judenfriedhofs zeigen auch einen melancholischeren Aspekt in der reichen Skala der Ausdrucksmöglichkeiten des Malers.[63]

Gewässer spielen in seinem Werk eine gewisse Rolle, wie schon Houbraken betonte, doch reine Marinebilder sind eher selten. Topographische Verlässlichkeit ist von Ruisdaels Ansichten nicht prinzipiell zu erwarten, sie ist in der Regel künstlerisch kompositorischen Zielen untergeordnet. Wie wirklichkeitsnah er jedoch im Detail arbeitete, zeigt ein (dem Kunstbetrachter in vielen Galerien möglicher) direkter Vergleich zwischen dem von Jakob präzise gemalten Blattwerk und dem summarisch getupften Bewuchs der Bäume seines Onkels Salomon. Der Bedeutungsgehalt seiner Motive geht immer wieder über das Gegenständliche hinaus, doch sind die möglichen Erklärungen (z. B. Wege als Lebenspfade, Mühlenflügel als Kreuzsymbole, patriotische Konnotation der kultivierten Landschaft), die etwa aus der zeitgenössischen Emblematik erschlossen werden können, wie häufig in der niederländischen Malerei, eher variable Optionen als eindeutig determinierte Festlegungen.[64]

Einer seiner Auftraggeber war der Amsterdamer Regent Cornelis de Graeff, welchen Ruisdael beim Einzug auf sein Landgut Soestdijk zeigt. Am 8. Juli 1660 gab Ruisdael an, der Maler Meindert Hobbema sei einige Jahre sein Lehrling gewesen, 1668 war er dessen Trauzeuge.[65]

Ruisdaels Werk wurde zunächst in Kupferstichen reproduziert und verbreitet; einige Blätter hat Ruisdael selbst radiert, auch sie dürften zum Nachruhm des Malers beigetragen haben, dessen Motive und Kompositionen die Landschaftsmalerei bis zum Ende des 19. Jahrhunderts einzigartig beeinflusst haben.[66]

Meindert Hobbema (1638-1709) war neben Jacob van Ruisdael der bedeutendste niederländische Landschaftsmaler in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts.[67]

Zunächst stand das Werk Hobbemas unter dem Einfluss von Cornelis Vroom und Anthonie van Borssom. Um 1656 nahm er ersten Kunstunterricht bei Jacob van Ruisdael, der gerade von Haarlem nach Amsterdam gezogen war. Hobbemas Lehrzeit bei Ruisdael scheint nicht sehr lang gedauert zu haben, da seine erste signierte Arbeit aus dem Jahr 1657 zeigt, dass er sich bis dahin als unabhängiger Meister etabliert hatte. Hobbema blieb auch nach seiner Lehrzeit mit Ruisdael freundschaftlich verbunden. Zusammen reisten sie durch die niederländischen Provinzen bis in die Region von Twente und über die Grenze nach Bentheim. Vermutungen, Hobbema hätte nach seiner Bestellung zum Eichmeister die Malerei nur als Liebhaberei fortgesetzt, gilt angesichts des umfangreichen Werkes als unwahrscheinlich. Zudem ist sein als Hauptwerk geltendes Gemälde Die Allee von Middleharnis erst 1689 entstanden.[68]

Das stark von Ruisdael beeinflusste Werk ist thematisch beschränkt auf Waldszenen, Flussläufe und vereinzelt Ansichten holländischer Städte.[69] Während Ruisdael auch Felsformationen malte und sich von der reinen Landschaftsmalerei hin zum moralisch-didaktischen Anspruch des memento mori entwickelte, blieb Hobbema weniger dramatisch und grüblerisch. Häufig ist in seinen Bildern eine ansprechende helle Farbgebung vorherrschend, wobei funkelndes Tageslicht seine Landschaften durchdringt und der Himmel im intensiven Weiß und Blau leuchtet. Die Farbpalette der Landschaften geht von einem olivgrünen Ton bis hin zum Grau und Rotgelb. Variantenreich und meisterlich in der Ausführung sind die Darstellungen des Laubwerks. Mit erstaunlicher Feinheit durchdringt das Licht die Wolken und belichtet den Boden, oder aber es scheint durch die Blätter auf andere Teile des Blattwerkes und vervielfacht so die Lichtdurchlässigkeit des Bildes. In einigen Bildern werden diese Effekte noch durch Lichtspiegelungen auf Flussläufen oder Teichen verstärkt. Vorausgegangen ist der Malerei eine intensive Naturbeobachtung in der Umgebung von Amsterdam und auf Reisen bis an die westfälische Grenze.[70] Die wiederkehrenden Motive wurden facettenreich bei verschiedenen Lichtverhältnissen, mit verschiedenen Farbtönen und zu allen Jahreszeiten variiert.

