e-Portfolio von Michael Lausberg
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Antisemitismus in der DDR- Der Fall Merker

Die Verhaftung und Verurteilung des jüdischen Kommunisten und Widerstandskämpfers Paul Merker als „imperialistischer Agent“ und anderer jüdischer SED-Funktionäre bildete den Höhepunkt antizionistischer und antisemitischer Stimmungen und Vorkommnisse in der DDR ab dem Jahre 1953. Im Folgenden werden die Vorgeschichte des Prozesses gegen Merker und andere jüdische Funktionäre, die Folgen der Verurteilung Merkers und ein allgemeiner Blick auf Antisemitismus und Antizionismus in der DDR dargestellt.

Stalin und die „Ärzteverschwörung“

Die Ausschaltung unabhängiger Sozialisten bzw. Kommunisten in den von der UdSSR dominierten Ländern Osteuropas führte dort zur Alleinherrschaft der stalinistischen Kräfte. 1948 kam es zum Bruch mit Marschall Tito, der einen Partisanenkampf gegen die nationalsozialistische deutsche und die faschistische italienische Besatzung im Zweiten Weltkrieg angeführt und die Föderative Volksrepublik Jugoslawien als einen von der Sowjetunion unabhängigen sozialistischen Staat etabliert hatte.[1]

Die zunächst wohlwollende Haltung der Sowjetunion gegenüber dem Staat Israel wandelte sich im Zuge dessen Annäherung an die westliche Staatengemeinschaft. Im Januar 1948 kam Solomon Michoels, der Vorsitzende des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, unter mysteriösen Umständen bei einem Autounfall in Minsk ums Leben. Zur selben Zeit wurden sämtliche jüdischen kulturellen Einrichtungen in der Sowjetunion aufgelöst. Im November 1949 wurde das antifaschistische Komitee aufgelöst und seine Mitglieder verhaftet. Sowjetische Zeitungen führten eine aggressive Kampagne gegen „wurzellose Kosmopoliten“, mit denen in aller Regel Juden gemeint waren.[2] 25 führende Mitglieder des antifaschistischen Komitees wurden der Zusammenarbeit mit dem Zionismus und dem US-amerikanischen Imperialismus angeklagt, wobei das „Krim-Projekt“ als „imperialistische Verschwörung“ zur Abspaltung der Krim von der UdSSR dargestellt wurde.[3]

Stalins Selbstverherrlichung nahm in seinen letzten Lebensjahren pathologische Formen an, als der vom Verfolgungswahn Besessene seinen nächsten Mitarbeitern Misstrauen bezeugte, ihre Beseitigung plante und in Einzelfällen auch anordnete.[4] Unschuldige Mitarbeiter wurden als „Feinde“ behandelt und loyale Kommunisten wurden unter falschen Anschuldigungen zu Tausenden hingerichtet. Den extremsten Ausdruck politischer Entfremdung begegnet man in Stalins Staatsverständnis, wonach ein sozialistischer Staat als Folge „der kapitalistischen Umkreisung (…) seinen Staat, die Staatsorgane, die Organe des Abwehrdienstes, die Armee nicht schwächen darf, sondern sie mit allen Mitteln stärken muss, wenn dieses Land nicht durch die kapitalistische Umkreisung zertrümmert werden will.“[5] Diese Paranoia, von westlichen, feindlichen Spionen umgeben zu sein, führte zu Stalins „Säuberungsaktionen“ innerhalb der Partei und seiner Umgebung. Unter diesen Massenmorden fiel auch die sogenannte Ärzteverschwörung, die auch eindeutig antisemitischen Charakter aufweist.

Die Ärzteverschwörung war eine angebliche Verschwörung von Medizinern vor allem jüdischer Herkunft, um die oberste sowjetische Politik- und Militärführung zu vergiften. Ihre „Aufdeckung“ führte zu zahlreichen Verhaftungen und Hinrichtungen.[6] Dabei handelte es sich um eine vorgeschobene, von Stalin und einigen Gefolgsleuten fabrizierte Verdächtigung. Die Affäre ist auch als Ausdruck des auch zur Zeit des Sowjetkommunismus weit verbreiteten Antisemitismus zu sehen.

Im Zuge des sich zuspitzenden Kalten Krieges sah Stalin zunehmend in jüdischen Menschen in hochrangigen Positionen angebliche „imperialistische Agenten“. In einer Sitzung des Politbüros am 1.Dezember 1952 erklärte Stalin: „Jeder jüdische Nationalist ist ein Agent des amerikanischen Geheimdienstes. Die jüdischen Nationalisten glauben, ihre Nation sei von den USA gerettet worden (dort kann man reich, bourgeois usw. werden.). Sie glauben, den Amerikanern gegenüber eine Schuld zu tragen. Unter den Ärzten gibt es viele jüdische Nationalisten.“[7]

Unter den Opfern waren Solomon Michoels, Schauspieler und Direktor am Staatlichen Jüdischen Theater Moskau und Vorsitzender des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, der auf Stalins Befehl im Januar 1948 umgebracht wurde, und als „wohlbekannter jüdischer bourgeoiser Nationalist“ bezeichnet wurde, Dr. Boris Schimeljowitsch, ein ehemaliger Oberster Chirurg der Roten Armee und Direktor des Botkin-Krankenhauses, Miron Wowsi, Stalins Leibarzt und ein Bruder Michoels’, Jakow Etinger, ein weltbekannter Kardiologe, A. Feldman, HNO-Arzt, A. Grinschtein , Neuropathologe, Boris Kogan, Therapeut, Michail Kogan, I. Jegorow und Wladimir Winogradow. Bis auf zwei waren alle von ihnen Juden.[8] Am 12. Februar wurde die Moskauer Ärztin Maria Weizmann, Schwester des ersten israelischen Präsidenten Chain Weizmann, der 1952 verstorben war, verhaftet.[9] Zu den Opfern gehörte auch sein Landsmann und getreuer Freund Sergo Ordschonikidse, den Stalin durch seine Machenschaften qualvoll in den Selbstmord trieb.

Stalins ehemaliger Vertrauter, Nicolai Wosnessenski, wurde am 1. März 1949 aus dem Politbüro ohne nähere Begründung ausgeschlossen und bald darauf inhaftiert. Im September 1950 fand die Verhandlung gegen ihn und andere Parteifunktionäre statt, denen vorgeworfen wurde, einen Kampf gegen die Partei und ihr ZK zu führen. Er sowie der Sekretär des Zentralkomitees für Angelegenheiten der Staatssicherheit Alexei Kusnezow, der Vorsitzende des Ministerrats der Russischen RSFSR Michail Rodionow, der Erste Sekretär der Leningrader Partei Pjotr Popkow und viele andere hohe Parteifunktionäre verloren ihr Leben.

Im Zuge der angeblichen Verschwörung wurden Juden reihenweise aus dem Staatsdienst entlassen, verhaftet, in Lager geschickt oder hingerichtet.[10] Dies wurde von Schauprozessen und antisemitischer Propaganda in den staatlichen Massenmedien begleitet. Viele sowjetische Juden verloren ihre angesehene berufliche Stellung. Stellten 1947 die Juden noch 18 Prozent der sowjetischen Berufstätigen mit akademischer Ausbildung, so schrumpfte diese Zahl bis 1970 auf nur noch 7 Prozent.

Artikel des Schriftsteller Ilja Ehrenburg, zweifacher Stalinpreisträger war, wurden plötzlich nicht mehr gedruckt und auf einer Massenversammlung wurde − wahrheitswidrig − die Verhaftung des „Kosmopoliten Ehrenburg“ bekanntgegeben. Ehrenburg richtete daraufhin einen Brief an Stalin mit der Bitte um „Beendigung der Ungewissheit“. Tatsächlich wurden daraufhin seine Artikel wieder publiziert.

Juden und ihre Kultur wurde von den sowjetischen Behörden unterdrückt, und sogar das Wort Jude verschwand aus den Medien.[11] Diese als Antizionismus ausgegebenen Maßnahmen sollten nur den antisemitischen Charakter verschleiern, die Bezeichnung „Jude“ war kurz nach dem Holocaust wieder ein Grund, seines Lebens nicht mehr sicher zu sein.

Die stalinistische Verfolgung wurde bald auch von seinen treuen Vasallen außerhalb von Moskau durchgeführt. In der Ukraine beispielsweise wurde eine angeblich vom Endokrinologen Wiktor Kogan-Jasny, der erste, der in der UdSSR Diabetis mellitus mit Insulin behandelt und damit tausende Leben gerettet hatte, angeführte Ärzteverschwörung aufgedeckt. 36 Verschwörer wurden dort verhaftet.

Der Rajk-Prozess in Ungarn

Die Verfolgung, Verurteilung und Ermordung von Juden als „imperialistische Agenten“ breitete sich in den moskauhörigen sozialistischen Staaten Osteuropas aus. Auch in Ungarn sollte der Staatsapparat von angeblichen Antistalinisten gesäubert werden.[12]

Im Mai /Anfang Juni 1948 wurde der ungarische Staatspräsident Rákosi nach Moskau beordert, wo er von Beria die Anordnung erhielt, an der Spitze der ungarischen kommunistischen Partei eine „titoistische“ Verschwörung zu entlarven und die potenziellen Titoisten zu beseitigen. Rákosi und Beria einigten sich auf den damaligen Außenminister Laszlo Rajk als „Hauptverschwörer“.[13]

Lászlo Rajk war 1946-1948 ungarischer Innenminister, dann bis zu seiner Verhaftung am 30.05.1949 Außenminister. Er war überzeugter Kommunist und Anhänger Stalins. Rajk war an der Zerschlagung der bürgerlichen ungarischen Parteien und der Verhaftung ihrer Anführer als Innenminister maßgeblich beteiligt. Im Mai/Anfang Juni 1948 wurde der ungarische Kommunist Mátyás Rákosi nach Moskau beordert, wo er von Beria die Anordnung erhielt, an der Spitze der ungarischen kommunistischen Partei eine „titoistische“ Verschwörung zu entlarven und die potentiellen Gegner zu beseitigen. Rákosi und Beria einigten sich auf Rajk als Hauptverschwörer.

Es wurden Listen mit angeblichen Verschwörern abgefasst, die zunächst Freunde und Kollegen Rajks im Innenministerium und in der Polizei aufführten. Hinzu kamen ehemalige Mitkämpfer Rajks aus den internationalen Brigaden des Bürgerkrieges.

Ausgewählte Mitglieder der ungarischen Intelligenz, die eine Zulassung als Anwalt besaßen, wurden ernannt, um Rajk zu verteidigen und den Charakter eines Schauprozesses zu verschleiern.[14]

Rajk leugnete zu Beginn alle Vorwürfe, aber seine Genossen János Kádár, seinerzeit Innenminister, und Mihály Farkas, die ihn verhörten, überzeugten ihn, dass das Ziel des Prozesses nur die Einschüchterung der gemeinsamen imperialistischen Feinde sei und keine Todesstrafe verhängt würde. Rajk gestand daraufhin alle Vorwürfe ein, so wie es seine Genossen gefordert hatten. Sein Geständnis wurde aber von der ungarischen Staatssicherheit (AVH) aufgenommen und kurz darauf im ungarischen Radio gesendet. Als ein verschlüsseltes Signal an seine Familie hatte Rajk ein falsches Geburtsdatum genannt.

Am 16. September begann der zwei Wochen dauernde Prozess gegen Rajk und sieben weitere Angeklagte. Die Anklage lautete auf „Titoismus“ und Zusammenarbeit mit westlichen Geheimdiensten. Im Verlauf dieser Schauprozesse lieferten die Beschuldigten ihre „Geständnisse“. Rajk und ein anderer Angeklagter wurden zum Tode verurteilt, die übrigen zu lebenslangen und hohen Zuchthausstrafen. In der Folge kam es zu umfangreichen Verhaftungen von „Rajkisten“.

Dazu gehörte György Palffy, ehemaliger Offizier der ungarischen Armee, 1940 zu den Kommunisten übergetreten, der 1945 zum Leiter der Militärpolitischen Abteilung des Verteidigungsministeriums ernannt wurde. Tibor Szönyi war vorher Leiter der Kaderabteilung der KP und Hauptrepräsentant der aus dem Westen zurückgekehrten Kommunisten. Andras Szalai war ehemaliger ungarischer Untergrundkämpfer, der Ende 1943 verhaftet wurde. Bela Korondy hatte während des 2. Weltkrieges Teilnahme am bewaffneten Widerstand teilgenommen, war 1945 der Kommunistischen Partei beigetreten und bekleidete hoher Posten im Verteidigungs- und später im Innenministerium.

Am 27.03.1956 veröffentlichte das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Ungarns eine offizielle Erklärung, die Rajk rehabilitierte.[15] Eine Überprüfung des Verfahrens habe dessen Unrechtmäßigkeit ergeben, da die Geständnisse von Rajk und zweier seiner Mitangeklagten durch Folter erpresst worden seien. Danach wurde angeordnet, die Leichen der Hingerichteten, die in einem Wald bei Budapest verscharrt worden waren, würdig zu begraben.[16]

Im Jahre 1951 wurde auch János Kádár der angeblichen Unterstützung Titos angeklagt und verhaftet. Ein letzter Geheimprozess 1953 sollte die Ermordung des schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg durch zionistische Verschwörer „beweisen“. Nach dem Tod Stalins schloss sich ab Juni 1953 unter Ministerpräsident Imre Nagy eine Periode vorsichtiger Liberalisierung an. Mit der Entmachtung Nagys 1955 durch die weitgehend unverändert gebliebene Parteispitze ging eine Restauration einher.