Das Werkverzeichnis von Georges Broulhiet aus dem Jahr 1938 weist über 500 Werke des Künstlers auf.[71] Dieser Umfang erscheint heute jedoch fraglich. Hobbema war zu Lebzeiten wenig erfolgreich und starb als verarmter Mann. Im 17. Jahrhundert geriet sein Name in den Niederlanden in Vergessenheit und in Kunstbeschreibungen des 18. Jahrhunderts (Houbraken, Van Gool) wird sein Name nicht erwähnt. Stattdessen erlebte die Kunst Ruisdaels eine größere Nachfrage, was dazu führte, dass Hobbemas Signaturen entfernt und seine Bilder ebenfalls als Bilder von Ruisdael gehandelt wurden. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann dann die Nachfrage nach Hobbemas Bildern insbesondere in England zu steigen. Das Frühwerk des Malers Thomas Gainsboroughs ist von der Malerei Hobbemas beeinflusst. Als Ende des 19. Jahrhunderts verstärkt auch amerikanische Sammler seine Werke auf dem Kunstmarkt nachfragten und die Preise sich entsprechend nach oben entwickelten, kam es vielfach zu Umdatierungen, falschen Signaturen oder kompletten Fälschungen.

Willem van de Velde hatte sich auf Schiffe spezialisiert, Paulus Potter malte Tierbilder, bald nur noch Rinder, Philips Wouwerman Pferde, hauptsächlich Schimmel, Melchior d’Hondecoeter beschränkte sich fast ausschließlich auf Vögel, Jan van Huysum auf Blumen und Abraham van Beijeren auf Austern, Hummer und Früchte, während Pieter Claesz der Mann für feines Silberzeug war.[72]

Die Preise der zunächst meist auf offener Straße, auch auf Jahrmärkten, angebotenen Bilder waren im Allgemeinen sehr niedrig, und der wachsende Bedarf zog eine rasante Erhöhung der Produktion und damit ein stetiges Anwachsen des Malerstandes nach.[73]

Diese Überzahl von Künstlern innerhalb einer regelrechten Bilderindustrie führte zur Entwicklung eines Kunstproletariats.[74] Viele, heute hochgeschätzte Maler mussten ihren Lebensunterhalt anderweitig finanzieren, die wenigsten konnten allein von der Malerei leben. Jan Steen betrieb ein Wirtshaus, Jakob Ruisdael war Arzt, Jan van Goyen handelte mit Tulpen, Meindert Hobbema war Steuereintreiber, die Malerfamilie van de Velde betrieb ein Leinwandhaus. Viele Künstler nahmen auch Tätigkeiten als sogenannte Grobmaler an, wenn die Aufträge als Feinmaler ausblieben. Beide Gruppen, Grob- und Feinmaler, gehörten ohnehin lange derselben Gilde an.[75]

Singuläre Spitzenkräfte wie Rembrandt oder Vermeer waren keineswegs zeittypisch und wurden in ihrer Genialität damals von nur wenigen erkannt. Im Gegensatz zu ihren hoch spezialisierten Kollegen machten sie sich verschiedene Genres zu Eigen und hinterließen ein vielseitiges Œuvre.