Die Affäre Merker und die Folgen

Viele jüdische Heimkehrer spielten in politischen und kulturellen Angelegenheiten in der DDR. eine wichtige Rolle. Neben Paul Merker etwa Albert Norden und Hermann Axen, die Mitglieder des SED-Politbüros wurden, Alexander Abusch (Kulturminister 1961), Klaus Gysi (Kulturminister 1966–1973), die Schriftsteller Stephan Hermlin, Stefan Heym, Anna Seghers, Arnold Zweig und der Philosoph Ernst Bloch.[17]

Die sowjetische Besatzungszone umfasste ein Gebiet von rund 108.000 qkm und hatte 1946 18,3 Millionen Einwohner. Die sowjetischen Kommandanturen in den Städten, Orten und Kreisen, die in den ersten Wochen nach der Besetzung die Macht selbst ausübten, versuchten zunächst eine notdürftige Ordnung aufzurichten Bereits im Juni/Juli 1945 ernannten die Kommandanten deutsche Verwaltungen in den Gemeinden und Kreisen, die sich an den traditionellen Aufgaben dieser Organe orientierten und sich um die Lebensmittelversorgung und die Wohnungsverteilung kümmerten. Im Juli 1945 setzte die SMAD für die Länder Sachsen, Mecklenburg und Thüringen Landesverwaltungen ein, für die Provinzen (die 1947 ebenfalls in Ländern umgewandelt wurden) Brandenburg und Sachsen-Anhalt Provinzialverwaltungen.[18] Ab Oktober 1945 konnten die Landes- und Provinzialverwaltungen Gesetze erlassen- allerdings nur in Übereinstimmung mit der SMAD. Bereits am 27. Juli 1945 errichtete die SMAD aber auch 11 Zentralverwaltungen (u. a. Verkehrswesen, Handel und Versorgung, Volksbildung, Justiz), die als Hilfsorgane der SMAD arbeiteten und eine Keimzelle für eine deutsche Zentralregierung sein sollten. In den Landesverwaltungen wurden alle Parteien berücksichtigt (in der Landesverwaltung Sachsen waren Anfang 1946 440 Mitglieder der KPD, 512 der SPD, 90 der LDP, 87 der CDU und 901 Parteilose beschäftigt) aber vor allem in den Schlüsselpositionen und Zentralverwaltungen war die KPD überrepräsentiert. Der Neuaufbau der Verwaltung war gekennzeichnet durch eine weitgehende personelle Neubesetzung.[19]

Wie jede Maßnahme in den ersten Jahren nach der NS- Diktatur wurde sie mit der Beseitigung der Überreste des Hitler-Regimes begründet. Tatsächlich erreichte die SMAD durch rigorose Ausschaltung der Nationalsozialisten (bis 1948 etwa 520.000 Personen) aus dem öffentlich- politischen und beruflichen Leben eine weitgehende Entnazifizierung. Gleichzeitig benutzte die SMAD jedoch den radikalen Bruch mit dem faschistischen Deutschland, um alle entscheidenden Funktionen mit Kommunisten

besetzen. So erhielten die deutschen Kommunisten alle Machtpositionen, die allmählich von der Besatzungsmacht in deutsche Hände übergingen, und sie konnten nicht nur die Verwaltung, sondern vor allem Polizei und Justiz befehligen. Die SMAD baute bereits 1945 eine deutsche Polizei auf, die zunächst für Verkehrsregelung und Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung zuständig war. Doch bereits früh wurde auch eine politische Abteilung K 4 geschaffen, und bewährte Kommunisten übernahmen die Kommandohöhen. Die Volkspolizei unterstand zunächst den Innenministern der Länder. Mit der Bildung einer deutschen Zentralverwaltung des Innern begann 1948 jedoch der Aufbau einer zentralen Polizei, die von der SED beherrscht wurde.

Auch in der Justiz bestimmte in der ersten Phase allein die Besatzungsmacht. Auf Anweisung der SMAD wurde eine Justizreform durchgeführt, die von Anfang an unter kommunistischem Vorzeichen stand.[20] Nach Gesetz Nr. 4 des Kontrollrates sollten alle ehemaligen „aktiven“ Mitglieder der NSDAP aus dem Justizdienst entfernt werden. In der Sowjetzone legte die SMAD das Gesetz so aus, dass alle NSDAP- Mitglieder (also auch die passiven) entlassen wurden, d. h. etwa 85 Prozent aller Richter. Die KPD bzw. SED ersetzte sie durch rasch ausgebildete „Volksrichter“ und schuf sich so im Laufe der Zeit einen linientreuen Justizapparat. Bei den Landtagswahlen von 1946 konnte die SED, wie oben erwähnt, nicht die absolute Mehrheit der Stimmen erringen. Bei den Gemeindewahlen im September 1946 hatte die SMAD (durch Verweigerung der Registrierung von LDPD- und CDU- Ortsgruppen, ungleiche Papierzuteilung usw..) der SED günstige Ausgangspositionen verschafft, die dadurch in vielen kleinen Gemeinden siegte. In Großstädten (Leipzig, Dresden, Zwickau usw.) blieb die SED dennoch in der Minderheit. Bei den Landtagswahlen im Oktober 1946 erreichte die Partei in den Landtagen von Sachsen, Thüringen und Mecklenburg gemeinsam mit der SED- beherrschten „Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe“(VdgB) die Mehrheit der Sitze, nicht aber in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. CDU und LDPD mussten nach den Wahlen an der politischen Leitung beteiligt werden, von den Mitgliedern der Landesregierungen gehörten 21 der SED, 9 der LDPD, 8 der CDU und einer der VdgB an. Doch die SED behielt die wichtigsten Positionen, sie stellte in vier von fünf Ländern die Ministerpräsidenten ( diese kamen alle aus der SPD ), vor allem aber fünf Innenminister (alles frühere Kommunisten), alle Kultusminister und vier von fünf Wirtschaftsministern. In den Regierungsprogrammen standen die Sicherung der Ernährung und der Aufbau der Wirtschaft im Vordergrund, aber auch die Fortführung der antifaschistisch demokratischen Umwälzung. Die Verfassungen und Verordnungen der Länder bestätigten das parlamentarisch- demokratische Prinzip und die sozialen Veränderungen. Die Landtage beschlossen 1947 Gesetze zur teilweisen Sozialisierung (in Thüringen gegen die Stimmen von LDPD und CDU). Der Widerstand zahlreicher Politiker der CDU und LDPD gegen die Auslegung des Begriffs „ antifaschistisch-demokratisch“ im Staat veranlasste die SMAD zu Eingriffen in die Personalstruktur dieser Parteien, missliebige und oppositionelle Politiker wurden 1947 und 1948 ausgewechselt, so dass die Stellung der SED unantastbar wurde. Die Veränderung des Parteiensystems durch die SED, die Umwandlung zur „Partei neuen Typus“ und der Umbau des Staatswesens noch vor der Gründung der DDR schufen (unter der Herrschaft der sowjetischen Besatzungsmacht) ein neues politisches System. [21]

Parallel zur Veränderung des politischen Systems lief eine tief greifende Umstrukturierung der Gesellschaftsordnung in der SBZ. Bereits 1945 erfolgte als erste der großen Reformen die Bodenreform.[22] Der Großgrundbesitz östlich der Elbe war immer eine wirtschaftliche und politische Macht gewesen. Durch die Bodenreform vom September 1945 wurden alle Grundbesitzer, die über 100 ha Land besaßen, enteignet. Aus dem so geschaffenen Bodenfonds erhielten 500.000 Personen (darunter 119.000 Landarbeiter und 83.000 Flüchtlinge) 2,1 Millionen ha Land. Ein großer Teil der Neubauern bekam allerdings nur Zwergparzellen, sie schlossen sich später als erste zu LPG’s zusammen. Die Bodenreform war eine radikale Maßnahme, die die Struktur auf dem Lande, vor allem im Norden der SBZ, veränderte. Alle Parteien (mit Ausnahme der Hermes-Schreiber-Führung der CDU) unterstützten diese Reform, die noch keineswegs als kommunistisch bezeichnet werden kann. Einschneidend für die weitere Entwicklung war die so genannte Industriereform. Durch Befehl 124 der SMAD vom 30. Oktober 1945 (bzw. Befehl 126 vom 31.10.) war das gesamte Eigentum des deutschen Staates, der NSDAP und ihrer Amtsleiter sowie der Wehrmacht beschlagnahmt worden. Einen Teil dieser ( meist schwerindustriellen ) Betriebe wandelte die SMAD in „Sowjetische Aktiengesellschaften“ (SAG) um, die in den Besitz der UdSSR übergingen. Den übrigen Teil stellte die SMAD im März 1946 den deutschen Verwaltungsorganen zur Verfügung. Die KPD änderte ihre Wirtschaftspolitik; auf einer Tagung im Januar 1946 hatte sie zwar noch erklärt, die Voraussetzungen einer sozialistischen Wirtschaft seien nicht gegeben, doch der enteignete Besitz sollte in Staatshände gelegt werden. Grundlage für die Verstaatlichung bildete ein von der KPD bzw. SED gegen starken Widerstand von LDPD und CDU forcierter Volksentscheid in Sachsen (wo über die Hälfte der 7000 enteigneten Betriebe lagen). Gedrängt von der SMAD fasste der „antifaschistische Block“ einen entsprechenden Beschluss und nach intensiver Vorbereitung, fand die Abstimmung am 30.Juni 1946 statt. Dabei votierten 77,6 Prozent der Wähler für eine Überführung der Betriebe in „Volkseigentum“.

Unter der Parole der Enteignung der Kriegsverbrecher konnte so die Verstaatlichung eines wesentlichen Teiles der Industrie erreicht werden, in den anderen Ländern der SBZ verstaatlichte man die entsprechenden Betriebe ohne Abstimmung. Zwar war davon zunächst nur ein geringer Teil aller Betriebe (3843) betroffen, aber ihr Anteil an der Bruttoproduktion betrug rund 40 Prozent. Denselben Anteil hatten 1948 die Privatbetriebe, rund 20 Prozent steuerten die SAG’s bei. Vor allem 1948 führten Prozesse gegen Unternehmer, die als „Wirtschaftsverbrecher“ angeklagt wurden, zu Einschüchterung, Flucht und damit weiteren Verstaatlichungen. Auch Banken und Versicherungen befanden sich nach ihrer Wiedereröffnung - bereits 1945 hatte die SMAD die Schließung der Banken befohlen - in Staatsbesitz. 1948/49 waren so durch Boden- und Industriereform in der SBZ die Weichen für eine völlig neue Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung gestellt.

Die stalinistische Säuberungswelle in den eigenen Reihen erfasste nach dem Rajk-Prozess in Ungarn auch bald die DDR. Das prominenteste Opfer war wohl das jüdische Mitglied des Politbüros, Paul Merker, der in einem Geheimprozess am 29/30.03.1955 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Paul Merker war ab Februar 1937 Mitglied des Sekretariats des ZK der KPD, das von Paris aus für die Anleitung der Partei in allen Emigrationsländern zuständig war. Da nach der großen Verhaftungswelle von 1935 zunächst kein neues Führungszentrum in Deutschland gebildet worden war, fungierte das Sekretariat de facto auch als Inlandsleitung. Nach dem Weggang Walter Ulbrichts leitete Merker das Sekretariat kurzzeitig allein, ab Juli 1938 zusammen mit Franz Dahlem. Unmittelbar nach Kriegsbeginn forderte das Sekretariat die illegal lebenden kommunistischen Emigranten in der Absicht, sie zu legalisieren, zur Registrierung bei den französischen Behörden auf.

Merker war bis Februar 1941 in Le Vernet, danach in Les Milles interniert. In Les Milles hatte er die Möglichkeit, das Lager tagsüber zu verlassen. Am Abend des 1. Juli 1941 wurde er darüber informiert, dass die Auslieferung an die Gestapo drohe. Daraufhin ging Merker zusammen mit Walter Janka, Otto Wahls und Georg Stibi in den Untergrund. 1942 gelang ihm die Flucht von Marseille nach Mexiko.

1946 kehrte Merker aus seinem Exil in Mexiko nach Deutschland zurück, wo er Mitglied des Parteivorstandes, des Zentralsekretariats und des Politbüros der SED, Abgeordneter des Brandenburger Landtages, seit 1948 Mitglied des Volksrates und der (provisorischen) Volkskammer und 1949-1950 Staatssekretär im DDR-Landwirtschaftsministerium war. Als Begründung wurden ein mangelndes Vertrauen zur Sowjetunion und die Zusammenarbeit mit „amerikanischen Imperialisten“ angeführt. Seine persönlichen Kontakte zu Noel Field machten ihn schließlich aus der Sicht der SED zu einem Agenten der USA. [23] Ausgangspunkt aller Differenzen und Verleumdungen gegen Paul Merker war ein Beitrag, den Merker gleich nach seiner Ankunft in Mexiko im Oktober 1942 unter dem Titel „Hitlers Antisemitismus und wir“ veröffentlicht hatte. [24] Erstmals wurden in diesem Beitrag eines wichtigen kommunistischen Funktionärs die Rassentheorien und ihr Antisemitismus der Nationalsozialisten nicht als bloßes Nebenprodukt abgetan, wie es in der sowjetischen Ideologie ständig geschah, sondern ins Zentrum der Analyse gestellt.

Die sich aus bruchstückhaften Nachrichten verdichtende Gewissheit eines systematischen Massenmordes an den Juden Europas veranlasste Merker den Emigranten und Überlebenden für die Zeit nach dem Krieg Unterstützung zu gewähren. Diese Unterstützung bestand in der Wiederherstellung der Staatsangehörigkeit, die Finanzierung ihrer Rückkehr durch den deutschen Staat oder die Unterstützung ihrer Übersiedlung in ein anderes Land, falls sie nicht nach Deutschland zurückkehren wollten. Dabei ging es Merker schon um Palästina; er trat dafür ein, die Juden in der ganzen Welt als eine Nation anzusehen, die das Recht hat, sich einen eigenen Staat zu schaffen. Außerdem sprach er sich für eine Wiedergutmachung der zugefügten wirtschaftlichen Schäden aus, unabhängig davon, ob sie nach Deutschland zurückkehrten oder nicht.

Als Merker nach Ende des 2. Weltkrieges in die SBZ zurückkehrte, traf er bereits auf einen abgeschlossenen Block der Rückkehrer aus Moskau, die schon ihre Machtpositionen innehatten und in ihm einen Rivalen witterten. Die Rückkehr ins ZK und Politbüro war ihm aber nicht zu verwehren. Die ersten Differenzen begannen, als Merker sich mehrfach mit Beiträgen zugunsten einer Politik der gezielten Rückgewinnung jüdischer Emigranten für den Neuaufbau und einer partnerschaftlichen Einstellung zum entstehenden Staat Israel aussprach. [25] Am 27.08.1950 wurde Paul Merker aus der SED ausgeschlossen.

Während die öffentlichen Verhandlungen im Rajk-Prozess noch liefen, wurde der zweite Schauprozess bereits vorbereitet. Dabei verlagerte sich der Schwerpunkt der Anschuldigungen vom Titoismus bzw. Imperialismus auf den Zionismus.

Im Frühjahr 1951 befahl der sowjetische Geheimdienstleiter Lawrenti Berija, die Vorwürfe gegen leitende Funktionäre der KPTsch durch die „jüdisch-zionistische Stoßrichtung“ zu ergänzen und auch auf Spitzenfunktionäre auszuweiten. [26] Der Generalsekretär der Partei, Rudolf Slánský, wurde am 08.09.1951 entlassen und erhielt den Posten eines stellvertretenden Ministerpräsidenten. [27] Slánský, wurde nun zum Anführer einer „titoischtisch-trotzkistisch-zionistischen“ Verschwörung gegen Partei und Regierung gemacht. Kurz nach Slánskýs Verhaftung im November 1951 wurden zahlreiche jüdische Partei- und Staatsfunktionäre sowie vier israelische Diplomaten und Geschäftsleute festgenommen. Nachdem die Angeklagten im Vorfeld schon „Geständnisse“ abgelegt hatten, fand der große Schauprozess vom 20-27.11.1952 in Prag statt. Die Motivation für die Anklage gegen Slánský dürfte einerseits darin zu sehen sein, dass sich sein Konkurrent innerhalb der kommunistischen Partei, Gottwald, eines Rivalen entledigen wollte, andererseits spielten auch antisemitische Motive eine wichtige Rolle, da Slánský jüdischer Abstammung war. In der Anklageschrift wurde extra hervorgehoben, dass 11 der 14 Angeklagten Juden seien. Diesem Hauptprozess folgten zahlreiche Nebenprozesse. Die Beschuldigten wurden verdächtigt, über Noel Field, die jüdische Hilfsorganisation JOINT und Israel in Verbindung zum amerikanischen Geheimdienst gestanden zu haben. Aus ihrer jüdischen Herkunft wurde ein „kleinbürgerlicher Charakter und ein Hang zu bürgerlichem Nationalismus, Zionismus, Kosmopolitismus und Trotzkismus“ abgeleitet. [28] Die nichtjüdischen Angeklagten wurden als „Lakaien des Zionismus“ betrachtet. Das Urteil lautete für die 14 Beschuldigten elfmal auf Todesstrafe und dreimal auf lebenslängliches Zuchthaus. Am 8. September 1963 wurde Slánský juristisch rehabilitiert (ebenso auch Mordechai Oren, ein Mitglied der israelischen Mapam, der nach Abbüßung von drei Jahren einer zehnjährigen Gefängnisstrafe begnadigt und nach Israel repatriiert worden war), 1968 auch durch die Partei. [29]

Zu den Verhandlungen des Slánský-Prozesses, die vor einer sorgsam ausgewählten „Öffentlichkeit“ stattfanden, entsandte das SED-Organ „Neues Deutschland“ einen Sonderkorrespondenten nach Prag.

Am 25.11.1952 befasste sich das Politbüro der SED erstmals mit dem Slánský-Prozess und beauftragte den Staatssicherheitsdienst, die Untersuchungen darüber durchzuführen. Am 03.12.1952 wurde Paul Merker verhaftet. Die von Walter Ulbricht, Hermann Matern und Hans Jendretzky ausgearbeiteten „Lehren aus dem Prozeß gegen das Verschwörerzentrum Slánský“ wurden am 20.12.1952 vom Politbüro genehmigt und in überarbeiteter Fassung am 04.01.1953 in dem SED-Organ „Neues Deutschland“ veröffentlicht. Dieser Text besaß dieselben antisemitischen Stereotype wie beim Slánský-Prozess. Als Feindbild diente die „jüdische Rasse“, die durch ein Zerrbild des Zionismus ersetzt wurde. Sogar das schematische Bild vom „zersetzenden Charakter des Judentums“ wurde verwendet. Die zionistische Bewegung handle entgegen den „Zielen der Humanität und wahrhafter Menschlichkeit“, sie sei vom „USA-Imperialismus beherrscht, gelenkt und befehligt und diene ausschließlich seinen Interessen und den Interessen der jüdischen Kapitalisten“.[30] Bei den „zionistisch-imperialistischen Slánský-Banditen, die in der Deutschen Demokratischen Republik schon lange eine systematische Hetze und Wühlarbeit“ leisteten, handele es sich um „Todfeinde des deutschen Volkes“. [31] Zugleich wurde vor dem Zionismus als Vorposten der imperialistischen USA gewarnt:[32] „Unter jüdisch-nationalistischer Flagge segelnd, getarnt als zionistische Organisation und als Diplomaten der amerikanischen Vasallenregierung Israels, verrichteten diese amerikanischen Agenten ihr Handwerk. Aus dem Prager Prozeß enthüllten ‚Morgenthau-Acheson-Plan’ geht eindeutig hervor, daß der amerikanische Imperialismus über den Staat Israel seine Spionage- und Diversantentätigkeit mit Hilfe zionistischer Organisationen in den volksdemokratischen Ländern organisiert und durchführt.“ Nun spitzte sich der Text zu und Paul Merker wurde namentlich erwähnt: [33] „Nach seiner Rückkehr nach Deutschland setzte Merker seine Dienste für die zionistische Agentur fort; zusammen mit Zuckermann forderte er alle Genossen jüdischer Abstammung auf, in die jüdische Gemeinde einzutreten, angeblich, damit sie in den Genuß von Care-Paketen der amerikanischen Agenten-Zentrale Joint kommen sollten, in Wirklichkeit, damit sie auf diese Weise dieser imperialistischen Agentur verpflichtet würden.“

Wiedergutmachungsforderungen wurden in dem Text als „Verschiebung von deutschem Volksvermögen“ bezeichnet. [34] Diese völkische Argumentation spitze sich in der folgenden These zu, wo der von den Nationalsozialisten durchgeführte Raub von Privat- und Gemeindeeigentum als wenig bedauerliche Enteignung von jüdischem Vermögen dargestellt wurde: „Merker fälschte die aus den deutschen und ausländischen Arbeitern herausgepressten Maximalprofite der Monopolkapitalisten in angebliches Eigentum des jüdischen Volkes um. In Wirklichkeit sind bei der ‚Arisierung’ dieses Kapitals nur die Profite ‚jüdischer’ Monopolkapitalisten in die Hände ‚arischer’ Monopolkapitalisten übergewechselt.“ [35]

In einem Geheimprozess wurde Merker am 29/30.03.1955 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Mit seiner Aburteilung konnten sich Ulbricht und seine Anhänger als bedingungslose Unterstützer Stalinscher Politik ausgeben. Aus den Unterlagen sowohl der Staatsicherheit als auch der ZPKK geht hervor, dass die Anschuldigungen lange nach dem Tode Stalins noch starke antisemitische Komponenten enthielten. [36] Aus dem Abschlussbericht der Justizkommission des SED-ZK vom 11.08.1954 geht hervor, Merker umgebe „sich mit einem Kreis Agenten imperialistischer Geheimdienste und zweifelhafter Elemente sowie jüdischer Kapitalisten, die ihn wegen seiner parteifeindlichen und zionistischen Haltung verehrten.“ [37]

Auch gegen andere führende Funktionäre richtete sich derselbe Verdacht wie gegen Merker.

Am 6.1.1953 musste sich Julius Meyer vor der Zentralen Parteikontrollkommission (ZPKK) in einem fünfstündigen Gespräch mit deren stellvertretenden Vorsitzenden Günter Tenner verantworten. Er sollte Auskunft über das American Joint Distribution Committee, die Westkontakte der Jüdischen Gemeinde, deren Haltung zum Zionismus und zum Slansky-Prozeß geben. Am nächsten Tag kam es zu einem weiteren Verhör mit Otto Geschke, dem Vorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN). Meyer lehnte es jedoch ab, ohne vorherige Absprache mit der Gemeinde Auskünfte zu geben und Stellung zu den genannten Themen zu nehmen. Es kam somit am 8.1. zu einer erneuten Vorladung, bei der Meyer im Namen der Gemeinde den Slansky-Prozeß billigen, den Antisemitismus in der DDR und der sozialistischen Staatengemeinschaft insgesamt verneinen und Israel als faschistischen Staat bezeichnen sollte. Meyer lehnte das jedoch ab und floh am 13./14.2. in den Westen.

Franz Dahlem wurde ab März 1953 des „Defätismus“, des „Kapitulantentums“ und der Zusammenarbeit mit dem französischen und amerikanischen Geheimdienst beschuldigt, er rückte neben Merker zum Hauptschuldigen auf.

Alexander Abusch verlor ebenfalls wegen seiner journalistischen Tätigkeit während seines Exils in Mexiko sein Parteiamt, gegen ihn wurde ein Schauprozess vorbereitet. Auch Gerhart Eisler und Erich Jungmann mussten ihre Partei- und Staatsämter ruhen lassen, sie wurden aber nicht verhaftet. Weitere Opfer waren das Ehepaar Baender, jüdischer Herkunft und aus dem lateinamerikanischen Exil in die SBZ zurückgekehrt, die Juden Leo Bauer und Bruno Goldhammer und Erica Wallach, die wegen Kontakten zu Noel Field zunächst zum Tode verurteilt und dann zu langen Jahren Zwangsarbeit in Sibirien schuldig gesprochen wurde. [38]

Nachdem der neu entstandene Staat Israel mit dem Westen Bündnisse abgeschlossen hatte, löste die sowjetische Regierung 1948 das Jüdische Antifaschistische Komitee auf und setzte eine antisemitische Kampagne gegen „wurzellose Kosmopoliten“ in Gang. [39]

In einer Sitzung des Politbüros am 01.12.1952 erklärte Stalin:[40] „Jeder jüdische Nationalist ist ein Agent des amerikanischen Geheimdienstes. Die jüdischen Nationalisten glauben, ihre Nation sei von den USA gerettet worden. Sie glauben, den Amerikanern gegenüber eine Schuld zu tragen. Unter den Ärzten gibt es viele jüdische Nationalisten.“

Am 13.1.1953 wurden einige der angesehensten und bekanntesten Ärzte – darunter der Direktor des Staatlichen Jüdischen Theaters, Solomon Michoels sowie der ehemalige Oberster Chirurg der Roten Armee, Dr. Boris Schimeljowitsch – beschuldigt, an einer Verschwörung beteiligt gewesen zu sein, die sich zum Ziel gesetzt habe, die oberste sowjetische Politik- und Militärführung zu vergiften. Die Prawda, das Zentralorgan der KPdSU, berichtete von den Anschuldigungen mit der Schlagzeile „Bösartige Spione und Mörder unter der Maske Akademischer Ärzte“:[41] „Die Mehrheit dieser Terroristengruppe (…) wurden von amerikanischen Geheimdiensten gekauft. Sie wurden von einer Zweigstelle der Amerikanischen Geheimdienste, einer internationalen jüdischen bourgeois-nationalistischen Organisation namens American Jewish Joint Distribution Committee (Joint) angeworben. Das schmutzige Gesicht dieser zionistischen Spionageorganisation, die ihre bösartigen Handlungen hinter der Maske der Wohltätigkeit versteckte, ist nun vollständig zum Vorschein gekommen. Die Demaskierung einer Bande von Gift verabreichenden Ärzten stellt einen schweren Schlag gegen die internationale jüdisch-zionistische Organisation dar.“

Anfänglich erfolgten 37 Verhaftungen, die schon bald in die Hunderte wuchsen. Sowjetische Juden wurden reihenweise entlassen, verhaftet, in Lager geschickt und hingerichtet. Dies wurde von Schauprozessen und antisemitischer Propaganda in den sowjetischen Massenmedien begleitet. [42]

Am 09.02.1953 ereignete sich auf dem Gelände der sowjetischen Botschaft in Israel eine Explosion und am 11.02 brach die UdSSR ihre diplomatischen Beziehungen mit dem jüdischen Staat ab. Am 12.02. wurde Maria Weizmann, Ärztin in Moskau und Schwester des ersten israelischen Präsidenten Chaim Weizmann verhaftet, was die Spannungen zwischen beiden Ländern noch verschärfte. [43]

Außerhalb von Moskau gab es ähnliche Anschuldigungen. In der Ukraine wurde eine angeblich vom jüdischen Arzt Viktor Kogan-Jasnij angeführte Ärzteverschwörung aufgedeckt und 36 Personen verhaftet.

Kurz nach dem Tod Stalins am 05.03.1953 gab die neue Führung zu, dass die Vorwürfe von Stalin und seinen Getreuen erfunden worden waren. Der Fall wurde am 31.03. vom Leiter des NKWD und Innenminister Beria niedergeschlagen. Am 03.04 sprach das Präsidium der KPdSU die Verhafteten offiziell frei. Dem obersten Untersuchungsbeamten des NKWD, Michail Rjumin, wurde vorgeworfen, für die Erfindung der Verschwörung verantwortlich zu sein, er wurde verhaftet und hingerichtet.

Als am 14.01.1953 Meldungen über die Verhaftung jüdischer Ärzte in Moskau veröffentlicht wurden, riefen tief besorgt über diese Entwicklung am 14. und 15.01. 1953 der amerikanische Rabbiner Peter Levinson und Heinz Galinski die Juden in der DDR auf, in den Westen zu fliehen. Mehr als 500 Personen, meist Mitglieder der jüdischen Gemeinden, verließen die DDR. Unter ihnen befanden sich der Volkskammerabgeordnete sowie erster Präsident der Jüdischen Gemeinde in der DDR, Julius Meyer, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Leipzig, Helmut Lohser, der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Dresden, Leon Löwenkopf sowie der Vorsteher der jüdischen Gemeinde Erfurt, Günter Singer. Aber auch nicht in der Gemeinde tätige Personen jüdischer Herkunft wie Leo Zuckermann, Staatssekretär in der Präsidialkanzlei Wilhelm Piecks, flüchteten aus der DDR.

Nach dem Tod Stalins am 05.03.1953 und die am 04.04. darauf folgende in der „Prawda“ veröffentlichte Rehabilitierung der in Moskau angeklagten Ärzte entspannte sich die Lage.

Paul Merker wurde im Jahre 1956 aus dem Gefängnis entlassen, juristisch, aber nicht politisch rehabilitiert. Seit 1957 arbeitete er als Lektor im Verlag „Volk und Welt“. Im Jahre 1969 wurde Merker posthum mit dem „Vaterländischen Verdienstorden“ ausgezeichnet und an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.

Der Schauprozess gegen Abusch kam nicht zustande. Nachdem er sich offiziell von Merker distanziert hatte, kehrte er in die Politik zurück und bekleidete von 1958-1961 das Amt des Kultusministers der DDR. Franz Dahlem wurde voll rehabilitiert und wieder in das ZK, nicht aber in das Politbüro aufgenommen. Die zur Zwangsarbeit nach Sibirien verbannten Personen wurden 1955 nach Moskau und 1956 in die DDR zurückgeholt; Erica Wallach und Leo Bauer flüchteten von dort in den Westen. [44]

Der SED war es damit gelungen, die vermeintlichen Dissidenten aus dem Weg zu räumen.[45] Die in hoher Zahl jüdischen Parteimitglieder waren ihrer Funktionen enthoben oder aus der Nomenklatura gestrichen, ihre Posten standen jetzt opportunistischen Genossen offen. Die in ihren Ämtern verbliebenen jüdischen Politiker waren eingeschüchtert, sie sollten in Zukunft jeden Zweifel an ihrer Zuverlässigkeit durch übertriebene Treue zur SED-Regierung beweisen.

Die Ereignisse der Jahre 1952/53 bildeten die Spitze antisemitischer und antizionistischer Stimmungen und Vorkommnisse in der Geschichte der DDR. [46]

Genauso wie in den anderen kommunistischen Staaten Osteuropas bediente sich die politische Führung des Antisemitismus, um eigene Machtpositionen zu festigen und kritische Personen zum Schweigen zu bringen. Dabei handelte es sich nicht um einen rassistisch begründeten Antisemitismus wie z.B. bei den Nationalsozialisten, sondern um einen strategisch-politischen Antisemitismus. Erschreckend ist, dass nur wenige Jahre nach dem Holocaust in einem deutschen Staat, der sich als antifaschistisch verstand, Antisemitismus vorübergehend Bestandteil offizieller Politik und Teil der politischen Kultur wurde.