Das große Geld hingegen verdienten andere, wie zum Beispiel Gerard Dou und Gerrit van Honthorst: Maler, die für die Hofhaltung des Statthalters arbeiteten oder – wie Rubens – sich gleich im feudal und klerikal gebliebenen Flandern niederließen beziehungsweise Hofmaler in Italien, Frankreich oder Spanien wurden.[76]

Mit dem breiten Interesse am Gemälde und dem Beginn der Kommerzialisierung der Kunst entwickelte sich ein anderes Verhältnis zwischen Maler und Auftraggeber; der Beruf des Kunsthändlers beziehungsweise Bildermaklers entstand.[77] Gehandelt wurden ausschließlich Staffeleibilder mit vorwiegend profanen Themen, eine Nachfrage nach Altarbildern oder anderen großformatigen religiösen Gemälden bestand wegen des protestantischen Bekenntnisses nicht. Da die meist kleinformatigen und dementsprechend mobilen Bilder oft nicht auf Bestellung, sondern für den freien Markt und einen sich beständig erweiternden Kreis an bürgerlichen Sammlern geschaffen wurden, entwickelte sich sowohl ein reger Kunsthandel als auch das Ausstellungswesen.

Auch auf dem Gebiet der Architektur und des Städtebaus haben die Niederlande eine lange Tradition vorzuweisen. Stand das 16. Jahrhundert noch ganz im Zeichen einer Auseinandersetzung mit der italienischen Renaissance, die in ihrer niederländischen Umsetzung oftmals völlig anders interpretiert wurde, so leitete das Ende des Jahrhunderts vom Manierismus zum Frühbarock über (hier besonders die Arbeiten des städtischen Baumeisters Lieven de Key mit dem Rathaus und der Fleischhalle in Haarlem) und setzte ansonsten schon Anfang des 17. Jahrhunderts ein an Palladio angelehnter, sich schnell zum strengen holländischen Klassizismus entwickelnder Stil ein, der mit seinem fast puritanischem Willen zur Vereinfachung dem damaligen „Zeitgeist“ als Gegenmodell zum barocken Feudalismus sehr entgegenkam.

Als Meisterwerk von Jacob van Campen, dem Begründer des nordniederländischen Klassizismus, gilt das 1642 bis 1648 errichtete ehemalige Amsterdamer Rathaus (stadhuis), in dem sich heute der Königliche Palast befindet.[78] Es demonstrierte die Vormachtstellung der Stadt Amsterdam in der einflussreichsten Provinz Holland der niederländischen Generalstaaten und ist zugleich der größte Bau dieser Art in seiner Zeit – im Übrigen gleichzeitig eine ingenieurtechnische Meisterleistung, mussten doch zunächst 13.569 Pfähle in den sumpfigen Boden gegründet werden.[79]

Durch die florierende Wirtschaft breiteten sich die Städte schnell aus.[80] Der auf der morastigen Amstelmündung entstandene Amsterdamer Grachtengürtel mit seinen Grachtenhäusern spiegelt die wirtschaftliche und kulturelle Blüte wider, die die Stadt erlebte. Hier und in den anderen niederländischen Städten wirkte besonders der Architekt Hendrick de Keyser, der neben zahlreichen Amsterdamer Kirchen, öffentlichen Gebäuden und privaten Herrenhäusern das Delfter Rathaus errichtete.

Dem stand Den Haag nur wenig nach, das sich zur eleganten Diplomatenstadt entwickelte, wo van Campen und Pieter Post 1640 Moritz von Nassaus Stadtpalais Mauritshuis errichteten (im übrigen der erste in den Niederlanden in Grund- und Aufriss rein klassizistische Bau) und wo Bartholomeus van Bassen Kirchen, Brücken, öffentliche Gebäude und Hofjes baute, in denen ein Teil der ärmeren Bevölkerung unterkam.[81] Utrecht am Rheindelta erlebte mit seinen hochherrschaftlichen Giebelhäusern und vielen Kirchen und Klöstern genauso einen Bauboom, wie Leiden, Haarlem oder Gouda. Auch Delft, wo Architekten wie Hendrik Swaef oder Paulus Moreelse wirkten, entwickelte sich zu einem blühenden Handelszentrum, in dem Tuchweberei, Bierbrauerei und Porzellanmanufakturen angesiedelt waren.[82] Hier wurden nur wenige öffentliche Gebäude im klassizistischen Stil errichtet, hingegen vermehrt auf bereits bestehende Gebäude zurückgegriffen. Das beste zeitgenössische Beispiel ist die Vleeshal (Fleischhalle) von Swaef aus dem Jahr 1650.