Diese antisemitische und antizionistische Stimmung nach den Pressereaktionen auf den Slánský-Prozess war mit dem Aufflammen des Antisemitismus in der Bevölkerung verbunden. Es gab zwar immer in der SBZ und in der DDR antisemitische Vorfälle oder Äußerungen wie z.B. die Schändung von jüdischen Friedhöfen; diese Stimmung in den Jahren 1952/53 war wesentlich virulenter als der alltägliche Antisemitismus. Dies bestätigen zahlreiche Urteile der Bezirksgerichte Gera, Frankfurt/Oder, Ostberlin und Magdeburg vom Januar 1953 gegen Personen, die wegen Antisemitismus verurteilt wurden. [47]

Die jüdischen Gemeinden in der DDR begannen, sich ab dem Jahre 1953 neu zu organisieren. Ihre eigene politische Basis hatten sie mit der Flucht von Julius Meyer und Leon Löwenkopf sowie mit der Entmachtung Paul Merkers verloren, ihre Mitgliederzahl hatte sich stark verringert. Die neu gewählte Führung der jüdischen Gemeinden war fortan um gute und verlässliche Beziehungen gegenüber dem Staat bemüht. Dieser wiederum hatte aus politischen Gründen durchaus ein Interesse am Weiterbestehen jüdischen Lebens, er behielt sich aber eine Überwachung der Gemeindearbeit vor. [48]

Antisemitismus und Antizionismus in der DDR

1943 wurde auf Bestreben der KPD unter deutschen Kriegsgefangenen und kommunistischen deutschen Emigranten in der Sowjetunion das Nationalkomitee Freies Deutschland gegründet. Sie wollten eine völlig neue gesamtdeutsche Gesellschaftsordnung auf antifaschistischer Grundlage konzipieren.[49]

Die DDR hat sich selber in die Nachfolge des antifaschistischen Kampfes der KPD und des kommunistischen Widerstands gegen den Nationalsozialismus gestellt. Wegen dieses Anspruchs erhob sie den Antifaschismus früh zur leitenden Staatsdoktrin, die zur Abgrenzung vom Nationalsozialismus und der Bundesrepublik Deutschland diente und die Existenz der DDR, das Machtmonopol der SED ebenso wie die Berliner Mauer („antifaschistischer Schutzwall“ rechtfertigen sollte. Beispielhaft deutlich wird dies in der Präambel der Verfassung der DDR von 1968: „(…) in Ansehung der geschichtlichen Tatsache, daß der Imperialismus unter Führung der USA im Einvernehmen mit Kreisen des westdeutschen Monopolkapitals Deutschland gespalten hat, (…) hat sich das Volk der Deutschen Demokratischen Republik, fest gegründet auf den Errungenschaften der antifaschistisch-demokratischen und der sozialistischen Umwälzung der gesellschaftlichen Ordnung, (…) diese sozialistische Verfassung gegeben.“[50]

Aufgrund der dimitroffschen Faschismustheorie wurde die nationalsozialistische Herrschaft in Deutschland als Ausdruck sich verschärfenden Klassenkampfs betrachtet.[51] Darum wurde das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus besonders auf kommunistische Widerstandskämpfer konzentriert, und die ermordeten Juden und andere Opfergruppen wurden nur am Rande thematisiert. Die Rassenideologie der NSDAP wurde lediglich als „Instrument zur Täuschung der Arbeiterklasse“ erklärt. Die Bundesrepublik verstand man als „postfaschistisch“ und versuchte, dort ideologische und personelle Kontinuitäten zum Nationalsozialismus nachzuweisen.[52] Mit diesem Geschichtsbild legitimierte die DDR-Führung ihre Herrschaft. Der DDR-Bevölkerung bot sie die Möglichkeit, eventuelle Verstrickungen in den Nationalsozialismus zu externalisieren, da der Faschismus als Phase des Klassenkampfes quasi historisch zwangsläufig erschien und mit der „antifaschistischen DDR“ endgültig überwunden sei. Jeder DDR-Bürger konnte sich selbst und die DDR als „Sieger der Geschichte“ begreifen.

Anders als in den westlichen Besatzungszonen[53] wurde die Entnazifizierung in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR ungleich konsequenter durchgeführt.[54] Auf der Konferenz in Jalta im Februar 1945 vereinbarten die Alliierten, „alle nationalsozialistischen und militaristischen Einflüsse aus den öffentlichen Dienststellen sowie dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben des deutschen Volkes auszuschalten“.[55] Die Forderung der Direktive Nr.24 des Alliierten Kontrollrates vom 12.01.1946 bestimmte:[56] „Die Ausmerzung des Nationalsozialismus und Militarismus macht es erforderlich, Personen, die voraussichtlich undemokratische Traditionen verewigen würden, von allen ausschlaggebenden und einflussreichen Stellungen zu entfernen und auszuschließen.“

Mit dieser Erklärung wurde der Personenkreis umrissen, der unter die Entnazifizierungsmaßnahmen zu fallen hatte: ehemalige Mitglieder der NSDAP, die nicht unmittelbar an den Verbrechen beteiligt gewesen waren, aber durch ihre autoritätshörige Tätigkeit das NS-System letztendlich mitgetragen und ermöglicht zu haben. Unter Führung von KPD-und SPD-Mitgliedern in intensiver Zusammenarbeit mit Vertretern der Roten Armee gründeten sich in der SBZ kurz nach der Befreiung „Antifaschistische Komitees“.[57] In seinem Aufruf „an das deutsche Volk zum Aufbau eines antifaschistisch-demokratischen Deutschlands“ vom 11.6.1945 äußerte das KPD-Zentralkomitee als „unmittelbarste und dringendste Aufgabe die vollständige Liquidierung der Überreste des Hitlerregimes und der Hitlerpartei“ und forderte „die Mithilfe aller ehrlichen Deutschen bei der Aufspürung versteckter Naziführer, Gestapo-Agenten und SS-Banditen“ sowie die „restlose Säuberung aller öffentlichen Ämter von aktiven Nazisten.“[58]

Für die Frage, welche NSDAP-Mitglieder im öffentlichen Dienst weiter beschäftigt wurden, waren die Landes- und Provinzialverwaltungen zuständig. Wenn frühere Nationalsozialisten eine Position im öffentlichen Dienst übernahmen, bedurfte es der Zustimmung der Blockparteien, des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) und der Sowjetischen Militäradministration (SMAD). Für die Durchführung der Entnazifizierung wurden insgesamt 262 Kommissionen gebildet, lediglich „Schwerbelastete“ wurden den Gerichten oder der Polizei übergeben. Sie schloss neben strukturellen Eingriffen wie die Bodenreform und die Sozialisierung, mit denen die soziale Basis des Nationalsozialismus zerschlagen werden sollte, auch eine umfassende personelle Säuberungspolitik ein, die besonders die Bereiche Bildung, Justiz und Polizei erfasste. Bis zum Februar 1948, als die sowjetische Militäradministration das offizielle Ende der Entnazifizierung verkündete, wurden rund 520.000 ehemalige Nationalsozialisten aus der öffentlichen Verwaltung und allen Bereichen des Wirtschaftslebens entfernt.[59] Walter Ulbricht begründete das Ende der Entnazifizierung mit dem Hinweis, dass die Säuberung der Verwaltung abgeschlossen, die Enteignung der Betriebe von „Kriegsverbrechern“ erfüllt und der Großgrundbesitz in der DDR aufgelöst worden sei. Ende 1950 hatten die Gerichte bereits 12.147 „Kriegsverbrecher und Verbrecher gegen die Menschlichkeit“ verurteilt. Bis zum 31.12.1978 erhöhte sich die Zahl auf 12.861. NS-Verbrecher konnten kaum mit Gnade rechnen; von Amnestien wurden sie in der Regel ausgenommen.[60] Dabei stellt sich die Frage, ob die verurteilten Personen wirklich Kriegsverbrecher waren oder ob sie von der DDR-Justiz nicht einfach dazu erklärt wurden, um im Hinblick auf den Kalten Krieg das „bessere“, im Umgang mit den NS-Verbrechen konsequentere Deutschland darzustellen. Diese Frage lässt sich erst durch eine Aufarbeitung der jeweiligen Prozessakten überprüfen.

In der gerade gegründeten SBZ stand zunächst der Austausch großer Teile der Lehrer, die Teil der nationalsozialistischen Bildungspolitik waren. Neben den etwa 71 % ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, die als größtes Problem angesehen wurden, konnte auch ein Großteil der Lernmittel wegen ihrer anhaftenden Nazi-Ideologie nicht weiter verwendet werden. Vielerorts ruhte der Unterricht und wurde erst im September 1945 wieder aufgenommen.Am 27. Juli 1945 wurde durch einen Erlass der SMAD die Zentralverwaltung für Volksbildung (ZfV) geschaffen, deren Aufgabe die Ausarbeitung von Vorschlägen zur Gestaltung des Schulwesens war. Mit dem Befehl Nr. 40 der SMAD entstanden in der SBZ die vorläufigen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die den Schulen einen regulären Unterricht erlauben sollten.

Vorerst wurden die alten Schulformen Volksschule, Mittelschule und Gymnasium beibehalten. Jedoch wurden keine allgemein bildenden Privatschulen mehr berücksichtigt, womit dem Staat in der SBZ das Schulmonopol zugesichert wurde. Wie alle wichtigen Gremien wurde auch die ZfV an der Spitze mit einer Person besetzt, zu dem die sowjetische Regierung volles Vertrauen hatte; in diesem Fall war es Paul Wandel, der ehemalige Chefredakteur der „Roten Fahne“, des Zentralorgans der KPD.

Weitere Richtlinien der ZfV und der SMAD zur Wiedereinstellung der Lehrer sahen vor, dass NSDAP-Mitglieder sowie aktive Mitglieder anderer Nazi-Organisationen aus dem Schuldienst zu entfernen seien. Verstärkt sollte man die Lehrer wieder einstellen, die von den Nazis entlassen oder gemaßregelt worden waren. Da aber in der Anfangsphase eine strenge Befolgung dieser Richtlinien die Aufnahme eines flächendeckenden Schulunterrichtes nicht zugelassen hätte, wurden vorläufig auch NSDAP-Mitglieder, die nach 1920 geboren waren, im Schuldienst belassen.

Grundlegendes Anliegen der Schulpolitik in der SBZ war eine neue Lehrerschaft. Hierdurch sollte auch die Kontrolle der SED über die Schulausbildung sichergestellt werden. Kurzfristig war eine universitäre Ausbildung einer großen Zahl von Lehrern nicht möglich. Auch sollten die neuen Lehrer nach dem Willen der neuen Machthaber aus den „demokratisch-antifaschistischen Kreisen der deutschen Intelligenz“, aber auch der Arbeiterklasse rekrutiert werden. Ein weiteres Kriterium war, dass bei der Einstellung von Neulehrern vor allem Jüngere bevorzugt werden. So wurden in den nächsten Jahren 40.000 Menschen, die bereits eine Berufsausbildung besaßen und/oder direkt aus der Kriegsgefangenschaft kamen, in Schnellkursen zu „Laienlehrern“ und „Neulehrern“ ausgebildet.

Am 1. September 1945 trafen sich KPD- und SPD-Vertreter, um einen Ausschuss zur Schaffung des Jugendausschusses für die gesamte sowjetische Besatzungszone zu errichten. Aus den Jugendausschüssen sollte eine „freiheitliche deutsche Jugendbewegung“ erwachsen. Obwohl die SPD auch an der Errichtung einer eigenen Jugendorganisation arbeitete, verständigten sich ihre Vertreter auf der Gründungssitzung des Zentralen Antifaschistischen Jugendausschusses („Antifa-Jugend“) mit den Kommunisten auf eine paritätische Besetzung. Erich Honecker sollte das Gremium leiten.

Als Antizionismus wird die nationale Befreiungsbewegung des jüdischen Volkes bezeichnet. Er ist die Verkörperung des Traumes, von der Wiederherstellung Israels, nachdem Rom der jüdischen Unabhängigkeit im Land Israel ein Ende bereitet hat. Dagegen bezeichnet man den Antizionismus als verschiedene politische und religiöse Ansichten, die sich gegen den Zionismus richten. Man kann den Antizionismus auch als eine moderne Verkappung des altmodischen Antisemitismus sehen. Der Antizionismus dient vielen Antisemiten als Deckmantel zur Tarnung ihres Judenhasses. Sehr wichtig ist demzufolge auch die Unterscheidung zu Antisemiten, d.h. Menschen, welche Juden hassen und Antizionisten, d.h. Menschen, die gegen die Unabhängigkeit der Juden durch die Herstellung Israels sind. Gemein haben aber beide, dass sie dem jüdischen Volk das Recht zur internationalen Selbstbestimmung abspricht. Der Zionismus wurde von den sozialistischen/kommunistischen Staaten als eine Ideologie angesehen, welche bekämpft werden musste. Aus der Sicht der DDR-Regierung wurde die zionistische Bewegung vom USA-Imperialismus beherrscht, gelenkt und befehligt.

Im Jahre 1948 wurde die Gründung des Staates Israels in der DDR noch begrüßt und auch der Kampf gegen die Arabische Liga.[61] Ein wahrscheinlicher Grund hierfür war, dass man noch hoffte, Israel in die Gruppe der sozialistischen Länder eingliedern zu können. Dies änderte sich aber im Laufe der Jahre sehr rasch. Israel wendete sich dem Westen zu und wurde durch die Unterstützung Amerikas und anderer kapitalistischer Staaten als Aggressorstaat bezeichnet und die sozialistischen arabischen Länder als die Opfer des Imperialismus dargestellt.

Ausgehend von antisemitischen und antizionistischen Aktionen des stalinistischen Systems in der Sowjetunion, schlug auch das SED-Regime diese Richtung ein. Eine sozialistische Integration wurde immer unwahrscheinlicher. Verhandlungen zwischen der DDR und Israel gab es bis in die 80-er Jahre nicht, da Israel nicht als unabhängiges Land durch die DDR-Regierung anerkannt wurde.

Den traurigen Höhepunkt erreichte der staatliche Antizionismus während des 6-Tage-Krieges im Jahre 1967.[62] Vorausgegangen waren damals die Sperrung der Straße von Tiran für die israelische Schifffahrt und der Aufmarsch der arabischen Kriegsallianz an den Grenzen zu Israel. Diese Kriegsallianz bestand ausschließlich aus prosozialistischen Staaten, welche eine enge Beziehung zu Moskau und natürlich auch zu der DDR pflegten. Aufgrund der Vorfälle griff die israelische Armee Stellungen an, um einen Angriff der Kriegsallianz vorwegzunehmen und die Stellungen zu schwächen. Obwohl die Sperrung der Straße von Tiran gegen internationale Vereinbarungen in Bezug auf die Freiheit der Meere verstieß, verurteilte die damalige DDR-Regierung den Angriff der israelischen Armee. Der Grund dafür war, dass man außenpolitisch neue Verbindungen herstellen wollte, was aber durch das Bundesdeutsche Hallstein-Doktrin erschwert wurde. Man solidarisierte sich also mit den arabischen Ländern, um dieses Doktrin aufzubrechen.

Doch es blieb nicht nur bei der bloßen Kritik. Die DDR lieferte der arabischen Kriegsallianz, welche aus Ägypten, Jordanien und Syrien bestand, Waffen und Gelder und mischte sich somit ebenfalls in den Konflikt ein. Der Krieg endete damals mit dem Sieg Israels. Trotzdem waren die anderen arabischen Staaten nicht bereit Israel als souveränen Staat anzuerkennen und gemeinsam freundschaftlich zu handeln.

Die Annäherung an die arabischen Staaten war jedoch nicht ausschließlich einem machtpolitischen Kalkül geschuldet. Es gab ideologische Affinitäten, die sich aus einem Bezug auf den Antiimperialismus speisten. Über die offen antisemitische Hetze in den arabischen Medien und die Tatsache, dass nicht wenige führende Nazis in den arabischen Ländern Unterschlupf gefunden hatten, schwieg sich die DDR aus. Vielmehr wurde der Zionismus als großbürgerliche, faschistische Ideologie verurteilt und der Kampf gegen ihn als Teil des antifaschistischen Kampfes begriffen. Nach dem Sechstagekrieg 1967 brachen alle osteuropäischen Staaten außer Rumänien die diplomatischen Beziehungen zu Israel ab.

In der DDR nahm die antiisraelische Demagogie vor allem nach dem Yom-Kippur-Krieg 1973 weiter zu und Israel wurde nicht selten mit Nazideutschland gleichgesetzt. Den Höhepunkt erreichte die Propaganda im Libanonkrieg 1982: Anlässlich der Massenmorde libanesischer Milizen in Sabra und Shatila, denen Israel nicht Einhalt gebot, wurde Israel vorgeworfen, die "Endlösung der Palästinafrage" zu betreiben.

Nach einem SMAD-Befehl vom 26.2.1948 stellten die Entnazifizierungsbehörden ihre Arbeit ein.[63] Bis zum offiziellen Ende der Entnazifizierung am 10.3.1948 wurden insgesamt 520.734 Ex-NSDAP-Mitglieder aus ihren Positionen entfernt. Walter Ulbricht begründete das Ende der Entnazifizierung damit, dass die Verwaltung von ehemaligen Nationalsozialisten gesäubert war, die Betriebe nationalsozialistischer Aktivisten enteignet sowie die Bodenreform realisiert worden seien. Gemäß der ökonomischen Faschismusdefinition Dimitroffs, wonach Faschismus als „die offne terroristische Diktatur der reaktionärsten, am meisten chauvinistischen, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“[64] verstanden wurde, waren demnach mit der Bodenreform und des Verschwindens des Monopolkapitals die Grundlagen des Faschismus beseitigt. Schon im Januar 1947 äußerte der ehemalige Innenminister der Provinz Brandenburg, Bernhard Bechler, kritische Töne über die Entnazifizierung:[65] „Es geht nicht an, daß aktive Nazisten als sogenannte Arbeiter in den Verwaltungen verbleiben, während Tausende klassenbewußter Arbeiter ohne festes Arbeitsverhältnis von einem Arbeitsplatz zum anderen vermittelt werden“. Es sei eine „heilige Pflicht, alle faschistischen Personen durch antifaschistische Kräfte zu ersetzen, und keinerlei Rücksicht auf jene Elemente zu nehmen, die glauben, als unersetzbare ‚Fachkraft’ im Trüben fischen zu können.

Während Großindustriellen oder Junkern die Hauptverantwortung für den Nationalsozialismus zugeschrieben wurden und Vertreter des Mittelstandes häufig als nominelle NSDAP-Mitglieder oder Mitläufer eingestuft wurden, wurde der Arbeiterklasse ein antifaschistischer Mythos zugesprochen. [66] Die Heroisierung der Arbeiterklasse fand besonders nach der Gründung der SED 1946 Verbreitung, in der die Arbeiterklasse Immunität und prinzipiell antifaschistisches Engagement gegen den Nationalsozialismus bescheinigt wurde. Der Anteil der Arbeiter an den mehr als 13 Millionen Stimmen, die die NSDAP bei den Wahlen 1932 bekam, wurde nicht hinterfragt.[67]

Für Münkler handelte es sich beim Antifaschismus um einen „politischen Gründungsmythos der DDR“, der als Identitätsressource des sozialistischen Staates und Machtinstrument der SED diente. Auf der Grundlage der Erzählungen vom antifaschistischen Widerstand wurden einzelne Personen herausgegriffen und zu Ikonen des Mythos verdichtet. Dazu zählte Münkler den im Konzentrationslager Buchenwald ermordeten KPD-Vorsitzenden Ernst Thälmann, der der „wichtigste Märtyrer des Sozialismus“ war.[68] Dieser Darstellung Münklers muss energisch widersprochen werden. Butterwegge hat Recht, wenn er konstatiert:[69] „Ursprünglich war der Antifaschismus nämlich die einzige Möglichkeit der Reaktion auf den Nationalsozialismus, für machtpolitische Schachzüge instrumentalisiert und damit historisch diskreditiert wurde er später.“ Bei dieser Heroisierung der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Nationalsozialismus wurden der sozialdemokratische, christliche und liberale Widerstand sowie andere antifaschistische Jugendgruppen, die nicht primär kommunistisch orientiert waren, ausgegrenzt.[70] Im Jahre 1947 schrieb der SED-Ideologe Karl Schirdewan:[71] „Den geschichtlichen Tatsachen kann man nicht gerecht werden, wenn verschwiegen würde, daß die marxistisch-sozialistischen Kader die Hauptlast des Kampfes gegen Hitler getragen haben und daß die auch die Hauptkraft des Kampfes gegen Hitler und seinen Krieg im Innern verkörperten.“Dass auch Angehörige der Opfergruppen wie Sinti und Roma, Juden und Homosexuelle gegen das faschistische Deutschland gekämpft hatten, wurde ebenfalls unterschlagen. Die antifaschistische Erziehung war ein Grundpfeiler der politischen Erziehung in der DDR. Viele Veranstaltungen wie z.B. Besuche in den ca. 4.000 Mahn- und Gedenkstätten entwickelten sich im Laufe der Zeit zu reinen Pflichtübungen, die oft nur deshalb durchgeführt wurden, weil es die Lehrpläne vorsahen; ihr erzieherischer Aspekt blieb oft fragwürdig.[72]

Die politische Führung der DDR lehnte ausgehend von ihrem antifaschistischen Selbstverständnis[73] jegliche Haftung für das NS-System und dessen Verbrechen ab und verband dies mit einem weitgehend unkritischem Verhältnis zur eigenen politischen Tradition und deren Fehlleistungen vor und nach der Etablierung des NS-Systems.

Im Gegensatz zu offiziellen Verlautbarungen, die DDR trage bezogen auf die NS-Zeit keine Verantwortung, da die Gründer des Landes antifaschistische Kämpfer gegen Hitler waren, vertraten viele bekannte Autoren der DDR einen kritischeren Standpunkt. In autobiographischen Darstellungen, Romanen, Dramen und lyrischen Werken setzten sie sich mit der NS-Vergangenheit intensiv auseinander. In diesem Zusammenhang sind Bertolt Brecht, Anna Seghers, Erwin Strittmacher, Dieter Noll, Uwe Johnson, Franz Fühmann oder die vor kurzem verstorbene Christa Wolf zu nennen. In ihrem Werk „Kindheitsmuster“[74] wandte sich Christa Wolf an die ältere Generation, die Denkschemata, die sie sich in der NS-Zeit angeeignet hatten, automatisch an ihre Kinder oder Enkel weitergaben, ohne sich damit auseinandergesetzt zu haben. Damit würden sich nationalsozialistische Denkmuster immer weiter „vererben“, wenn keine kritische Auseinandersetzung mit sich selbst erfolge. Diese Erinnerungs- und Trauerarbeit wäre ohne die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schuldanteilen nicht möglich.[75]

Die SED war sehr darum bemüht, Mitläufer des nationalsozialistischen Regimes an sich zu binden. Am 25.12.1945 trafen sich Ulbricht und Pieck mit dem Kommandanten der SMAD, Marshall Shukow, um zu klären, wie die KPD mit früheren NSDAP-Mitgliedern umgehen sollte. Es wurde beschlossen, dass man die Abwanderung zu anderen Parteien verhindern und diesen Kreis von Leuten an sich binden müsse. Am 23.1.1946 kamen Pieck und Shukow erneut zusammen. Shukow signalisierte, dass nun die Zustimmung Stalins für diesen neu eingeschlagenen Kurs vorlag. Als Pieck sich der neuen Taktik gemäß am 31.1.1946 in einer Rede dafür aussprach, einstigen NSDAP-Mitgliedern die Hand zu reichen, sprach sich eine Mehrheit der KPD-Basis dagegen aus. Nach über einem Jahr liefen die Proteste an der Basis ins Leere, Pieck setzte sich schließlich mit seinem Kurs mit Hilfe der Anwendung massiven Drucks durch. Im Februar 1947 forderte Pieck eine deutlichere Unterscheidung zwischen nominellen NSDAP-Mitgliedern und nationalsozialistischen Aktivisten. Die nominellen NSDAP-Mitglieder bezeichnete er als „vorwiegend werktätige Massen, die wir nicht von uns stoßen, sondern die wir auf das engste an uns heranziehen und an der Aufbauarbeit beteiligen müssen.“[76] Die SMAD stimmte Piecks Ansicht durch den Befehl Nr.201 am 16.8.1947 zu, den nominellen Mitgliedern wurde das aktive und passive Wahlrecht zugestanden sowie die Aufhebung der bis dahin gültigen Einschränkungen der politischen Rechte.

Im Mai 1948 wurde mit der Gründung der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) ein Auffangbecken für ehemalige Nationalsozialisten geschaffen. Offiziell hieß es, dass die NDPD-Mitglieder ihre Lehren aus der Vergangenheit gezogen haben und Faschismus und Imperialismus ablehnend gegenüberstehen. Allerdings sprach das Wahlprogramm der NDPD aus dem Jahre 1951 eine andere Sprache: „Deutschland muß leben! Deswegen fordern wir nationalen Demokraten: Die Amerikaner nach Amerika! Deutschland den Deutschen! Die Bundesrepublik ist ein Kind des nationalen Verrats.“ [77]

Der NDPD gelang es in der DDR, die gesellschaftliche Gleichberechtigung der ehemaligen Nationalsozialisten durchzusetzen.[78] Am 11.11.1949 wurde das Gesetz über den „Erlaß von Sühnemaßnahmen und die Gewährung staatsbürgerlicher Rechte für ehemalige Mitglieder und Anhänger der Nazipartei und Offiziere der faschistischen Wehrmacht“ verabschiedet. Im September 1952 erfolgte dann durch ein weiteres Gesetz die völlige rechtliche Gleichstellung, ausgenommen blieben lediglich verurteilte NS-Täter und Kriegsverbrecher.

Am 2.10.1952 erhielten die ehemaligen NSDAP-Mitglieder ihre vollen Rechte als Staatsbürger der DDR.

Im Juni 1958 veröffentlichte der „Untersuchungsausschuß Freiheitlicher Juristen“ aus Westberlin zur Hochzeit des Kalten Krieges eine Broschüre, in der namentlich 75 NSDAP-Mitglieder genannt wurden, die in der DDR verantwortliche Posten bekleideten.[79] Im Jahre 1959 saßen unter den 400 Mitgliedern der DDR-Volkskammer 31 ehemalige NSDAP-Mitglieder, neun weitere hatten die Mitgliedschaft in NS-Untergliederungen besessen und 26 der Hitlerjugend (HJ) oder dem Bund Deutscher Mädel (BDM) angehört. Ein 1981 erschienenes „Braunbuch DDR“ dokumentierte die Karrieren 900 ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR.[80]

Im September 1968 stellte der Leiter des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes, Simon Wiesenthal, eine Dokumentation über „nationalsozialistische Elemente in Presse und Propaganda der DDR“ vor, deren Anlass die antijüdische Berichterstattung der DDR über den Sechstagekrieg im Juni 1967 war. Wiesenthal kam bei seiner Untersuchung zu folgendem Fazit:[81] „Wenn man in den Kommentaren der DDR-Blätter das Wort ‚Israeli’ durch ‚Jude’ sowie ‚fortschrittliche Kräfte’ durch ‚Nationalsozialismus’ ersetzte, glaubte man plötzlich eine Vorlage aus Goebbels Propagandaministerium vor sich zu haben. Die Ähnlichkeit der Gedanken und Begriffe ergab aber auch, wenn man den umgekehrten Weg ging und probeweise Artikel aus der NS-Zeit mit Vokabeln aus dem DDR-Wortschatz ausstattete.“

Wiesenthal führte diese Parallelen darauf zurück, dass in führenden Positionen der Publizistik in der DDR frühere NS-Funktionäre saßen.

Antizionismus und Antisemitismus existierten auch schon in der DDR. Mit dem Sieg über den Nationalsozialismus galt auch der Antisemitismus in der DDR als überwunden.

Die SED konnte und wollte mit ihrer "Klassentheorie" im Nationalsozialismus nie mehr sehen als ein vom "Finanzkapital" installiertes Marionettenregime zur Unterdrückung der Arbeiterklasse. Die Shoah galt der SED nur als ein NS-Verbrechen unter vielen.[82] Im Vordergrund stand für sie – gerade auch um die eigene Herrschaft zu legitimieren – die Verfolgung der Kommunisten. Ebenso verfälschend erklärte sie auch den Antisemitismus als eine bloße Ablenkungsideologie der Herrschenden zur Spaltung und Täuschung der Unterdrückten. Das an sich gute "deutsche Volk" sei allenfalls "verführt" worden und habe selbst unter dem Nationalsozialismus gelitten.

Der Berliner Politikwissenschaftler Johannes Agnoli kritisierte die Durchführung der Entnazifizierung in der DDR. Der Rückgriff auf die Dimitroffsche Faschismusdefinition habe laut Agnoli verhindert, dass massen- und sozialpsychologische Elemente des Faschismus beleuchtet wurden. Die Dimitroff-Doktrin ließe weiterhin keinen Spielraum für die Frage nach der spezifisch deutschen Variante des Faschismus, dem Nationalsozialismus mit der rassistischen Begründung der Vernichtung von Juden, Sinti und Roma sowie andere Opfergruppen.[83] Die große Zustimmung innerhalb der deutschen Bevölkerung zur Politik Hitlers während des „Dritten Reiches“ und damit auch die Verwicklung zahlreicher Personen in die Politik Hitlers wurden ausgeblendet.[84]

Mit der Enteignung der Kapitalisten, so verkündete die SED, habe die DDR die Ursachen von Faschismus und Antisemitismus "mit der Wurzel ausgerottet". Mit dieser bequemen Entlastungsformel zog die SED einen „Schlussstrich" unter die NS-Zeit und behauptete fortan kategorisch, ihr "neues Deutschland" habe mit der jüngsten deutschen Vergangenheit rein gar nichts mehr zu tun.