Typisch für viele zeitgenössische Architekten war es, dass sie ursprünglich Architekturmaler oder Bildhauer waren und zusätzlich Innenräume und sogar Möbel entwarfen und somit das gesamte Interieur der Bauwerke komponierten. Die Innenausstattung der Zunft- und Wohnhäuser zeigte im Übrigen weiter deutliche französische, teilweise barocke Einflüsse.[83]

Die niederländische Bildhauerkunst konnte von den Errungenschaften des 17. Jahrhunderts nicht in dem Maße profitieren wie die anderen Schönen Künste.[84]

Ab 800 n. Chr. wurden Bildhauerarbeiten hauptsächlich als architektonischer Schmuck für Fassaden und Grabmäler verwendet und ab dem 11. Jahrhundert kamen Kult- und Heiligenbilder hinzu. Widersprachen schon die gradlinigen, schnörkellosen Formen des Klassizismus gegenüber der Verspieltheit und Figurbetonung von Rokoko und Barock einem Einsatz allzu vieler dekorativer Elemente, so betrafen gerade Statuen das gespannte Verhältnis der protestantischen Kirche zur Bildenden Kunst. Ein weiterer Grund für die schwache Nachfrage war der Rückzug der Aristokratie aus dem Land.

Dennoch wurden Skulpturen für Regierungs- und private Gebäude sowie kirchliche und weltliche Außenanlagen in Auftrag gegeben. Daneben gab es einen größeren Kundenkreis für profane Kunst; beispielsweise waren Skulpturen für Grabsteine und Büsten begehrt.[85]

Die führenden niederländischen Bildhauer des 17. Jahrhunderts waren der bereits oben als Architekt besprochene Hendrick de Keyser, der 1618 das erste nicht religiöse Standbild der Niederlande, die Erasmus-Statue in Rotterdam, schuf, sowie Artus Quellinus I., Artus Quellinus II. und Rombout Verhulst, alle aus den südlichen Niederlanden.[86] Weiterhin zu nennen sind Bartholomeus Eggers, der zwar einen Auftrag für das Mauritshuis erhielt, ansonsten hauptsächlich für den Kurfürsten von Brandenburg arbeitete, sowie Johannes Blommendael.[87]

Die große Zeit der Musikgeschichte der Niederlande ist eng verknüpft mit der Niederländer Schule und endet mit ihr ausgangs des 16. Jahrhunderts.[88] Unter dem dominierenden Einfluss der calvinistischen Kirche konnten sich die großen Formen der Musik – Oper, Passion, Kantate – nicht entfalten; die Musik beschränkte sich auf die Bedürfnisse der bürgerlichen Gesellschaft. So bestimmten Einflüsse aus dem Ausland, allen voran durch Komponisten wie Jean-Baptiste Lully und Johann Sebastian Bach, die zeitgenössische Musik, die in den Niederlanden keinen eigenen Stil ausbildete.

Das Orgelspiel nahm einen bedeutenden Rang ein. Auch Musizieren in den Familien war ein bevorzugter Zeitvertreib des 17. Jahrhunderts, die Hausmusik wurde intensiv gepflegt, es bildeten sich Collegia musica genannte private Musikverbände. Gebräuchliche Instrumente waren Laute, Cembalo, Gambe und Flöte. Viele Gesangbücher wurden veröffentlicht, wenngleich ab Mitte des 17. Jahrhunderts die instrumentale Musik deutlich vorherrschte.

Lyrische Dramen, Ballett und Opern wurden in dem 1638 eröffneten Amsterdamer Opernhaus aufgeführt, die meist französischen und italienischen Ursprungs waren.[89]

Lediglich Constantijn Huygens, Jan Pieterszoon Sweelinck, Organisten und Komponisten von Oratorien und Kantaten, Adriaen Valerius, Dichter von geistlichen und patriotischen Liedern, auch der sogenannten Geusenlieder (Geusen waren im 16. Jahrhundert niederländische Freiheitskämpfer gegen die Spanier), der Glockenspieler Jacob van Eyck sowie der bereits als Autor besprochene Constantijn Huygens mit schätzungsweise 800 Musikstücken, konnten eine gewisse, wenn auch heute weitgehend in Vergessenheit geratene Bedeutung erlangen und landestypische Akzente setzen.[90]