In ihrem Werk „Kindheitsmuster“[85] wandte sich Christa Wolf an die ältere Generation, die Denkschemata, die sie sich in der NS-Zeit angeeignet hatten, automatisch an ihre Kinder oder Enkel weitergaben, ohne sich damit auseinandergesetzt zu haben. Damit würden sich nationalsozialistische Denkmuster immer weiter „vererben“, wenn keine kritische Auseinandersetzung mit sich selbst erfolge. Diese Erinnerungs- und Trauerarbeit wäre ohne die Auseinandersetzung mit dem eigenen Schuldanteilen nicht möglich.[86]

Mittels ihrer Schlussstrichargumentation lehnte es die SED auch bis kurz vor ihrem Ende ab, irgendwelche Zahlungen an Israel oder internationale jüdische Organisationen zu leisten. Mit der Enteignung der Kapitalisten, so behauptete die SED jahrzehntelang, habe sie die beste Wiedergutmachung geleistet, die überhaupt nur denkbar sei.

Die DDR orientierte sich an der Faschismustheorie von Georgi Dimitroff. Die für den Marxismus-Leninismus klassisch gewordene Definition lieferte Georgi Dimitrow in einem Beschluss des XIII. Plenums der Kommunistischen Internationale im Dezember 1933, der von einer ähnlichen Formulierung auf dem V. Weltkongress 1924 vorbereitet worden war. Darin wurde der Faschismus als „terroristische Diktatur der am meisten reaktionären, chauvinistischen und imperialistischen Elemente des Finanzkapitals“ definiert.[87] Diese Definition wurde auf dem VII. Weltkongress der Komintern 1935 wiederholt. Damit war gemeint, dass „bürgerliche Demokratie“ und Faschismus zwei verschiedene Ausprägungen des Kapitalismus seien, diese Herrschaftsformen also auf der gleichen ökonomischen Basis beruhen würden: In dem Moment, in dem der Kapitalismus bedroht sei –etwa durch eine drohende revolutionäre Bewegung, wie in den frühen 1920er Jahren in Italien oder während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland– wandele sich die bürgerliche Demokratie zur faschistischen Diktatur, die auch mit brutalsten Mitteln die Kapitalverwertung aufrechterhalte. Besonders ziele dazu die faschistische Diktatur auf die Zerschlagung der Arbeiterbewegung mit all ihren Organisationen. In dieser Interpretation waren nun nicht nur die Diktaturen in Italien und Deutschland faschistisch, sondern auch das Sanacja-Regime in Polen, die Diktatur des bulgarischen Königs, die Regierung in Jugoslawien, den österreichischen Ständestaat, die Anhänger Chiang Kai-sheks in China sowie die Betar, eine zionistische Jugendorganisation.[88]

Ebenso lehnte die SED auch jegliche Rückerstattung "arisierter" jüdischer Betriebe oder eine Entschädigung für von den Nazis enteignete jüdische Vermögen ab. Zahlungen oder Rückgaben an im Ausland lebende "jüdische Kapitalisten" oder deren Erben seien vom sozialistischen Deutschland nicht zu erwarten, lautete die deutlich von antisemitischen Bildern geprägte Argumentation der SED. Die "arisierten" Betriebe wurden in sozialistisches deutsches "Volkseigentum" überführt.

Allerdings wurde den in der DDR wohnenden Holocaust-Überlebenden als "Opfer des Faschismus" eine durchaus ansehnliche Rente gewährt. Vom Nationalsozialismus verfolgte Kommunisten jedoch erhielten das Prädikat "Kämpfer gegen den Faschismus" und eine deutlich höher bemessene Rente.

Am 29.11.1947 stimmte die UdSSR stimmt in der Vollversammlung der Vereinten Nationen entgegen den Erwartungen für den UN-Teilungsplan, der einen palästinensischen und einen jüdischen Staat im Gebiet des britischen Mandatsgebiets Palästina vorsieht. Dies löste Erstaunen aus, da die UdSSR bisher eine recht antizionistische Linie verfolgte. Im Interesse der Sowjetunion lag es ein von Konflikten zerrissenes Gebiet südlich ihrer Grenzen zu schaffen, damit dort die Vorherrschaft einer anderen großen Macht unmöglich würde. Die Sowjets wollten den Einflussbereich Großbritanniens schmälern und hofften mit den führenden Männern Israels, die zu einem Großteil aus Russland stammten, eine Bindung Israels an den Ostblock zu erreichen und im Hinblick auf den beginnenden Kalten Krieg „auf ihre Seite zu ziehen“.[89]

Aus der SBZ gab es schon im April 1948 ein erstes Gespräch, das „in der Ostberliner Wohnung des damaligen SED-Vorsitzenden und späteren DDR-Ministerpräsidenten Otto Grotewohl stattgefunden hat und an welchem der spätere israelische Konsul in München, Yachil, und der damalige Vertreter der Jewish Agency in West-Berlin, Livneh, teilgenommen haben. Bei dieser dreistündigen Aussprache hatte Grotewohl seinen Gästen seiner und der SED Solidarität mit den Juden und ihren Kampf um den Staat Israel versichert. Dabei hielt Grotewohl anstelle einer individuellen Erstattung die Zahlung einer Pauschalsumme an den Staat Israel für den besseren Weg. Er erklärte spontan, dass eine solche Geste als Symbol der Hilfsbereitschaft der deutschen Bevölkerung in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone sofort erfolgen sollte.“

Während der Antisemitismus überwunden schien, schuf die DDR-Führung mit dem gegen den Staat Israel und die amerikanischen Juden gerichteten Antizionismus einen adäquaten Ersatz. Die „zionistische Weltverschwörung“ wurde immer dann bemüht, wenn es darum ging, politische Gegner zu diskreditieren. Als im November 1956 in Radeberg ein sowjetischer Ehrenfriedhof geschändet wurde, schrieb die Sächsische Zeitung:[90] „Es sind die gleichen Kräfte, die heimtückisch das Land am Nil überfielen und in Ungarn die Brandfackel der Konterrevolution entzündeten.“

Im Jahre 1968 überschrieb die Zeitung Neues Deutschland einen Bericht über die Ereignisse in der CSSR mit „Der Zionismus herrscht in Prag.“[91] Nach dem Sechstagekrieg 1967 veröffentlichte die Berliner Zeitung auf ihrer Titelseite eine Karikatur, die den israelischen Verteidigungsminister Dagan als Erben Hitlers darstellte.[92] Bücher mit israelfreundlichem Inhalt unterlagen in der DDR der Zensur und Sprecher der jüdischen Gemeinden in der DDR wurden wiederholt dazu angehalten, sich vom „Zionismus“ zu distanzieren.[93]

Nach dem Tod Josef Stalins endeten auch in der DDR die Repressionen gegen die dort lebenden Juden. Polizeiaktionen und Verfolgungen wurden beendet, im Gefängnis sitzende Juden wurden entlassen und ehemalige jüdische SED-Parteimitglieder wurden dazu eingeladen, wieder der SED beizutreten.

Von der SED bekamen die jüdischen Gemeinden finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit und Einrichtungen.[94] Die immer kleiner werdenden Gemeinden erhielten staatliche Zuschüsse für den Erhalt der Synagogen und Friedhöfe. In Berlin wurden ein Altersheims, eine koschere Metzgerei und die Instandhaltung des weiterhin genutzten jüdischen Friedhofs in Berlin-Weißensee finanziert. Seit 1961 erschien das "Nachrichtenblatt" des Dachverbandes der Jüdischen Gemeinden der DDR als Informationsorgan.

Beim offiziellen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurden die jüdischen Opfer nicht herausgestellt. Sie wurden dem politischen Widerstand nachgeordnet, wobei der eigenständige jüdische Widerstand bis in die 80er Jahre verleugnet wurde. Insgesamt wurde die jüdische Geschichte in der DDR verdrängt. In vielen Orten wurden zum Beispiel. ehemalige jüdische Friedhöfe als herrenlos betrachtet und bebaut.

Mitte der 80er Jahre veränderte sich das Verhältnis zwischen dem Staat und den jüdischen Gemeinden. Die Gemeinden drohten wegen Mitgliedermangel auszusterben, sie sollten aber dem westlichen Ausland als ein Beleg für die sich ändernde DDR-Politik vorgeführt werden. Die außenpolitischen Beziehungen mit dem Westen sollten sich durch solche Signale verbessern. Die allgemeine politische Entspannung war auch in den Gemeinden zu spüren. Erstmals wurde öffentlich die Beziehung zu Israel lebbar. Zudem begannen sich in den 80er Jahren die Kinder der Überlebenden und Remigranten, am Rande der Gemeinden mit ihren jüdischen Wurzeln auseinander zu setzen und mit der Kultur und Religion des Judentums zu beschäftigen.

Allerdings gab es Mitte der 1980er-Jahre nur noch sehr wenige Juden in der DDR: Die jüdischen Gemeinden dort zählten nur noch wenige Hundert Mitglieder und waren zudem stark überaltert. Das war aus Sicht der ostdeutschen Staats- und Parteiführung problematisch, weil das antifaschistische Image der DDR dadurch gefährdet schien. Dem Staatssekretariat für Kirchenfragen zufolge war es demnach nun noch wichtiger als in der Vergangenheit, die jüdischen Gemeinden zu unterstützen. Es wurde daher vorgeschlagen, den 50. Jahrestag der "Reichskristallnacht" am 9. November 1988 zu nutzen, um die westliche Welt über jüdisches Leben in der DDR zu informieren und die antifaschistische Haltung des Staates zu demonstrieren.[95]

Zu diesem Zweck sollte die staatliche Reiseagentur der DDR Touristenausflüge zu Sehenswürdigkeiten und Gedenkstätten in Berlin vorbereiten, die jüdisches Leben in Vergangenheit und Gegenwart zeigten, ein Reiseführer sollte erstellt und in den Botschaften sowie an ausländische Touristen an der Grenze verteilt werden. Im Frühjahr 1987 sollte eine internationale Pressekonferenz stattfinden, unter anderem mit dem Präsidenten der jüdischen Gemeinden der DDR, Siegmund Rotstein. Zu Ehren jüdischer Opfer und Widerstandskämpfer gegen den Faschismus sowie zur Erinnerung an die Geschichte der Juden in Berlin (Ost) sollten Gedenktafeln aufgehängt, die Neue Synagoge wieder aufgebaut und der Beginn des Wiederaufbaus im Rahmen der 750-Jahr-Feier Berlins festlich begangen werden.

Im Denken der SED-Führung blieb vor allem die Nation[96] eine konstante Größe, die den Minderheiten in der DDR entgegenstand. Ihre vollständige Assimilierung in die (deutsche) sozialistische Gesellschaft war ungefragt erwünscht. Im Sommer 1952 stellte Walter Ulbricht heraus, dass es falsch sei, die deutsche Geschichte als eine „Geschichte der deutschen Misere“ darzustellen. Die „großen Leistungen“ deutscher Wissenschaftler, Schriftsteller und Künstler in der Geschichte sollten geachtet werden.[97] Damit wollte Ulbricht ein „DDR-Staatsbewusstsein“ fördern, das in Abgrenzung zum „amerikanischen Imperialismus“ gesehen wurde. Ulbricht bemerkte:[98] „Wir sind gegen diesen ganzen Amerikanismus, wir sind für die Schätze der deutschen Kultur (…) und wir führen einen harten Kampf gegen den Amerikanismus. Das ist eine große Aufgabe zur Verteidigung der deutschen Kultur.“ Otto Grotewohl sagte auf dem Kongress der deutschen Jugend am 20.3.1955:[99] „In Deutschland wird nicht amerikanisch, sondern deutsch gesprochen.“

Die nationalen Parolen und Begriffe der SED kamen nicht nur immer wieder in Reden oder politischen Programmen vor, sondern auch in den Bezeichnungen für Institutionen oder Organisationen der DDR. Es gab die Nationale Front, die Zeitung Neues Deutschland, die Nationale Volksarmee sowie das Nationale Aufbauwerk. Dieser Nationalismus, der sich eigentlich gegen den „amerikanischen Imperialismus“ wenden sollte, entwickelte sich zu einer Speerspitze gegen die im Lande stationierten sowjetischen Soldaten und deren Familien.

Lemke bilanzierte:[100] „So entstand eine scheinbar paradoxe Situation. Zwar traf der von der SED propagierte Nationalismus, insofern er inhaltlich mit den Emotionen und Vorurteilen der Bevölkerung korrespondiertem auf Akzeptanz, trug aber nicht zu der gewünschten Distanz der Ostdeutschen insbesondere zur westlichen Lebensweise bei, sondern verstärkte im Gegenteil deren Renitenz gegen eine Sowjetisierung von Kultur und Alltagsleben in der DDR.“

Der VIII. Parteitag der SED im Juni 1971, auf dem sich die SED von der einheitlichen deutschen Nation distanzierte, stellte in Bezug auf ihre Deutschlandpolitik eine Zäsur dar. Honecker führte aus:[101] „Im Gegensatz zur BRD, wo die bürgerliche Nation fortbesteht und wo die nationale Frage durch den unversöhnlichen Klassenwiderspruch zwischen Bourgeoisie und den werktätigen Massen bestimmt wird, der (…) im Verlauf des welthistorischen Prozess des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus seine Lösung finden wird, entwickelt sich bei uns in der Deutschen Demokratischen Republik, im sozialistischen Staat, die sozialistische Nation.“

Diese These von den zwei deutschen Nationen hielt sich in der DDR bis zum Ende des Sozialismus im Jahre 1989. Geisteswissenschaftler in der DDR waren darum bemüht, die Zwei-Nationen-Theorie ideologisch zu untermauern. Der Philosoph Alfred Kosing stellte die These auf, dass die „Herausbildung und weitere Konsolidierung der sozialistischen deutschen Nation in der DDR (…) ein gesetzmäßiger Prozess“ sei.[102] DDR-Historiker wurden dazu angehalten, eine „DDR-Identität“ mit Hilfe von regionaler Geschichtsschreibung und „Heimatkunde“ zu erzeugen, um ein „Nationalbewusstsein“ in der DDR zu schaffen.[103] Die DDR-Bürger sollten sich mit dem sozialistischen Staat identifizieren und somit auch die Bindung an die SED-Führung verstärken. Der Historiker Joachim Hoffmann referierte:[104] „Die Profilierung des nationalen Selbstverständnisses der Bürger der DDR erfordert unbedingt die Propagierung und praktische Realisierung der Werte und Errungenschaften der sozialistischen Gesellschaft. Deren Verinnerlichung ist eine zentrale Aufgabe der Bewusstseinsentwicklung.“

Zu antisemitischen Ausschreitungen scheint es nur in seltenen Fällen gekommen zu sein. Es gab Berichte über Friedhofsschändungen in Zittau, Potsdam oder Dresden, die allerdings in den DDR-Medien nicht erwähnt wurden.[105] Im Oktober 1976 kam es zu einem versuchten Sprengstoffanschlag auf die Wohnung der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde in Halle.[106] 1983 erhielt die jüdische Gemeinde in Berlin-Prenzlauer Berg antisemitische Drohanrufe, kurze Zeit später folgte eine „An die Judenschweine“ adressierte Bombendrohung.[107]

Ab Mitte der 1980er Jahre nahm der Organisationsgrad der Neonaziszene deutlich zu. Neben straff organisierten und geführten Fußballhooligans, entstanden nun regelrechte Neonaziorganisationen. Bereits 1986 gründeten Ostberliner Skinheads die »Lichtenberger Front«, dann die „Bewegung 30. Januar“ (in Anlehnung an die Machtübergabe an die Nazis am 30.Januar 1933). Diese Gruppe orientierte sich an der FAP und blieb in relativer Nähe zu Neonazis aus Westberlin. Neben theoretischen Schulungen betrieben sie intensive Suche nach alten Wehrmachtswaffen, vorrangig auf dem Gebiet der Ende April 1945 tobenden Kesselschlacht um das brandenburgische Halbe.[108]

Ungefähr ab Mitte der 80er Jahre bildeten sich in fast allen größeren Städten der DDR Skinhead-Gruppierungen. Die SED schob in der Öffentlichkeit jedoch die Existenz von Rassismus und Antisemitismus in der DDR weit von sich, die Etablierung von rechten Strukturen wurde nur intern behandelt. In einer Dienstanweisung des MfS vom 7.7.1986 wurde erklärt, dass alle „Gruppen mit faschistischen Tendenzen, faschistischen Verhaltensweisen (…) durch Einsatz aller operativen, rechtlichen und gesellschaftlichen Mittel aufzulösen und in ihrer Wirkung zu verhindern sind.“[109] Seit 1987 nahmen rechte Vorfälle erheblich zu, die Recherchen der MfS ergaben Ende 1987 etwa 800 rechte Skinheads im Alter von 16 bis 25 Jahren in 38 Gruppen. Am 17.10.1987 überfielen ca. 30 extreme Rechte die Teilnehmer eines Punkkonzertes in der Ostberliner Zionskirche und verletzten einige der Besucher schwer.[110] Nach der Auseinandersetzung in der Kirche zogen die Neonazis mit „Sieg-Heil“-Rufen durch Berlin-Mitte und griffen wahllos Passanten an.