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Fußnoten

  1.  ↑ Pächt, O.: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David. München 1994, S. 138
  2.  ↑ Sander, J./ Kemperdick, S.: Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden: Die Geburt der neuzeitlichen Malerei: Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main und der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Ostfildern 2008, S. 6
  3.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 120
  4.  ↑ Pächt, O.: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David. München 1994, S. 97
  5.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 121
  6.  ↑ Pächt, O.: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David. München 1994, S. 100
  7.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 120
  8.  ↑ Sander, J./ Kemperdick, S.: Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden: Die Geburt der neuzeitlichen Malerei: Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main und der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Ostfildern 2008, S. 6
  9.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 121
  10.  ↑ Sander, J./ Kemperdick, S.: Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden: Die Geburt der neuzeitlichen Malerei: Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main und der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Ostfildern 2008, S. 6
  11.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 122
  12.  ↑ Pächt, O.: Van Eyck, die Begründer der altniederländischen Malerei. München 1989, S. 127
  13.  ↑ Pächt, O.: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David. München 1994, S. 80
  14.  ↑ Pächt, O.: Altniederländische Malerei. Von Rogier van der Weyden bis Gerard David. München 1994, S. 102
  15.  ↑ Sander, J./ Kemperdick, S.: Der Meister von Flémalle und Rogier van der Weyden: Die Geburt der neuzeitlichen Malerei: Eine Ausstellung des Städel Museums, Frankfurt am Main und der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Ostfildern 2008, S. 16
  16.  ↑ Büttner, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006,.S. 17
  17.  ↑ Büttner, N.: Die Erfindung der Landschaft. Kosmographie und Landschaftskunst im Zeitalter Bruegels, Göttingen 2000,S. 23
  18.  ↑ Eclercy, B. (Hrsg.): Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth, Köln 2011, S. 52
  19.  ↑ Feldges, U.: Landschaft als topographisches Porträt. Der Wiederbeginn der europäischen Landschaftsmalerei in Siena, Bern 1980, S. 28
  20.  ↑ Eschenburg, B.: Landschaft in der deutschen Malerei - vom späten Mittelalter bis heute, München, 1987, S. 89
  21.  ↑ Landschaft, in: Barck, K. u.a. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Studien zu einem historischen Wörterbuch. 3. Auflage, Stuttgart 2001, S. 617–695, hier S. 627
  22.  ↑ Büttner, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006,.S. 36
  23.  ↑ Eschenburg, B.: Landschaft in der deutschen Malerei - vom späten Mittelalter bis heute, München, 1987, S. 53
  24.  ↑ Alpers, S.: Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln 1998, S. 68ff
  25.  ↑ Büttner, N.: Die Erfindung der Landschaft. Kosmographie und Landschaftskunst im Zeitalter Bruegels, Göttingen 2000,S. 132
  26.  ↑ Eclercy, B. (Hrsg.): Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth, Köln 2011, S. 66
  27.  ↑ Büttner, N.: Die Erfindung der Landschaft. Kosmographie und Landschaftskunst im Zeitalter Bruegels, Göttingen 2000,S. 133
  28.  ↑ von Buttlar, A.: Der Landschaftsgarten, Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, S. 134
  29.  ↑ Büttner, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006,.S. 127
  30.  ↑ Eclercy, B. (Hrsg.): Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth, Köln 2011, S. 54