Infolge der anschließenden Prozesse wurde die Existenz jugendlicher extremer Rechter innerhalb der DDR und im Ausland bekannt. Der Angriff auf die Zionskirche stellte eine Zäsur dar. Von nun an existierte in der Öffentlichkeit der DDR der Begriff der neofaschistischen Skinheads.

Die SED ließ als Konsequenz daraus keinen offenen Gedankenaustausch über das Entstehen von Rassismus und Neonazismus zu. Stattdessen gab sie zusammen mit den Medien der DDR eine Importtheorie aus dem kapitalistischen Westen vor und verwies damit auf das alleinige Wirken äußerer Faktoren.[111]

Bis zum Herbst 1989 gab es insgesamt 17 Prozesse gegen extrem rechte Jugendliche wegen des Überfalls auf die Zionskirche. Hohe Freiheitsstrafen deuteten auf eine unnachgiebige Haltung der DDR-Führung hin. Brück spricht zu Recht von überzogener Strafanwendung:[112] „Nicht zuletzt hat auch die Phase des Strafvollzuges (verstärkte Isolierung dieser Tätergruppe) einen Beitrag zur Erzeugung von Märtyrern geleistet. Gerade diese Unangemessenheit als sicherheitspolitische und strafrechtliche Überreaktion hat dieses Jugendphänomen regelrecht verstärkt.“

Nicht nur die Erzeugung von Märtyrern ist zu kritisieren, sondern auch den Schauprozesscharakter, der der Weltöffentlichkeit zeigen sollte, dass Straftaten mit extrem rechten Hintergrund entschieden geahndet werden, obwohl sie vorher von staatlicher Seite geleugnet wurden.

In ihrem Kommentar vom 12./13. Dezember 1987 stellte die "Junge Welt" die Neonazi-Schläger und die politische Opposition kurzerhand auf eine Stufe – damit hatte sich das brisante Thema für die staatlichen Medien erledigt. Lediglich Kirchenzeitungen und Untergrundblätter der DDR-Opposition berichteten weiter regelmäßig über Übergriffe von Skins und Hooligans sowie über antisemitische Vorkommnisse – einige Ausgaben wurden deshalb von der Obrigkeit verboten.

Die Straftaten mit antisemitischem Hintergrund nahmen von Jahr zu Jahr zu. Ob hinter diesen Übergriffen sich ein gut geplantes Netzwerk verbarg oder sich nur rechte Cliquen spontan zu antisemitischen Straftaten entschieden, ist im Nachhinein nicht mehr zu klären.

Mit dem SED-Regime verschwand das Phantom des proletarischen Internationalismus, das mehr als 40 Jahre den Nationalismus und den Rassismus der DDR-Bürger nur notdürftig übertüncht hatte. Einige beliebig austauschbare Innenansichten aus einem Staat, gegründet von antifaschistischen Widerstandkämpfern mit der Vision einer friedlichen sozialistischen Gesellschaft und ausgestattet mit einem antifaschistischen Selbstverständnis, kurz vor der „Wiedervereinigung“: Im sächsischen Riesa stellte ein 18jähriger Jugendlicher fest, dass „Ausländer die größten, faulsten Schweine seien“; eine junge Frau assistierte, die „Fremden würden sich aufführen, als wären sie die Größten“ und außerdem „die Weiber hier alle wegnehmen.“ Ein Einwohner von Riesa empfahl: „Das Viehzeug muss ausgerottet werden, ohne zu zucken!“[113] Der 17jährige Norbert aus Frankfurt/Oder stellte fest:[114] „Auschwitz, das war eine Lüge, daß da sechs Millionen Juden umgekommen sind. In den Lagern waren Verbrecher, Vaterlandsverräter, Arbeitsscheue und so. Da war keiner drin, nur weil er Ausländer oder Jude war. Es waren 200.000 Kommunisten und Verbrecher, die da umgekommen sind, nicht weil sie umgebracht wurden, sondern die sind meistens an Krankheiten gestorben.“

Auf der zweiten Parlamentssitzung der neu gewählten Regierung der DDR am 12. April 1990 wurde nach der Wende eine Entschuldigung für die „offizielle DDR-Politik gegenüber dem Staat Israel“ beschlossen und ein anderer Umgang mit dem Staat Israel angemahnt. Die Volkskammermitglieder baten weiterhin die „jüdischen Mitbürger“ für die erlittenen Diskriminierungen in der DDR um Verzeihung.

Fazit

Nach der angeblichen Ärzteverschwörung in der Sowjetunion breitete sich die Verfolgung, Verurteilung und Ermordung von Juden als „imperialistische Agenten“ in den stalinhörigen sozialistischen Staaten Osteuropas aus. Die Verhaftung und Verurteilung Paul Merkers als „imperialistischer Agent“ und anderer jüdischer SED-Funktionäre bildete den Höhepunkt antizionistischer und antisemitischer Stimmungen und Vorkommnisse in der Geschichte der DDR. Nach dem Vorbild anderer kommunistischer Staaten Osteuropas (Rajk in Ungarn, Slánský in der Tschechoslowakei) griff die politische Führung zum Mittel des Antisemitismus, um eigene Machtpositionen zu verteidigen und abweichende Positionen zum Schweigen zu bringen. Die „zionistische Weltverschwörung“ wurde immer dann von der Parteiführung bemüht, wenn es darum ging, politische Gegner zu diskreditieren. Dabei handelte es sich nicht um einen rassistisch begründeten Antisemitismus wie z.B. bei den Nationalsozialisten, sondern um einen strategisch-politischen staatlichen Antisemitismus. Die andauernde negative Bewertung des Staates Israel und des Zionismus durch die Organe und Medien in der DDR musste zwangsläufig zu Ressentiments innerhalb der Bevölkerung gegen Juden führen, wenn sie nicht schon durch die Erziehung im Nationalsozialismus weiterhin latent präsent waren.

Diese antisemitische und antizionistische Stimmung nach den Pressereaktionen auf den Slánský-Prozess war mit dem Aufflammen des Antisemitismus in der Bevölkerung verbunden. Der Zionismus wurde von den sozialistischen/kommunistischen Staaten als eine Ideologie angesehen, welche bekämpft werden musste. Aus der Sicht der DDR-Regierung wurde die zionistische Bewegung vom USA-Imperialismus beherrscht, gelenkt und befehligt. Jede jüdische Person, die sich positiv auf den Staat Israel bezog, wurde in der DDR als potentieller „kapitalistischer Agent“ gesehen.

Als Folge davon flohen im Januar 1953 mehr als 500 Menschen jüdischen Glaubens in den Westen und die jüdischen Gemeinden in der DDR mussten sich neu aufstellen. Die anschließende Rehabilitierung Merkers nach dem Tode Stalins war nur ein hilfloser Versuch, den Geruch des Antisemitismus in der Weltöffentlichkeit abzustreifen und weiterhin als antifaschistischer Staat wahrgenommen zu werden.

Seit 1957 arbeitete er als Lektor im Verlag „Volk und Welt“. Im Jahre 1969 wurde Merker posthum mit dem „Vaterländischen Verdienstorden“ ausgezeichnet und an der Gedenkstätte der Sozialisten auf dem Berliner Zentralfriedhof Friedrichsfelde beigesetzt.

Nach dem Tod Josef Stalins endeten auch in der DDR die Repressionen gegen die dort lebenden Juden. Polizeiaktionen und Verfolgungen wurden beendet, im Gefängnis sitzende Juden wurden entlassen und ehemalige jüdische SED-Parteimitglieder wurden dazu eingeladen, wieder der SED beizutreten.

Die jüdischen Gemeinden in der DDR begannen, sich ab dem Jahre 1953 neu zu organisieren. Ihre eigene politische Basis hatten sie mit der Flucht von Julius Meyer und Leon Löwenkopf sowie mit der Entmachtung Paul Merkers verloren, ihre Mitgliederzahl hatte sich stark verringert. Die neu gewählte Führung der jüdischen Gemeinden war fortan um gute und verlässliche Beziehungen gegenüber dem Staat bemüht, von dessen finanziellen Zuwendungen die jüdische Gemeinde in der DDR weitgehend abhängig war.

Die Verurteilung Merkers ist in einem größeren Zusammenhang zu sehen: Es gab in der DDR immer wieder antisemitische Vorkommnisse, die auch durch einen offiziellen Antizionismuskurs der SED-Führung befeuert wurden. Die SED konnte und wollte mit ihrer "Klassentheorie" im Nationalsozialismus nie mehr sehen als ein vom "Finanzkapital" installiertes Marionettenregime zur Unterdrückung der Arbeiterklasse. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Dimitroff-Doktrin zu nennen, die in allen sozialistischen Staaten als Definition für den Faschismus verbreitet war. Die Shoah galt der SED nur als ein NS-Verbrechen unter vielen, die Singularität des Holocaust wurde nicht beachtet und auch nicht thematisiert. Beim offiziellen Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus wurden die jüdischen Opfer nicht herausgestellt. Sie wurden dem politischen Widerstand nachgeordnet, wobei der eigenständige jüdische Widerstand bis in die 80er Jahre verleugnet wurde.

Am 17.10.1987 überfielen ca. 30 extreme Rechte die Teilnehmer eines Punkkonzertes in der Ostberliner Zionskirche und verletzten einige der Besucher schwer. Der Überfall auf die Zionskirche bestätigte, was viele zuvor längst beobachtet, aber nie offen ausgesprochen hatten – in der DDR gab es eine größere jugendliche Neonazi-Szene. Bei den Prozessen gegen einige der Schläger wurden die Beschuldigten zu so erstaunlich niedrigen Strafen verurteilt. Erst in den Berufungsverhandlungen wurde das Strafmaß unter dem Druck der empörten Öffentlichkeit erhöht. Letztlich waren es jedoch politische Prozesse mit vorgegebener Strafhöhe. In ihrem Kommentar vom 12./13. Dezember 1987 stellte die „Junge Welt“ die Neonazi-Schläger und die politische Opposition kurzerhand auf eine Stufe – damit hatte sich das brisante Thema für die staatlichen Medien erledigt. Lediglich Kirchenzeitungen und Untergrundblätter der DDR-Opposition berichteten weiter regelmäßig über Übergriffe von Skins und Hooligans sowie über antisemitische Vorkommnisse – einige Ausgaben wurden deshalb von der Obrigkeit verboten.

Ab diesem Zeitpunkt an konnte die DDR-Regierung die Existenz von Neofaschismus im sozialistischen Staat nicht mehr länger leugnen. Dies wurde allerdings als „Westimport“ gesehen, eigene Fehler oder Versäumnisse vor allem im Erziehungs- und Bildungssektor wurden nicht thematisiert. Die Politik Israels wurde nicht selten in offiziellen Statements der DDR-Regierung mit Nazideutschland gleichgesetzt. Die offizielle Diktion, dass „der Faschismus mit Stumpf und Ziel ausgerottet“ wurde, wurde durch Forschungen nach der Wende eindeutig widerlegt. Erst nach der Wende baten die neu gewählten Volkskammermitglieder baten die „jüdischen Mitbürger“ für die erlittene Diskriminierung in der DDR um Verzeihung.