  31.  ↑ Feldges, U.: Landschaft als topographisches Porträt. Der Wiederbeginn der europäischen Landschaftsmalerei in Siena, Bern 1980, S. 37
  32.  ↑ Alpers, S.: Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln 1998, S. 93
  33.  ↑ Büttner, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006,.S. 43
  34.  ↑ Eschenburg, B.: Landschaft in der deutschen Malerei - vom späten Mittelalter bis heute, München, 1987, S. 76
  35.  ↑ Schneider, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei - vom Spätmittelalter bis zur Romantik. 2. Auflage, Darmstadt 2009, S. 115
  36.  ↑ Erich Steingräber: Zweitausend Jahre europäische Landschaftsmalerei, München 1985, S. 224
  37.  ↑ Alpers, S.: Kunst als Beschreibung. Holländische Malerei des 17. Jahrhunderts, Köln 1998, S. 115
  38.  ↑ Büttner, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei, München 2006, S. 76
  39.  ↑ Bätschmann, O.: Entfernung der Natur. Landschaftsmalerei 1750-1920, Köln 1989, S. 116
  40.  ↑ Wolf, N.: Landschaftsmalerei, Köln u.a. 2008,.S. 125
  41.  ↑ Schneider, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei - vom Spätmittelalter bis zur Romantik. 2. Auflage, Darmstadt 2009, S. 120
  42.  ↑ Landschaft, in: Barck, K. u.a. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Studien zu einem historischen Wörterbuch. 3. Auflage, Stuttgart 2001, S. 617–695, hier S. 632
  43.  ↑ von Buttlar, A.: Der Landschaftsgarten, Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, S. 49
  44.  ↑ Wolf, N.: Landschaftsmalerei, Köln u.a. 2008,.S. 130
  45.  ↑ Bätschmann, O.: Entfernung der Natur. Landschaftsmalerei 1750-1920, Köln 1989, S. 126
  46.  ↑ Eclercy, B. (Hrsg.): Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth, Köln 2011, S. 80
  47.  ↑ Erich Steingräber: Zweitausend Jahre europäische Landschaftsmalerei, München 1985, S. 230
  48.  ↑ Feldges, U.: Landschaft als topographisches Porträt. Der Wiederbeginn der europäischen Landschaftsmalerei in Siena, Bern 1980, S. 97f
  49.  ↑ Schneider, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei - vom Spätmittelalter bis zur Romantik. 2. Auflage, Darmstadt 2009, S. 122
  50.  ↑ Landschaft, in: Barck, K. u.a. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Studien zu einem historischen Wörterbuch. 3. Auflage, Stuttgart 2001, S. 617–695, hier S. 653
  51.  ↑ Eclercy, B. (Hrsg.): Nah und Fern. Landschaftsmalerei von Brueghel bis Corinth, Köln 2011, S. 126
  52.  ↑ von Buttlar, A.: Der Landschaftsgarten, Gartenkunst des Klassizismus und der Romantik, Köln 1989, S. 94
  53.  ↑ Wolf, N.: Landschaftsmalerei, Köln u.a. 2008,.S. 156
  54.  ↑ Schneider, N.: Geschichte der Landschaftsmalerei - vom Spätmittelalter bis zur Romantik. 2. Auflage, Darmstadt 2009, S. 145
  55.  ↑ Bätschmann, O.: Entfernung der Natur. Landschaftsmalerei 1750-1920, Köln 1989, S. 176
  56.  ↑ Landschaft, in: Barck, K. u.a. (Hrsg.): Ästhetische Grundbegriffe. Studien zu einem historischen Wörterbuch. 3. Auflage, Stuttgart 2001, S. 617–695, hier S. 668
  57.  ↑ Erich Steingräber: Zweitausend Jahre europäische Landschaftsmalerei, München 1985, S. 238
  58.  ↑ Stampfle, F.: An early Drawing by Jacob van Ruisdael. In: Art Quarterly XXII, 1959, S. 161 ff.
  59.  ↑ Slive, S.: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings, etchings. New Haven/London 2001, S. 29
  60.  ↑ Kunsthalle Hannover (Hrsg.): Jacob van Ruisdael - Die Revolution der Landschaft. Ausstellungskatalog Hamburger Kunsthalle, Hamburg 2002, S. 7
  61.  ↑ Michalsky, T. Projektion und Imagination. Die niederländische Landschaft der Frühen Neuzeit im Diskurs von Geographie und Malerei, München 2011, S. 86
  62.  ↑ North, M.: Das Goldene Zeitalter – Kunst und Kommerz in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Köln 2001, S. 103
  63.  ↑ Slive, S.: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings, etchings. New Haven/London 2001, S. 37
  64.  ↑ Kunsthalle Hannover (Hrsg.): Jacob van Ruisdael - Die Revolution der Landschaft. Ausstellungskatalog Hamburger Kunsthalle, Hamburg 2002, S. 6
  65.  ↑ Slive, S.: Jacob van Ruisdael. A complete catalogue of his paintings, drawings, etchings. New Haven/London 2001, S. 8
  66.  ↑ Michalsky, T. Projektion und Imagination. Die niederländische Landschaft der Frühen Neuzeit im Diskurs von Geographie und Malerei, München 2011, S. 90
  67.  ↑ Pochat, G.: Figur und Landschaft. Eine historische Interpretation der Landschaftsmalerei von der Antike bis zur Renaissance, Berlin 1973, S. 156
  68.  ↑ Mai, E.: Holland nach Rembrandt – zur niederländischen Kunst zwischen 1670 und 1750, Köln 2006, S. 128
  69.  ↑ Pochat, G.: Figur und Landschaft. Eine historische Interpretation der Landschaftsmalerei von der Antike bis zur Renaissance, Berlin 1973, S. 156
  70.  ↑ Warnke, M.: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München 1992,S. 186
  71.  ↑ Huizinga, J.: Holländische Kultur im 17. Jahrhundert, München 2007, S. 93
  72.  ↑ Holzhey, H./Mudroch, V./Ueberweg, F./Schobinger, J.-P.: Grundriß der Geschichte der Philosophie, Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 2 (Frankreich und Niederlande). Schwabe 1993. S. 127
  73.  ↑ Huizinga, J.: Holländische Kultur im 17. Jahrhundert, München 2007, S. 94
  74.  ↑ Warnke, M.: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München 1992,S. 176
  75.  ↑ Pochat, G.: Figur und Landschaft. Eine historische Interpretation der Landschaftsmalerei von der Antike bis zur Renaissance, Berlin 1973, S. 150
  76.  ↑ De Vries, J./ van der Woude, A.: The First Modern Economy: Success, failure, and perseverance of the Dutch economy, 1500–1815. Cambridge 1997 , S. 217
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  78.  ↑ Friedländer, M.J./Busch, G.: Von van Eyck bis Bruegel. Studien zur Geschichte der niederländischen Malerei, Frankfurt/Main 1986, S. 162
  79.  ↑ Warnke, M.: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München 1992,S. 177
  80.  ↑ De Vries, J./ van der Woude, A.: The First Modern Economy: Success, failure, and perseverance of the Dutch economy, 1500–1815. Cambridge 1997 , S. 122
  81.  ↑ Mai, E.: Holland nach Rembrandt – zur niederländischen Kunst zwischen 1670 und 1750, Köln 2006, S. 78
  82.  ↑ Lindemann, G.: Das goldene Zeitalter der niederländischen Kunst, Freiburg 2000, S. 64
  83.  ↑ Kucklick, C./ Gaede, P.-M. (Hrsg.): Das Goldene Zeitalter der Niederlande. Rembrandt, Rubens, Vermeer. Der Glanz einer einzigartigen Ära. Hamburg 2013, S. 74f
  84.  ↑ Holzhey, H./Mudroch, V./Ueberweg, F./Schobinger, J.-P.: Grundriß der Geschichte der Philosophie, Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Bd. 2 (Frankreich und Niederlande). Schwabe 1993. S. 217
  85.  ↑ Haak, B.: Das goldene Zeitalter der Holländischen Malerei, Ostfildern, 1996, S. 97
  86.  ↑ Friedländer, M.J./Busch, G.: Von van Eyck bis Bruegel. Studien zur Geschichte der niederländischen Malerei, Frankfurt/Main 1986, S. 142
  87.  ↑ Warnke, M.: Politische Landschaft. Zur Kunstgeschichte der Natur, München 1992, S. 154
  88.  ↑ Lindemann, G.: Das goldene Zeitalter der niederländischen Kunst, Freiburg 2000, S. 69
  89.  ↑ Kucklick, C./ Gaede, P.-M. (Hrsg.): Das Goldene Zeitalter der Niederlande. Rembrandt, Rubens, Vermeer. Der Glanz einer einzigartigen Ära. Hamburg 2013, S. 49
  90.  ↑ North, M.: Das Goldene Zeitalter – Kunst und Kommerz in der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts. Köln 2001, S. 137