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Fußnoten

  1.  ↑ Rubel, M.: Stalin, 7. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 37ff
  2.  ↑ Kellmann, K.:: Stalin. Eine Biographie, Darmstadt 2005, S. 53
  3.  ↑ Lustiger, A.: Rotbuch: Stalin und die Juden Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden, Berlin 1998, S. 66
  4.  ↑ Pirker, T.: Die sowjetischen Schauprozesse 1936-1953, München 1963, S. 105ff
  5.  ↑ Zitiert aus Rubel, M.: Stalin, 7. Auflage, Reinbek bei Hamburg 1994, S. 113ff
  6.  ↑ Kellmann, K.:: Stalin. Eine Biographie, Darmstadt 2005, S. 54
  7.  ↑ Kotkin, S.: Stalin: Volume I: Paradoxes of Power, 1878–1928, New York 2014, S. 89
  8.  ↑ Lustiger, A.: Rotbuch: Stalin und die Juden Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden, Berlin 1998, S. 72
  9.  ↑ Kotkin, S.: Stalin: Volume I: Paradoxes of Power, 1878–1928, New York 2014, S. 138
  10.  ↑ Kellmann, K.:: Stalin. Eine Biographie, Darmstadt 2005, S. 76
  11.  ↑ Utam, A. B.: Stalin. The man and his era, New York 1973, S. 252
  12.  ↑ Szász, B.: "Freiwillige an den Galgen. Die Geschichte eines Schauprozesses". Nördlingen 1986, S. 42
  13.  ↑ Hagenberg, K.: Sozialgeschichte Ungarns, Berlin 1996, S. 145
  14.  ↑ Hodos, G. H.: Schauprozesse. Stalinistische Säuberungen in Osteuropa 1948–1954. Berlin 1990, S. 34
  15.  ↑ Szász, B.: "Freiwillige an den Galgen. Die Geschichte eines Schauprozesses". Nördlingen 1986, S. 90
  16.  ↑ Hodos, G. H.: Schauprozesse. Stalinistische Säuberungen in Osteuropa 1948–1954. Berlin 1990, S. 122
  17.  ↑ Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“. Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und in der DDR 1945-1990, Freiburg 1999, S. 89
  18.  ↑ Schöneburg, K.-H./Mand, R.: Vom Werden unseres Staates. Eine Chronik. Band 1: 1945-1949, Berlin (Ost) 1966, S. 326
  19.  ↑ Vollnhals, C. (Hrsg.): Entnazifizierung. Politische Säuberung und Rehabilitierung in den vier Besatzungszonen 1945-1949, München 1991, S. 62f
  20.  ↑ Mampel, S.: Die Entwicklung der Verfassungsordnung in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands 1945-1963, Tübingen 1998, S. 25
  21.  ↑ Ebd., S. 34
  22.  ↑ Pötzsch, Deutsche Geschichte von 1945 bis zur Gegenwart, a.a.O., S. 57
  23.  ↑ Kießling, W.: Paul Merker und die Juden, in antiFA, 5/1990, Berlin 1990, S. 10-13, hier: S. 11
  24.  ↑ Helmes, K.: Paul Merker in Mexiko, Bonn 1972, S. 13
  25.  ↑ Thomson, J.E.: Jews, Zionism and Israel. The story of the Jews in the German Democratic Republic since 1945, Washington 1978, S. 63
  26.  ↑ Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“. Die jüdischen Gemeinden in der SBZ und in der DDR 1945-1990, a.a.O., S. 80
  27.  ↑ Slánská, J.: Bericht über meinen Mann. Die Affäre Slánský, Wien 1969, S. 15
  28.  ↑ Offenberg, „Seid vorsichtig gegen die Machthaber“, a.a.O., S. 81
  29.  ↑ London, A.: Ich gestehe. Der Prozess um Rudolf Slansky, Hamburg 1982, S. 140
  30.  ↑ ZK der SED (Hrsg.): Lehren aus dem Prozeß gegen das Verschwörerzentrum Slánský, in: Einheit. Zeitschrift für Theorie und Praxis des wissenschaftlichen Sozialismus, 8. Jg., Heft 2, Februar 1953, S. 202-209, hier: S. 205
  31.  ↑ Ebd., S. 203
  32.  ↑ Ebd., S. 205
  33.  ↑ Ebd., S. 209
  34.  ↑ Ebd., S. 207
  35.  ↑ Ebd., S. 208
  36.  ↑ Herf, J.: Antisemitismus in der DDR. Geheime Dokumente zum Fall Paul Merker aus SED und MfS-Archiven, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte,42,(1994), S. 635-667, hier S. 636f
  37.  ↑ SAPMO-BArch, DY 30/J IV 2/2A/369
  38.  ↑ Frei, B.: Sozialismus und Antisemitismus, Wien 1978, S. 34f
  39.  ↑ Brent, J./Naumov, V.: Stalin’s Last Crime: The Plot Against the Jewish Doctors 1948-1953, New York 2003, S. 23f
  40.  ↑ Zitiert aus Ebd., S. 46
  41.  ↑ Prawda vom 13.01.1953
  42.  ↑ Brent/Naumov, Stalin’s Last Crime: The Plot Against the Jewish Doctors 1948-1953, a.a.O., S. 106ff
  43.  ↑ Schwarz, S. M.: Arbeiterklasse und Arbeiterpolitik in der Sowjetunion, Köln 1982, S. 162
  44.  ↑ Herf, Antisemitismus in der DDR. Geheime Dokumente zum Fall Paul Merker aus SED und MfS-Archiven, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte, a.a.O. S. 640
  45.  ↑ Happe, G.: Rechtslehre in der DDR, Bochum 1994, S. 73
  46.  ↑ Timm, A.: Hammer, Zirkel, Davidstern. Das gestörte Verhältnis der DDR zum Zionismus und Staat Israel, Bonn 1997, S. 125
  47.  ↑ Ebd. S. 124
  48.  ↑ Kessler, M.: Die SED und die Juden – zwischen Repression und Toleranz. Politische Entwicklungen , Berlin 1995, S. 152
  49.  ↑ Mampel, S.: Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik: Kommentar; mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung. 3. Auflage 1997, S. 24ff
  50.  ↑ Zitiert aus Welsh, H.: Revolutionärer Wandel auf Befehl? Entnazifizierungs- und Personalpolitik in Thüringen und Sachsen 1945-1948, München 1989, S. 72
  51.  ↑ Benzer, G.: Konzeptionen und Praxis der Abrechnung mit dem deutschen Faschismus, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 11/1984, S. 951-967, hier S. 955
  52.  ↑ Mampel, S.: Die sozialistische Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik: Kommentar; mit einem Nachtrag über die Rechtsentwicklung bis zur Wende im Herbst 1989 und das Ende der sozialistischen Verfassung. 3. Auflage 1997, S. 27
  53.  ↑ Zur Entnazifizierung in den Westzonen siehe Niethammer, L.: Die Mitläuferfabrik. Die Entnazifizierung am Beispiel Bayerns, 2. Auflage, Berlin 1982; Funke, H. (Hrsg.): Von der Gnade einer geschenkten Nation. Zur politischen Moral der Bonner Republik, Berlin 1988; Krüger, W.: Entnazifiziert! Zur Praxis der politischen Säuberungen in Nordrhein-Westfalen, Wuppertal 1982
  54.  ↑ Peukert, D./Bajohr, F.: Rechtsradikalismus in Deutschland, Hamburg 1990, S. 36ff
  55.  ↑ Zitiert aus Siegler, B.: Auferstanden aus Ruinen… Rechtsextremismus in der DDR, Berlin 1991, S. 100ff
  56.  ↑ Ebd., S. 101
  57.  ↑ Nationalrat der Nationalen Front (Hrsg.): Graubuch. Expansionspolitik und Neonazismus in Westdeutschland. Hintergründe, Ziele, Methoden. Eine Dokumentation, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1967, S. 23
  58.  ↑ Olsen, G.: Germany after the Second World War, Boston 1991, S. 45
  59.  ↑ Vgl. Meinecke, W.: Die Entnazifizierung in der sowjetischen Besatzungszone 1945-1948, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 11/1984, S. 969; Welsh, H.: Revolutionärer Wandel auf Befehl? Entnazifizierungs- und Personalpolitik in Thüringen und Sachsen 1945-1948, München 1989; Frei, N.: Vergangenheitspolitik, München 1996; Benzer, G.: Konzeptionen und Praxis der Abrechnung mit dem deutschen Faschismus, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 11/1984, S. 951-967 oder Neues Deutschland vom 21.4.1948
  60.  ↑ Assheuer/Sarkowicz, Rechtsradikale in Deutschland, a.a.O., S. 96
  61.  ↑ Timm, A.: Hammer, Zirkel, Davidstern. Das gestörte Verhältnis der DDR zum Zionismus und Staat Israel, Bonn 1997, S. 35f
  62.  ↑ Kessler, M.: Die SED und die Juden – zwischen Repression und Toleranz. Politische Entwicklungen , Berlin 1995, S. 45
  63.  ↑ Ebd., S. 102
  64.  ↑ Zitiert aus Blankow, D.: Das Experiment DDR, Würzburg 2004, S. 23
  65.  ↑ Ebd., S. 32
  66.  ↑ Schubarth, W./Schmidt, T.: „Sieger der Geschichte“. Verordneter Antifaschismus und die Folgen, in: Heinemann, K.-H./Schubarth, W. (Hrsg.): Der antifaschistische Staat entlässt seine Kinder. Jugend und Rechtextremismus in Ostdeutschland, Köln 1992, S. 12-18, hier S. 12f
  67.  ↑ Nationalrat der Nationalen Front (Hrsg.): Graubuch. Expansionspolitik und Neonazismus in Westdeutschland. Hintergründe, Ziele, Methoden. Eine Dokumentation, 2. Auflage, Berlin (Ost) 1967, S. 98
  68.  ↑ Münkler, H.: Antifaschismus und antifaschistischer Gründungsmythos der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte 45/1998, S. 16ff. In diesem Zusammenhang ist auch auf folgende Arbeiten hinzuweisen: Will, M.: Antifaschismus als Legitimation staatlicher Herrschaft in der DDR, in: Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Bedeutung und Funktion des Antifaschismus, Bonn 1990; Menschel, S.: Antifaschistischer Stalinismus, in: Rauschenbach, B. (Hrsg.): Erinnern, Wiederholen, Durcharbeiten. Zur Psychoanalyse deutscher Wenden, Berlin 1992, S. 162-171
  69.  ↑ Butterwegge, Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt, a.a.O., S. 52
  70.  ↑ Siegler, Auferstanden aus Ruinen…, a.a.O., S. 105
  71.  ↑ Neues Deutschland vom 19.7.1947
  72.  ↑ Heinemann/Schubarth, Der antifaschistische Staat entläßt seine Kinder, a.a.O., S. 30
  73.  ↑ Ebd., S. 27ff
  74.  ↑ Wolf, C.: Kindheitsmuster, Berlin-Ost 1976
  75.  ↑ Dinter, I.: Unvollendete Trauerarbeit in der DDR-Literatur: ein Studium der Vergangenheitsbewältigung, Frankfurt/Main 1994, S. 106
  76.  ↑ Ebd., S. 18
  77.  ↑ Zitiert aus Borchers, A.: Neue Nazis im Osten. Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit. Hintergründe, Fakten, Perspektiven, München 1993
  78.  ↑ Assheuer/Sarkowicz, Rechtsradikale in Deutschland, a.a.O., S. 98
  79.  ↑ Neubert, U.: Der Kalte Krieg, München 1995, S. 156
  80.  ↑ Ebd., S. 276
  81.  ↑ Manuskript des Dokumentationszentrums des Bundes jüdischer Verfolgter des Naziregimes: Nationalsozialistische Elemente in Presse und Propaganda der DDR, Wien 1968, S. 4
  82.  ↑ Mommsen, H.: Zur Verschränkung traditioneller und faschistischer Führungsgruppen in Deutschland beim Übergang von der Bewegungs- zur Systemsphase, in: Ders.: Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Ausgewählte Aufsätze, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 44
  83.  ↑ taz vom 11.4.1990
  84.  ↑ Vgl. dazu Mommsen, H.: Zur Verschränkung traditioneller und faschistischer Führungsgruppen in Deutschland beim Übergang von der Bewegungs- zur Systemsphase, in: Ders.: Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Ausgewählte Aufsätze, Reinbek bei Hamburg 1991, S. 39-66
  85.  ↑ Wolf, C.: Kindheitsmuster, Berlin-Ost 1976
  86.  ↑ Dinter, I.: Unvollendete Trauerarbeit in der DDR-Literatur: ein Studium der Vergangenheitsbewältigung, Frankfurt/Main 1994, S. 106
  87.  ↑ Timmermann, B. Die Faschismus-Diskussion in der Kommunistischen Internationale (1920–1935), Köln 1977, S.28
  88.  ↑ Ebd., S. 32
  89.  ↑ Obold, J.: Die frühen Nachkriegsjahre, Köln 1969, S. 102
  90.  ↑ Sächsische Zeitung vom 13.11.1956
  91.  ↑ Neues Deutschland vom 21.7.1968
  92.  ↑ Berliner Zeitung vom 15.9.1967
  93.  ↑ Assheuer/Sarkowicz, Rechtsradikale in Deutschland, a.a.O., S. 103
  94.  ↑ Kessler, M.: Die SED und die Juden – zwischen Repression und Toleranz. Politische Entwicklungen , Berlin 1995, S. 78
  95.  ↑ Timm, A.: Hammer, Zirkel, Davidstern. Das gestörte Verhältnis der DDR zum Zionismus und Staat Israel, Bonn 1997, S. 127f
  96.  ↑ Der Autor begreift den Begriff „Nation“ als Konstrukt und folgt der Argumentation von Balibar und Wallerstein, die diagnostizierten: (…) „Sicher ist indessen, dass es uns beiden gleichermaßen wichtig erscheint, die Nation und das Volk als historische Konstruktionen zu denken, dank derer die heutigen Institutionen und Antagonismen in die Vergangenheit projiziert werden können, um den ‚Gemeinschaften’ eine relative Stabilität zu verleihen, von denen das Gefühl der individuellen ‚Identität’ abhängt.“ Vgl. Balibar, E./Wallerstein, I.: Rasse Klasse Nation. Ambivalente Identitäten, Hamburg/Berlin 1990, S. 15
  97.  ↑ Lemke, M.: Nationalismus und Patriotismus in den frühen Jahren der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 50/2000, S. 11-19, hier S. 15
  98.  ↑ Neues Deutschland vom 26.4.1952
  99.  ↑ SAPMO-BArch, NY 4090/200 Blatt 48
  100.  ↑ Lemke, M.: Nationalismus und Patriotismus in den frühen Jahren der DDR, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 50/2000, S. 11-19, hier S. 18
  101.  ↑ Zitiert aus Kowalczuk, I.-S.: Die DDR-Historiker und die deutsche Nation, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 39/1996, S. 22-30, hier S. 25
  102.  ↑ Kosing, A.: Sozialistische Gesellschaft und sozialistische Nation in der DDR, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 37/1989, S. 913
  103.  ↑ Riebau, B.: Geschichtswissenschaft und Nationale Frage in der Ära Honecker, in: Deutschland Archiv, 22, 1989, S. 533-542
  104.  ↑ SAPMO BArch, DY 30/IV 2/2035/15, Blatt 126
  105.  ↑ Mertens, L.: Juden in der DDR. Eine schwindende Mehrheit, in: Deutschland-Archiv 11/1986, S. 1196ff
  106.  ↑ Madloch, Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Ende des Hitlerfaschismus, in: Kinner/Richter, Rechtsextremismus und Antifaschismus: historische und aktuelle Dimensionen, a.a.O., S. 57-214, hier S. 68
  107.  ↑ Waibel, H.: Rechtsextremismus in der DDR bis 1989, Berlin 1993, S. 89
  108.  ↑ Brozensky-Schwabe, E.: Die DDR-Bürger im Umgang mit „Fremden“, in: Kleff, S. u.a.: BRD-DDR. Alte und neue Rassismen im Zuge der deutsch-deutschen Einigung, Frankfurt/Main 1991, S. 20-38, hier S. 34
  109.  ↑ Zitiert aus Madloch, Rechtsextremismus in Deutschland nach dem Ende des Hitlerfaschismus, in: Kinner/Richter, Rechtsextremismus und Antifaschismus: historische und aktuelle Dimensionen, a.a.O., S. 57-214, hier S. 77f
  110.  ↑ Butterwegge, Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt, a.a.O., S. 58
  111.  ↑ Funke, F.: Jugendkulturen, Massenmedien und Gewalt – Variationen über ein Thema, in: Frindte, W. (Hrsg.): Jugendlicher Rechtsextremismus und Gewalt zwischen Mythos und Wirklichkeit, Münster/Hamburg 1995, S. 231-245, hier S. 239
  112.  ↑ Brück, W.: Skinheads als Vorboten der Systemkrise, Berlin 1992, S. 43
  113.  ↑ Der Spiegel 14/1990, S. 98
  114.  ↑ Zitiert aus Borchers, A.: Neue Nazis im Osten, München 1992, S. 62